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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Ruhezeit am Bau bitter nötig war. Uta seufzte, als sie sich an Hermanns rauhe, tiefe Stimme erinnerte, die dennoch so sanft geklungen hatte, und unterdrückte den jäh aufkommenden Schmerz. Würde die Sehnsucht nach ihm denn nie vergehen? Eine winzige Hoffnung sah sie allerdings: Die anstehende Arbeit vermochte sie vielleicht von ihren Gefühlen abzulenken. Nachdenklich richtete Uta ihren Schleier, den seit Merseburg wieder die Vierkantspange über dem rechten Ohr hielt. »Wir haben geplant, die oberen Wände des Langhauses bis zum Fest von Christi Geburt fertigzuhaben. Aber auch wenn uns die Zeit im Nacken sitzt, müsst Ihr bei den Rundbögen besonders sorgfältig arbeiten, damit der Druck des aufliegenden Mauerwerks tatsächlich zu ihren Seiten nach unten hin abgeleitet wird.«
    »Ansonsten bricht uns der Bogen zusammen«, fügte Falk von Xanten hinzu.
    »Gräfin«, beteuerte der Steinmetzmeister, »wir tun unser Möglichstes, alle Zeitvorgaben einzuhalten.« Zur Demonstration stieß er einen gellenden Pfiff aus und augenblicklich beschleunigte sich der Rhythmus der nahen Bossiereisen.
    »Der neue Glasermeister ist gestern eingetroffen«, erklärte Meister Joachim. »Er hat sich bereits der Gestaltung der Fenstermotive angenommen, und wir kümmern uns um die Wasserableitungen für den Ostchor.«
    »Dann seid Ihr in wenigen Mondumläufen bereits mit den Feinarbeiten im Inneren des Chores beschäftigt«, sagte Uta hoffnungsvoll und glich diese Angaben mit den Vorgaben auf ihrem Pergament ab.
    »Lasst mich Euch nun den Fortschritt am Westchor zeigen«, schlug Falk von Xanten vor und führte Uta von der Runde fort. »Wir haben gestern endlich die Geradlinigkeit der Fundamente gemessen.«
    »Matthias«, drehte sich Uta da noch einmal um, »richte deinem Meister aus, dass wir für seine Genesung beten und hoffen, dass er bald wieder auf die Baustelle zurückkehren kann. Und lass Schwester Margit wissen, wenn er neue Kräuter für seine Wunde benötigt.«
    »Danke Gräfin, sein Bein wird schon wieder«, entgegnete Matthias und schaute der Burgherrin in dem dunkelroten Gewand verträumt hinterher.
    »Die Fundamente sind noch nicht fertig?«, fragte Uta nervös, als sie vor der Grube für die geplante Westmauer zum Stehen kam, die vom Regen kniehoch geflutet worden war.
    »Macht Euch keine Sorgen«, ging Falk von Xanten über die Zeitverzögerung hinweg. »Wir werden das Wasser bis zu Allerheiligen aus den Gruben geschöpft haben und dann damit beginnen, das untere Mauerwerk aufzusetzen.«
    Uta atmete auf und blickte erneut auf das Pergament, das ihr Falk von Xanten noch immer vorhielt. »Mein Wunsch ist es, dass Ihr die Wände für die Türme recht bald hochzieht. Sie sollen von beiden Seiten kommend in einer Linie in die Westwand übergeben. Wenn es zeitlich eng wird, holt noch einige Karrendienstler zu Hilfe. Sie sind nun schon so viele Jahre auf unserer Baustelle, dass sie dafür erfahren genug sind.« Uta dachte dabei an Michel und seine Truppe, die sich sicherlich freuen würde, die Baustelle wieder einmal weiter als bis zum Tor der Vorburg betreten zu können.
    Uta schaute zur Südwand der Kathedrale, vor der in vierzehn Tagen der zweite Markttag abgehalten werden sollte und dieses Mal nicht in einem heillosen Durcheinander von Baumaterial und feilgebotener Ware enden durfte. Sie würde den Platz zwei Tage vorher aufräumen lassen, auch auf die Gefahr hin, dass sich der Bau dadurch verzögerte. Schließlich waren sie alle auf die Markteinnahmen angewiesen, und sie wollte die jüngst in Naumburg angesiedelten Kaufleute auf keinen Fall enttäuschen. Zudem hoffte sie, dass sich für diesen Markttag auch Händler von weiter auswärts anmelden würden. Sie nahm sich vor, gleich heute Abend die Organisation des Markttages noch einmal mit dem Vogt durchzusprechen.
    »Gräfin?«, fragte Falk von Xanten.
    »Verzeihung!« Uta richtete ihren Blick wieder auf die Grube, über die sich Falk von Xanten nun prüfend beugte. »Alles korrekt, wie auf den Zeichnungen«, bestätigte er nach Augenmaß und schaute sich suchend um.
    »Was benötigt Ihr?«, wollte Uta helfen.
    »Bitte reicht mir drei Messhölzer aus der Werkzeugkiste dort drüben«, bat er. »Ich möchte Euch zeigen, dass das Fundament hier in Waage ist.«
    Gerade als sich Uta umdrehen und bücken wollte, hielt ihr schon jemand die Hölzer hin. Ohne ihrem Helfer einen Blick zu schenken, griff Uta nach ihnen und reichte sie weiter.
    Im Folgenden beobachtete sie, wie Falk

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