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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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nach oben gerutscht waren, wieder nach unten zu ziehen. »Willkommen in meiner bescheidenen fahrenden Hütte«, sagte sie und lächelte etwas beschämt.
    »Es ist so schön, dich endlich wiederzusehen!« Uta drückte die Freundin und ließ sich auf einem der Kartoffelsäcke nieder.
    »Ich sehe dich aus der Ferne oft neben der Königin«, sagte Erna etwas verlegen. »Ich habe mich gar nicht mehr getraut dich anzusprechen.«
    »Aber Erna, wieso denn?«
    Erna ließ sich ebenfalls auf einem der Säcke nieder und begann, die Kartoffeln zu schälen. »Die vielen edlen Gewänder blenden mich.«
    »Aber ich bin doch immer noch Uta«, beschied Uta energisch. »Deine Uta!«
    Erna schaute auf. »Stimmt, denn jetzt bist ja hier auf meinem dreckigen Wagen.« Erna ließ Messer und Kartoffel sinken und umarmte Uta, bis der Küchenwagen plötzlich über einen Stein rumpelte und sie nach der Seitenwand des Karrens greifen musste, um Halt zu finden.
    Als der Wagen wieder ohne Zuckeln weiterfuhr, schaute Uta sich um und fragte dann: »Wie gefällt es dir zu reisen?«
    »Wir werden lange von zu Hause weg sein«, antwortete Erna und schälte schneller.
    Uta war der Anflug von Heimweh in Ernas Stimme nicht entgangen, auch wenn das Gesicht der Freundin gleichzeitig voller Freude war. »Ein König hat kein festes Zuhause«, entgegnete sie, »weshalb auch wir kein festes Zuhause mehr haben. Aber daran werden wir uns bestimmt bald gewöhnen.«
    »Bestimmt«, beschied Erna, legte erneut Kartoffel und Messer beiseite und zog den ledernen Umhang fester. Verträumt lächelte sie in sich hinein.
    »Der Umritt ist wichtig für den König«, fuhr Uta fort. »Mit ihm sind nicht nur die Inbesitznahme des Kronguts und das Abhalten von Gerichts- und Hoftagen verbunden, sondern auch die Huldigung durch die Gebietsfürsten des gesamten Reiches.«
    Uta war insbesondere davon angetan, die Gerichtstage miterleben zu können. Königin Gisela hatte ihr jüngst erläutert, dass sie gedachten, diese vornehmlich in Kathedralen abzuhalten, um sich Gottes Anwesenheit während der Urteile zu versichern. Utas Gedanken schweiften ab. Sie sah den Vater vor einem Altar knien, wo er Worte der Entschuldigung und die Bitte um göttliche Vergebung für sein Vergehen an der Mutter vortrug.
    Dann spürte sie Ernas Hand auf ihrer und kehrte wieder in die Gegenwart zurück.
    »Das ist ganz schön kompliziert«, sagte Erna und ergriff Messer und Schälgut erneut. »Huldigung, Krongut und all diese Sachen.«
    »Aber wir werden viele neue Menschen treffen. Vielleicht sogar mit ihnen reden können.« Gleichzeitig erinnerte Uta sich daran, dass Esiko ihr immer noch nicht auf ihren Brief geantwortet hatte.
    »Autsch«, fuhr Erna hoch und hielt die Hand von ihrem Körper weg.
    Uta sah Blut tropfen. Sie zog ein Tüchlein unter ihrem Gewand hervor und presste es auf Ernas Schnittwunde. »Was ist los mit dir? Sonst schälst du doch, ohne hinzuschauen?« Sie verknotete das Tuch um Ernas Hand und schaute sie fragend an.
    »Nichts, gar nichts.« Erna winkte ab und griff nach der nächsten Kartoffel.
    »Wenn du heute Abend mit der Arbeit fertig bist, wollen wir uns dann zusammensetzen und einander erzählen?«, fragte Uta. »So wie früher?«
    Wider Erwarten zögerte die Freundin. »Hm, ich muss mal gucken, ob …«
    »Ob was?«, fragte Uta enttäuscht.
    Da wurde der Karren gebremst.
    »Wir nächtigen hier«, ging der Befehl von Wagen zu Wagen.
    »Wir müssen die Feuerstellen fertig machen«, rief einer vom Ochsenkarren nebenan.
    Küchenmeister Arnold erschien vor dem Wagen, bevor Uta eine Antwort erhalten hatte. Er lächelte zuerst Erna an, dann um einiges zögerlicher Uta und deutete eine Verbeugung an.
    »Uta von Ballenstedt.«
    »Küchenmeister«, entgegnete Uta und nickte. Sie begegneten einander selten, so dass sich Uta erst in diesem Augenblick wieder seiner glutroten Haare bewusst wurde.
    »Was machen die Kartoffeln?«, fragte Arnold.
    »Ich bin gleich so weit.« Erna strahlte den Küchenmeister an und deutete in eine Ecke des Karrens. »Zwei Fuhren habe ich schon fertig. Wir müssen jetzt dreimal so viele Mäuler stopfen wie auf der Burg«, erklärte Erna an Uta gewandt.
    Arnold nickte. »Erna ist unsere schnellste Schälerin.« In diesem Augenblick sah er ihre verletzte Hand, griff nach ihr und betrachtete sie besorgt.
    Für einen Moment waren lediglich das Stöhnen der Ochsen und das Meckern der Ziegen zu hören.
    »Ich gehe dann besser«, sagte Uta.
    »Aber …«, wollte Erna

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