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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Uta und rieb sich die kalten Schultern unter dem Umhang.
    Mechthild öffnete den Mund, um weiterzuerzählen. Elisabeth und Grete taten es ihr unwissentlich gleich und starrten dabei gebannt auf Mechthilds Mimik.
    »Eines Tages wurde ihm die Würde zuteil, das Amt des Bischofs zu übernehmen. Doch er lehnte es ab«, sagte Mechthild mit dem harten Ton eines Zurückgewiesenen. »Er sei seiner Ansicht nach mit zu vielen Fehlern behaftet und nicht geeignet, über Christi heiliges Volk zu herrschen.« 9
    Elisabeth flüsterte: »Das hat er sich zu sagen getraut?«
    Als Antwort zog Mechthild ihren Schemel noch ein Stück näher zu den anderen heran. »Der Erzbischof erwählte daraufhin einen anderen Bischof.« Sie hielt inne. »Der jedoch beunruhigte das Gemüt des gerechten Theophilus, brachte er ihm doch die Annehmlichkeiten seines Amtes in den unbeständigen Sinn.« 10
    Adriana sog ergriffen die Luft ein.
    Uta erschauderte. »Lest doch weiter!«
    »So verzehrte sich Theophilus vor Herzenskummer, weil er das Amt, als Fürst über das Volk zu herrschen, zuvor verschmäht hatte. Dann aber begab sich der elend Verführte mit verblendetem Herzen zu einem schurkischen Hebräer, der viele Gläubige mit betrügerischer Magie täuschte.« 11 Mechthild schaute jeder der vier Hofdamen scharf in die Augen, gerade so, als ob sich der Teufel ihres Körpers bemächtigt hätte.
    »Der Unglückliche, vom Übel der schmeichlerischen Wundermittel des Hebräers gefangen«, fuhr Mechthild fort, »war nun ganz von dem Verlangen beseelt, sich in Gehorsam an den schrecklichen Teufel zu binden. So sprach der Teuflische dann zu Theophilus: ›Wenn er mein zu sein begehrt, muss er schriftlich sowohl Christus als auch in gleicher Weise dessen jungfräuliche Mutter leugnen.‹ Worauf der Verführte bezeugte, er wolle bei ewiger Strafe der schwarzen Geister des Teufels Geselle durch alle Zeiten sein.« 12
    »Nein!«, fuhr Elisabeth entrüstet auf. »Er hat sich dem Teufel verschrieben? Das können wir doch nicht zulassen!« Nachdenklich rieb sich Uta die Hände über der aufsteigenden Wärme. Ein Pakt mit dem Teufel im Tausch für einen Wunsch? Wie weit würde sie selbst gehen, um Gerechtigkeit für die Mutter zu erlangen? Der Herzog von Sachsen, so hatte sie inzwischen herausbekommen, war Bernhard II ., der dem Geschlecht der Billunger entstammte. Wie Hathui!
    »Aber wir müssen es zulassen«, flüsterte Mechthild verschwörerisch, »denn hört, wie es Theophilus weiterhin ergangen ist!«
    Elisabeth und Grete rückten enger zusammen.
    »Theophilus erhielt das einst verschmähte Amt. Dabei gab er sich jedoch hochmütig, zwang prahlerisch die untergebenen Völkerscharen, sich seinen harten Diensten zu unterwerfen.« 13
    Ein Klopfen ließ die Hofdamen aufschrecken. »Ich bin es, Frieda.«
    »Tritt ein«, bat Adriana, ohne den Blick zur Tür zu richten. Auch die anderen Hofdamen hingen noch an Mechthilds Lippen.
    Die Magd, die für die Säuberung der herzoglichen Gemächer verantwortlich war, schien der Anblick der einander zugewandten Hofdamen zu verunsichern. »Die Herzogin wünscht Fräulein Uta zu sprechen.«
    Enttäuscht schaute Uta in die Runde um das Kohlebecken und erhob sich.
    »Wir lesen die Geschichte erst weiter, wenn Ihr wieder zurück seid«, sagte Adriana und schaute zu den anderen.
    »Oh, ja!«, bedankte sich Uta erleichtert, trat in den Burggang und hielt auf die herzoglichen Gemächer zu. Uta war mittlerweile zu einer Dame von fünfzehn Jahren herangereift und trug das Haar zu einem Zopf geflochten auf dem Rücken. Sie mochte Herzogin Gisela nicht minder als zum Zeitpunkt ihrer Ankunft im Speyergau und hatte noch immer Freude an ihren Zusammenkünften. Seitdem sie der Herzogin die päpstlichen Anrufungsgründe verlesen hatte, war sie diejenige, die die Themen für ihre Konversationsstunden auswählen durfte. Manches Mal gesellte sich sogar Herzog Konrad zu ihnen.
    »Tretet ein«, erklang es aus dem Inneren, noch bevor Uta an die Tür des Gemachs klopfen konnte, zu dem neben dem ehelichen Schlafgemach noch eine weitere beheizte, aber recht flache Kammer zählte, in der die Herzogin im Winter zu arbeiten pflegte. Uta betrat die Arbeitskammer, deren steinerne Wände von dunklen Holzpfeilern gestützt wurden, die die Kammer in einen Eingangsbereich und einen Sitzbereich mit Kamin, Bänken und Tisch unterteilten.
    »Unsere Abschrift vom Protokoll der Synode in Seligenstadt ist gerade eingetroffen«, sagte Herzogin Gisela, die es sich mit dem

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