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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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protestieren.
    »Vielleicht sehen wir uns dann an deinem nächsten freien Abend«, fuhr Uta schon fort und stieg mit gerafften Gewändern vom Gefährt. Der Geruch von frischem Ochsenkot stieg ihr in die Nase. »Ich gehe jetzt zur Dionysiana. « Sie hielt auf ihre Stute zu.
    »Dio… was?«, rief Erna ihr hinterher.
    »Dionysiana«, antwortete Uta. Mit der Abschrift dieses Buches, einer erweiterten Sammlung von Erlässen und Konzilienbeschlüssen, die Kaiser Karl zum fränkischen Kirchengesetz erklärt hatte, hatte Konrad seine Frau zur Krönung überrascht. Ein Geschenk, das Uta mit besonderer Sorgfalt in der Satteltasche verwahrte und von dem sie sich weitere Informationen über die Rechtsfähigkeit erhoffte. »Ich muss sie endlich zu Ende lesen«, ermahnte sie sich, als Männer um sie herum mit der Axt aufbrachen, um Holz für die nächtliche Umzäunung der Tiere zu schlagen.
    Uta band ihre Stute los und führte sie am Zügel an einem wagenlosen Teil des Trosses vorbei, der nur aus Pferden, Bannern und bartlosen Jungspunden zu bestehen schien. Eigentlich hatten die Hofdamen vereinbart, sich niemals alleine durch den Tross zu bewegen, denn dies war wegen all der Unbekannten und Wegelagerer, die sich dem Zug zeitweise anschlossen, gefährlich. Aber sie hatte endlich einmal wieder mit Erna sprechen wollen. Die Freundin ist verändert, dachte Uta und zog ihre unruhige Stute an den angebundenen Hengsten vorbei. Dabei murmelte sie kopfschüttelnd: »Ich verstehe das einfach nicht!«
    »Darf ich fragen, was Ihr nicht versteht?«, fragte da eine rauhe, tiefe Stimme. Hermann von Naumburg war nur drei Armlängen von ihr entfernt hinter einem der Tiere hervorgetreten. Die anderen Reiter neben ihm saßen noch ab und richteten ihre Gehänge.
    Uta blickte in das Gesicht mit den melancholischen Zügen. Sie erkannte die große, etwas schiefe Nase, das knapp über die Schulter reichende Haar und das glattrasierte Kinn. »Ich …«, begann sie, dann war ihre Stimme weg.
    Hermann von Naumburg schaute sie nur an, weder unruhig noch ungeduldig, und lächelte.
    »Ich muss zur Dionysiana «, sagte sie wie zur Aufforderung an ihre Füße, sich wieder in Bewegung zu setzen. »Sie wartet auf mich.«
    »Markgraf?«, drang eine Männerstimme zu ihnen hinüber. Ein in ein edles Wams Gekleideter trat an Hermann von Naumburg heran. »Da seid Ihr ja! Ich muss Euch dringend sprechen«, insistierte der Mann, dem Uta, seinem Gewand nach zu urteilen, mindestens den Rang eines Grafen zuteilte.
    »Ich bin gleich bei Euch, Notgar«, sagte Hermann von Naumburg und wandte sich noch einmal an Uta, die den Moment der Ablenkung genutzt hatte, um aufzusitzen. »Entschuldigt mich, Uta von Ballenstedt. Ach …«, hielt er noch einmal inne: »Dies diem docet.« 16
    Uta hob die Augenbrauen. »Der Tag lehrt den Tag?«
    »Lernt mit jedem Tag etwas Neues.« Hermann von Naumburg lächelte weiter. »Der Verstand hat sicherlich auch Publilius Syrus manchmal an der Nase herumgeführt.« Mit diesen Worten verschwand er im Gewimmel.
    Uta schmunzelte in sich hinein und trabte an, damit sie an diesem Tag recht bald etwas Neues lernen würde – dank der berauschenden Sätze der Dionysiana.
    Zurück bei den Hofdamen, holte sie die Dionysiana aus der Satteltasche und stieg auf ihren Karren. Sie zog das Schutzleder vor den Einstieg und zündete ein Talglicht an. Dann kniete sie nieder und zog die bereitgelegte Pergamentsammlung auf ihren Schoß. Mit »Markgraf« war Hermann von Naumburg gerade angesprochen worden, erinnerte sie sich. Er schien sich im Streit um sein Erbe demnach doch noch durchgesetzt zu haben. Uta öffnete das Buch. » Collectio Dionysio-Hadriana – für den großen Karl, gesammelt von seiner Heiligkeit Papst Hadrian I. im Jahre 774 nach des Wortes Fleischwerdung«, murmelte sie und spürte, dass ihre Fingerspitzen zu kribbeln begannen.
    »Uta? Seid Ihr hier?«, fragte draußen eine Stimme. Elisabeth schob das Leder beiseite und ließ gleißende Helligkeit ins Innere des Karrens dringen.
    Mit zusammengekniffenen Augen blickte Uta vom Pergament auf. Sie hielt die Beine beim Knien leicht gegrätscht und den Oberkörper wie zur Kartoffelernte weit vornüber gebeugt.
    »Aber Uta. So sitzt doch keine Hofdame. Ihr solltet auf eine gerade Haltung achten!«, mahnte Elisabeth. Sie war die Einzige der fünf kaiserlichen Damen, die nicht zum vertrauten Du übergegangen war.
    »Die Königin wünscht …«, erklärte Elisabeth, »sie wünscht, dass wir uns bei ihr

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