Die Herrin der Kathedrale
reiten.
»Verzeiht, wenn ich Euch erschreckt habe«, setzte er mit tiefer, ruhiger Stimme nach.
»Nein«, sagte sie schließlich. »Ihr habt mich nicht erschreckt.« Hermann von Naumburg hielt sein Pferd nur zwei Armlängen von dem ihren entfernt. »Es freut mich, Euch wiederzusehen, Uta von Ballenstedt.«
Uta nickte zum Zeichen der Zustimmung.
»Darf ich fragen, ob Ihr zum Gefolge der Herzogin gehört?« Sie nickte wieder. Nach einem Moment des Schweigens antwortete sie schließlich: »Wir sind fünf Hofdamen im Kreise der Herzogin.« Sie deutete mit den Augen zu den anderen nach vorne.
Der Blick Hermanns von Naumburg blieb jedoch auf Utas Antlitz haften.
»Bruder!«, ertönte es da plötzlich neben ihnen, und ein in einen kostbaren blauen Umhang gewandeter Edelmann ritt neben Hermann auf.
Uta sah, dass sich der Markgrafensohn auf die Lippe biss, und betrachtete daraufhin den Edelmann, der sich soeben zu ihnen gesellt hatte. Der trug eine Kappe in der gleichen Farbe seines Umhangs. Seine Gesichtzüge, die von grobgelocktem Haupt- und kinnlangem Barthaar eingerahmt wurden, wirkten im Vergleich zu denen Hermanns eher teigig und schlaff. Waren die beiden tatsächlich Brüder?
»Wo sind unsere Schwertträger?«, fragte der Edelmann und hatte Mühe, sein Pferd nach dem kurzen Galopp zu zügeln.
»Ich muss sie anweisen, unsere Ausrüstung beim Schmied verstärken zu lassen.« Er blickte fragend von Hermann zu Uta.
»Das ist mein Bruder Ekkehard«, sagte Hermann an Uta gewandt.
Uta nickte höflich und erinnerte sich. Hermanns jüngerer Bruder Ekkehard war damals nicht auf Burg Ballenstedt zugegen gewesen, weil er seine jüngste Schwester zur Verheiratung nach Kiew begleitet hatte.
»Und wie hießt Ihr gleich?«, fragte der ihr als Ekkehard Vorgestellte und tätschelte seinem Schimmel beruhigend den Hals.
»Uta von Ballenstedt«, erwiderte sie höflich.
Flüchtig grüßte Ekkehard an seinem Bruder vorbei. »Was ist nun mit unseren Schwertträgern?«, wollte er gleich darauf erneut von Hermann wissen.
Hermann löste seinen Blick nur zögerlich von Uta. »Ich vermute, sie reiten vorne im Gefolge unseres Schwagers Dietrich. Aber lass uns doch erst einmal in Ruhe den neuen König feiern. Ich möchte heute noch nicht an neue Kampfübungen denken.« Wenig erfreut nickte Ekkehard und schloss dann zu den Vordermännern auf.
Hermann sah, dass eine der Hofdamen, eine etwas breiter gebaute, ihn streng musterte und sich auf Utas Höhe zurückfallen ließ. »Es war nett, Euch wiederzusehen«, sagte er, bedachte Uta noch mit einem ehrerbietigen Nicken und ritt davon. Inzwischen war Elisabeth bei Uta angelangt. »Wer war das?« Uta schaute dem Markgrafensohn nach.
»Ihr solltet Euch nicht gleich von zwei fremden Edelmännern ansprechen lassen«, meinte Elisabeth und blickte dem Davonreitenden ebenfalls hinterher.
»Ich kenne ihn von der Burg meiner Eltern«, entgegnete Uta, die sich im Nachhinein für ihre Verlegenheit ihm gegenüber schämte. Sicherlich hielt er sie nun für eine Verstockte, die der höfischen Konversation nicht mächtig war.
Auf dem weiteren Weg bis zum Bischofspalast genossen die Hofdamen den Jubel des Volkes.
»Hoch lebe König Konrad!«, ertönte es von überall am Wegesrand, und König Konrad reckte dazu das Schwert in die Luft. »Er ist von Gott gesegnet. Er ist von Gott gekrönt!«, riefen die Menschen.
Die Hofdamen winkten und fielen in die Lobpreisung mit ein. Dabei glitzerten ihnen die Wellen des Rheins aus der Ferne entgegen.
Zügig war das Königspaar nach Herzogin Giselas Krönungsfeierlichkeiten von Köln aus zum Umritt aufgebrochen, der Konrad sehr am Herzen lag, weil er sich dabei auch der Zustimmung jener Untertanen versichern konnte, die der Zeremonie in Mainz nicht hatten beiwohnen können. Zu seinem Reich gehörte neben dem Ostfrankenreich auch das Königreich Italien, und nach dem Tode Rudolfs III . von Burgund würde noch das Königreich Burgund dank eines bereits geschlossenen Erbvertrags hinzukommen.
Der Umritt begann in Lothringen und Sachsen, wo das Königspaar plante, ausgiebiger zu verweilen, denn die nordsächsischen Adligen waren als Einzige nicht zur Krönung erschienen.
Der Zug setzte sich mit vierhundert Leuten – dem neu formierten königlichen Hofstaat – in Bewegung. Ihm gehörten neben Bediensteten, Freunden und Bittstellern die Hofkapelle, die Hofverwaltung und ständig wechselndes weiteres Gefolge an. Der Erzkanzler und erster formaler Berater des Königs
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