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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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von Xanten in die unter Wasser stehende Grube stieg und die langen Hölzer, an denen zahlreiche Einkerbungen angebracht waren, an drei Stellen vor der Fundamentmauer in den Boden rammte. Wo die Wasseroberfläche endete, ritzte er mit dem Messer jeweils eine weitere Kerbe in die Hölzer und auf Höhe der Fundamentmauer noch eine zweite. Nachdem er damit fertig war und alle Hölzer wieder herausgezogen hatte, sprang er leichtfüßig aus der Grube. Vor Uta legte er die Hölzer exakt an der unteren Kerbe ausgerichtet nebeneinander. »Seht her«, sagte er zu Uta und verwies nun auf die obere Kerbe an den Messhölzern. »Sie liegen auf gleicher Höhe.«
    Da jede Wasseroberfläche unabhängig vom Untergrund stets in Waage ist – das hatte ihr Meister Tassilo bereits an den Fundamenten des Ostchores erklärt –, waren die Fundamente und die gesamte Mauer folglich nur dann gerade, wenn die obere Kerbung an allen drei Hölzern den gleichen Abstand zur Wasseroberfläche, also der unteren Kerbe, aufwies. »Sehr gut«, stellte Uta fest. »Die Maurer haben wunderbare Arbeit geleistet!« Prompt hellte sich ihr Gesicht auf. Die Arbeit an den Türmen und am Westchor konnte sie getrost Falk von Xanten überlassen. Da trat der junge Mann, der ihr gerade noch die Hölzer gereicht hatte, direkt vor sie hin. Ungläubig riss Uta die Augen auf. Auch wenn sie ihn zuletzt im Alter von zwei Jahren gesehen hatte, wusste sie sofort, wen sie vor sich hatte, denn auch er besaß den kleinen braunen Fleck einen Fingerbreit unter dem linken Auge. »Wigbert!«
    Der Angesprochene lächelte scheu.
    »Du bist hochgewachsen«, sagte Uta und ergriff den Arm des Bruders, der ihr nicht minder groß als Esiko zu sein schien.
    »Und du bist genauso, wie ich dich mir anhand deiner Briefe vorgestellt habe«, entgegnete Wigbert zurückhaltend.
    »Du kommst aus Fulda? Alleine?« Uta schaute sich um, als ob sich noch jemand hinter dem Bruder verbergen könnte.
    »Und geht es dir gut?«
    »Ich bin zufrieden. Meine Mitbrüder sind mir zur Familie geworden, und die Arbeit für den Herrn entspricht dem, wonach meine Seele verlangt«, sagte er. »Es hat einige Zeit gedauert, bis mir das Geschrei vom Ballenstedter Burgberg aus dem Kopf ging.«
    Uta betrachtete Wigbert nachdenklich. »Entschuldigt mich, Meister Falk«, bat sie dann an den Werkmeister gewandt und wies dem Bruder den Weg zu der kleinen Burgkirche, die sie seit Hermanns Liebesgeständnis nie wieder betreten hatte. Dort würden sie ungestört miteinander reden können.
    »Es war mutig von dir, aus Ballenstedt fortzugehen, obwohl der Vater dich auf der Burg zum Ritter ausbilden lassen wollte.« Auch wenn sie Wigbert dies bereits geschrieben hatte, wollte sie es ihm auch noch einmal gesagt haben.
    Wigbert lächelte leise.
    »Du hast deine graue Augenfarbe behalten«, sagte Uta und strich ihm über den Arm. »Die wurde dir vermutlich von unserer Großmutter Frederuna mitgegeben.«
    Sie betraten die Burgkirche und setzten sich auf eine der Bänke.
    »Ich bin wegen Hazecha hier«, kam Wigbert vorsichtig auf den Anlass seines Besuches zu sprechen.
    »Hazecha?« Uta atmete tief durch. Noch immer hatte sie die Briefe der Schwester nicht wieder zu lesen vermocht. »Ihr Grab ist im Moritzkloster«, sagte sie gefasst.
    Wigbert faltete die Hände vor seinem schwarzen Benediktinergewand. »Ich habe viel für ihre Seele gebetet.«
    Uta schaute den Bruder fragend an. »Wollen wir gemeinsam zu ihr gehen?«
    Wigbert nickte. »Dann müssen wir das noch vor heute Abend machen. Der Abt wies mich an, unverzüglich wieder nach Fulda zurückzukehren, und ich möchte ihn nicht enttäuschen.« Darauf fasste Wigbert in sein Gewand und zog ein Pergament hervor. »Dieses Schreiben ist der eigentliche Grund meines Besuches, Schwester.«
    Uta wurde warm ums Herz, weil er sie Schwester genannt hatte, im nächsten Augenblick erstarrte sie jedoch. Das Siegel des ihr gereichten Pergaments zeigte die Ansicht des Klosters Gernrode. Uta erbrach es. Während ihre Augen über die Buchstaben flogen, liefen ihr die Tränen die Wange hinab. Dann schaute sie auf. »Danke, dass du den weiten Weg von Fulda hierher auf dich genommen hast. Lass uns heute Abend gemeinsam speisen, damit du genügend Kraft für die Heimreise hast. Außerdem kann ich dich vor deiner schnellen Rückreise dann noch einmal in die Arme schließen.«
    »Reich mir nur etwas Brot und Wasser«, entgegnete Wigbert.
    »Das wird mich ausreichend stärken.«
    Uta nickte und strich

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