Die Herrin der Kelten
zurücklegte. Seine Tochter, sein ungestümes, impulsives, ungeduldiges Feuer-Kind, war nie der Typ gewesen, der sonderlich viel von Ordnung hielt. Seit sie alt genug gewesen war, um in die Schmiede zu kommen und ihm bei der Arbeit zuzuschauen und zu »helfen«, hatte er sie immer wieder ruhig darauf hingewiesen, dass bestimmte Dinge nun einmal ihren bestimmten Platz hatten, und dass es gut wäre, sie am Ende eines Arbeitstages wieder dorthin zurückzulegen, wo sie hingehörten. Breaca hatte ihn dann immer mit ihren großen grünen Augen angesehen, gegrinst und »später« gesagt und war hinausgerannt, um auf den Koppeln zu spielen, ihre Mutter zu suchen oder sich den zahlreichen anderen Dingen zuzuwenden, die ihre dringende Aufmerksamkeit erforderten, und hatte es einfach ihrem Vater überlassen, die Arbeitsgeräte wieder wegzuräumen und Ordnung zu schaffen. Er hatte sich beim Aufräumen immer eingeredet, dass sie sich eines Tages vielleicht doch noch daran erinnern würde, wie wichtig es war, einen Hammer wieder an seinen Platz zurückzulegen, wenn er ihr nur lange genug zusetzte. Er hätte nie gedacht, dass er noch einmal erleben würde, wie sie es von sich aus tat.
Das Gussstück war fast fertig. Breaca stand darüber gebeugt, die Stirn in Falten gelegt, während sie aufmerksam die Oberfläche des Metalls betrachtete und darauf wartete, dass der Schaum auf der Oberfläche hart wurde. Das Feuer, jetzt ohne Nahrung, brannte allmählich herunter, während es röteres Licht und weichere Schatten in die Ecken und Winkel der Schmiede warf und die Herbsttöne ihres Haares und ihrer Augenbrauen zum Vorschein brachte und aus dem Rest ihres Körpers eine Silhouette machte. Im Profil war Breaca das Ebenbild ihrer Mutter. Die hohe, flache Stirn ging direkt in den üppigen Haarschopf über. Die Nase war gerade und fest und bildete ein harmonisches Gleichgewicht zu der kräftigen Linie ihres Kinns und den breiten, ausgeprägten Wangenknochen. Ihre Haut war jedoch dunkler, als Graines gewesen war. Sie hatte diesen bräunlichen Teint von ihrem Vater geerbt, und genau wie seine Haut, so neigte auch ihre dazu, sich in der Sonne ein klein wenig dunkler zu verfärben, nicht zu dem dunklen Rindenbraun von Macha und Bán, aber auch nicht zu dem sonnenscheuen Rot ihrer Mutter. Mit zunehmendem Alter, das wusste Eburovic, würde sie dankbar dafür sein. Sie hatte auch den hohen Wuchs von ihm geerbt. Er konnte schon jetzt erkennen, dass sie in dieser Beziehung mehr von ihm hatte als eines seiner anderen Kinder und dass sie, wenn sie erwachsen war, genauso groß wie Bán sein würde, wohingegen Silla immer ein bisschen kleiner bleiben würde. Als sie sich aufrichtete und nach seinem kleinsten Hammer griff, konnte er an der Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen erkennen, dass sie sich zu einem ebenso anmutigen Geschöpf entwickelte, wie ihre Mutter es gewesen war. Dann beobachtete er, wie sie tief Luft holte, bevor sie mit dem Hammer gegen die Gussform schlug, und das Lächeln, das dabei um ihre Lippen spielte, brach ihm schier das Herz. Der Hammer fiel herab, und die Gussform zersprang, um das glänzende Metall freizugeben. Seine Tochter hob den Kopf und blickte ihm direkt in die Augen, noch immer auf die gleiche Art und Weise lächelnd, wie sie es in seinem Traum getan hatte. »Du kannst jetzt reinkommen«, sagte sie. »Es ist fertig.«
Eburovic zögerte. Er hatte sich niemals zuvor unsicher gefühlt, wenn er seine eigene Schmiede betrat. Doch jetzt benahm er sich plötzlich regelrecht linkisch. »Woher hast du gewusst, dass ich an der Tür war?«
»Das Feuer hat es mir verraten.« Ihr Lächeln wurde noch ein klein wenig breiter. Sie war erfüllt vom Anbruch des Tages und von dem Werk, das sie vollbracht hatte. Sie strahlte förmlich vor Freude und Zufriedenheit, so als ob sie im vollen Sonnenlicht stünde. Sie sagte: »Die Flammen haben sich im Luftzug bewegt, als du den Türvorhang beiseite geschoben hast. Irgendjemand musste es sein. Als du gewartet hast, wusste ich, dass du es warst. Niemand sonst hat die Geduld dafür.«
»Und du bist dabei, Geduld zu erlernen«, erwiderte er. »Du hast dir diesmal nicht die Finger verbrannt.«
»Noch nicht.« Sie blickte abermals stirnrunzelnd auf das Gussstück auf der Werkbank. »Aber es ist schwierig, und ich muss immer überlegen. Du kannst das alles, ohne nachzudenken.« Sie hob den Kopf. »Möchtest du nicht sehen, was ich gemacht habe?«
»Was?« Er hatte geglaubt, es wäre ein Geheimnis.
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