Die Herrin der Kelten
konnte. Zu der Zeit war er erschüttert darüber gewesen, sie so wütend zu erleben. Als er jetzt an jenen Tag zurückdachte, erkannte er, dass es das einzige Mal gewesen war, dass er sie hatte weinen sehen.
Jetzt beobachtete er, wie Breaca zuerst die Gussform und dann den Schmelztiegel zum Rand des Feuers hob. Selbst von der Tür aus konnte er das Zittern in ihren Bewegungen erkennen. Mit Erleichterung sah er, wie sie die Zange wieder niederlegte und ihre Finger ein paarmal streckte und beugte. Sie versuchte es erneut, doch diesmal zitterte ihre Hand noch stärker. Er konnte förmlich fühlen, wie sich ihre Muskeln verkrampften und ihre Anspannung wuchs. Sie schüttelte verärgert den Kopf. Er hörte das Zischen ihres Atems über das Prasseln des Feuers hinweg und den gemurmelten Fluch, der darauf folgte. Und er sah in Gedanken bereits vor sich, wie sie die Gussform im kritischen Moment des Gießens umstieß, wie glühend heißes, geschmolzenes Metall über ihre Beine strömte und die Stellen suchte, die die Schürze nicht mehr bedeckte, um Brandwunden zu hinterlassen, die selbst die ältere Großmutter nicht mehr würde heilen können. Hastig schob er seinen Arm durch den Türvorhang und griff hinunter, um das Gewicht zu entfernen, das ihn auf dem Boden hielt, fest entschlossen, hineinzugehen, um seiner Tochter zu helfen. Als seine Hand die Kupferscheibe ergriff, fiel ihm plötzlich wieder die Unterhaltung ein, die er vorhin mit der Großmutter geführt hatte. Würde sie nachts im Dunkeln arbeiten, wenn sie dich dabei haben wollte? Und seine eigene Antwort: Dann werde ich nur kurz nach ihr sehen. Ich werde ihr nur dann meine Hilfe anbieten, wenn sie mich darum bittet. Ich werde nichts tun, um sie von ihrer Arbeit abzuhalten.
Ich werde nichts tun, um sie von ihrer Arbeit abzuhalten. Er hatte es nicht als Schwur gemeint, aber es war trotzdem nicht ratsam, sich leichtfertig über das hinwegzusetzen, was er der älteren Großmutter in der Dunkelheit der Nacht versprochen hatte. Die Götter blickten nicht mit Wohlwollen auf einen Mann herab, der sein Wort brach, und kein Schmied konnte es sich leisten, deswegen ihren Unwillen zu erregen oder womöglich sogar ihren Zorn herauszufordern, und noch weniger einer, der erst so kürzlich einen solch schweren Verlust erlitten hatte.
Er zog seinen Arm wieder zurück, biss sich auf den Daumenknöchel und ließ den Türvorhang los, um ihn nur einen so schmalen Spalt offen zu lassen, dass er hindurchspähen konnte. Er beobachtete, wie seine Tochter den Kopf senkte und mehrmals tief durchatmete, um den Atem dann langsam wieder ausströmen zu lassen. Dann legte sie mit großer Sorgfalt beide Hände um die Zange und hob sie waagerecht hoch. Als offensichtlich war, dass die Spitzen der Zange nicht zitterten, schob sie sie vorwärts ins Feuer, ergriff den Schmelztiegel und hob ihn nur gerade hoch genug, um damit den Rand der Gussform zu streifen. Das Gießen selbst geschah zügig. Ein dünner Strom flüssiger Bronze ergoss sich in die Aushöhlung, die Breaca dafür gemacht hatte. Eburovic hörte das Zischen und Seufzen der Luft aus den seitlichen Abzugsschlitzen, und der Teil von ihm, der für sein Handwerk lebte, zollte ihr stumm Lob dafür, dass sie sie an der richtigen Stelle angebracht hatte. Der Teil seines Ichs, der Vater war, hielt den Atem an, bis der Schmelztiegel leer war. Dann klopfte Breaca dreimal mit dem Hammer gegen die Gussform, um die Luftblasen entweichen zu lassen, und die Gefahr war vorüber. Sie hatte ihre Sache geschickt und gut gemacht. Eburovic stieß erleichtert den angehaltenen Atem aus und entspannte sich wieder.
Die Gussform kühlte nur langsam ab. Die Zeitspanne des Wartens zwischen dem Gießen des Metalls und dem Aufbrechen der Gussform war immer der schwierigste Teil für Breaca gewesen. Von seinen drei Kindern war sie diejenige, die am impulsivsten handelte. Als Kind hatte sie zweimal zu früh nach der Gussform gegriffen, und er hatte sie danach zu der älteren Großmutter bringen müssen, die ihre verbrannte Haut mit Ampferblättern und Fenchelwurz verbunden hatte, um zu verhindern, dass die Wunde zu eitern begann. Jetzt richtete Breaca sich langsam aus der Hocke auf, um die verkrampften Muskeln in ihren Oberschenkeln zu entspannen, und machte sich daran, ihr Werkzeug wegzuräumen. Voller Staunen beobachtete Eburovic, mit welcher Sorgfalt sie die Zange wieder an ihren Haken an der Wand hängte und den Hammer in das Regal neben die Feilen
Weitere Kostenlose Bücher