Die Herrin der Kathedrale
würde.
»Und was ist mit dem heiligen Schleier, Kaiserliche Hoheit?«, fragte Bischof Hildeward und schob sich zwischen den anderen Bischöfen hindurch auf den purpurnen Teppich. »Wir sollten ihn nicht erneut der Gefahr aussetzen, auf der Baustelle beschädigt zu werden. Das würde uns die heilige Plantilla nie verzeihen. Denkt nur an die Pilger, Kaiserliche Hoheit, die aus dem ganzen Reich nach Naumburg strömen und dann erfahren müssen, dass dem Schleier etwas zugestoßen ist«, sagt er und verzog dabei das Gesicht, als leide er bereits bei der bloßen Vorstellung unsägliche Schmerzen.
Konrad tauschte einen Blick mit seinem Erzkanzler, der zustimmend nickte. »Was schlagt Ihr also vor, Exzellenz?«
»Der Schleier benötigt einen besonderen Schutz, Kaiserliche Hoheit, den ich ihm seit dem Unfall angedeihen lasse und für den ich mich auch weiterhin verbürge.«
»Ist er in Eurer Obhut wirklich sicher, Bischof?«, wollte nun auch Erzbischof Humfried wissen.
Hildeward umfasste den Schlüsselring am Finger seiner linken Hand. »Er ist das Heiligste, was ich je beschützt habe.«
»Dann sollt Ihr ihn bis zur Weihe der Kathedrale weiterhin beschützen, Exzellenz«, entschied Konrad, »auf dass er auch uns und dem Bau weiterhin Segen beschere.«
Bei diesen Worten schloss Hildeward verzückt die Augen, während Kaiser Konrad nun das Zeichen zur Auflösung der Versammlung gab. Daraufhin drängten die Menschen an Hildeward vorbei auf das Portal zu, von dem aus sie über die Treppe in einen kleineren Saal ins Erdgeschoss gelangten, in dem reichlich Essen und Getränke aufgetafelt wurden.
»Er gehört nicht in dieses Haus, das von sündiger Frauenhand geschaffen wird«, flüsterte Hildeward vor sich hin.
»Gott wird uns alle strafen und die da draußen«, er deutete auf Ekkehard und Uta, die gerade den Saal verließen, »werden die Ersten sein.«
»Und was habt Ihr dagegen getan?«, fragte Aribo, nachdem er sich versichert hatte, dass außer ihnen niemand mehr in der Halle war. »Zwanzig Briefe in drei Jahren voll mit Nichtigkeiten! Euer Seelenheil ist noch lange nicht gesichert, Hildeward!«
»Aber Euer Exzellenz … ich habe …«, druckste Hildeward herum.
»Wenn Ihr schon nicht fähig seid, einen so einfachen Auftrag zu erledigen, dann nehmt zumindest diesen stumpfsinnig verklärten Ausdruck aus dem Gesicht!« Mit den Gedanken bei Falk von Xanten begab sich Aribo von Mainz zu den Tafelnden. Auch wenn sich die Machtverhältnisse in Rom wieder deutlich zu seinen Gunsten entwickelt hatten, musste er den Einfluss des Magdeburger Erzbistums unter Kontrolle halten.
Die Sonne war bereits untergegangen, als Uta in Begleitung von Katrina auf das Nebengebäude der Königshalle zuhielt, in der Ekkehard und viele der anderen Gäste noch dem Wein zusprachen.
»Auf ein kurzes Wort, Gräfin«, trat da der Hofkaplan von hinten an sie heran.
»Kaplan Wipo.« Uta ging ein paar Schritte auf den Geistlichen zu. »Wie schön, Euch außerhalb der Hofgesellschaft zu begegnen.«
»Bevor Ihr abreist, wollte ich Euch um etwas bitten«, begann Wipo und holte unter seiner Kutte einen Stapel Pergamente hervor. »Das sind Die Taten Konrads. «
Uta erinnerte sich. »Ihr habt den Bericht bis zum heutigen Tag fortgeführt?«
Wipo nickte und reichte Uta den Stapel. »Die ersten Jahre der kaiserlichen Herrschaft habe ich bereits fertig. Sie enden mit seiner Teilnahme an der Grundsteinlegung Eurer Kathedrale. Nun stehen die Jahre ab 1029 noch an. Und Eure Meinung darüber würde mich interessieren.«
Utas Augen weiteten sich überrascht, dann lächelte sie. »Das mache ich gerne. Aber gebt mir etwas Zeit dafür.«
»Eure neue Aufgabe, ich weiß«, entgegnete Wipo.
»Ich berichte Euch schriftlich, wie gewohnt«, versicherte Uta und griff nach den Pergamenten. »Sagt Kaplan, woher wusstet Ihr, dass ich nach Merseburg reisen würde? Gewöhnlich begleite ich den Gatten nicht zu Hoftagen.«
Wipo antwortete leiser: »Ich ahnte, dass der Kaiser, nun wo er nach Italien ziehen will und Burgund unruhig ist, die Kathedrale nicht unvollendet lassen wird.«
Uta zog fragend die Augenbrauen nach oben.
Nun war es an Wipo zu lächeln. »Und wer, wenn nicht Ihr, vermag dies zu verrichten«, entgegnete er nach einer kurzen Pause. »Wir sehen uns in Naumburg wieder, zur Weihe.« Mit diesen Worten verabschiedete er sich.
Mit einem Lächeln schaute Uta ihm nach und grübelte bereits, wie sie die Rückholung der Handwerker möglichst schnell
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