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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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nicht kampferprobt und abgehärtet, und daher erschreckte sie das Sirren des Speers so dicht über ihrem Kopf und trieb sie in den Galopp. Sie ließen den Pferden für eine Weile die Zügel, verließen dann den Pfad, um querfeldein zu galoppieren und ein kleines Wettrennen zu veranstalten, ritten dann in einem Bogen wieder zurück und ließen die Pferde im Schritt gehen. Es war der erste Ausritt in diesem Frühjahr, und es war nicht gut, die Kräfte der Pferde zu sehr zu strapazieren. Eburovic ließ die Zügel locker und überließ es den Pferden, sich einen Weg zu suchen, während er die Herrlichkeit des Morgens genoss. Den ganzen Winter über hatte er lediglich existiert, aber nicht wirklich gelebt. Jetzt freute er sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder darüber, am Leben zu sein. Die Luft war frisch und scharf, kalt genug, um beim Einatmen die Härchen in seiner Nase zu kräuseln, aber wiederum nicht so kalt, dass seine Finger steif wurden. Überall um ihn herum sprengte der Frühling die Fesseln des Winters. An den Weidenbäumen hingen die ersten Kätzchen, mit Raureif überstäubt. Die Birken trugen neue Blätter, die sich im Licht der höher steigenden Sonne entfalteten. Weißdornblüten, zu festen kleinen Knospen zusammengerollt, überzogen die Hecken in einem Tupfenmuster, das an die letzten Überreste des Schnees erinnerte.
    Die Pferde verloren allmählich ihr dickes Winterfell. Der Rotschimmel ging mit hoch erhobenem Kopf und gespitzten Ohren, so wie er in eine Schlacht zu ziehen pflegte. Die junge Stute trottete ruhig hinter ihm her und rollte auch nicht erschrocken mit den Augen, als Eburovic sich hinüberbeugte, um getrockneten Schlamm von ihrem Hals zu kratzen. Breaca trieb sie weiter vorwärts, bis sie und ihr Vater Knie an Knie ritten. Sie war jetzt ernster - nicht wie erstarrt vor Schreck und dem Nachgeschmack ihrer Albträume, so wie sie in der Schmiede gewesen war, aber auch nicht von dem wilden Überschwang erfüllt, den sie vorhin beim Galoppieren gezeigt hatte. Sie strahlte eine Beherrschtheit aus, die neu für Eburovic war. Er dachte wieder daran, wie sie nach Art der Krieger auf den Rücken ihrer Stute gesprungen war und wie geschickt sie sich dabei angestellt hatte. Noch vor einem Jahr hätte seine Tochter niemals die vielen Stunden des Übens investiert, die nötig waren, um die Technik des Sprungs zu erlernen und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt zu entwickeln. Das erinnerte ihn wieder an das Schmelzfeuer, das sie in der Schmiede gemacht hatte, die Ränder hoch eingedämmt, um die Hitze nicht nach außen entweichen zu lassen. Vor dem Tod ihrer Mutter war sie wie ein loderndes Herdfeuer gewesen, das wahllos Funken versprühte und mit einer lebhaften, unbekümmerten Freude brannte. Jetzt konnte sie ihr eigenes Innerstes schmelzen, wenn sie wollte. Dieses Bild ließ ihm keine Ruhe und beraubte den Morgen seiner Schönheit. Er drehte es im Geist hin und her. Nur zu oft hatte er gesehen, was mit einem Gefäß passierte, das überhitzt worden war, oder mit einer Gussform, in die glühend heißes Metall gegossen wurde, ohne dass die Hitze durch Entlüftungslöcher entweichen konnte. Eburovic ritt schweigend neben seiner Tochter her und sandte ein stummes Gebet zu den Göttern empor, dass sie eine Möglichkeit finden möge, die Hitze des Zorns, die in ihrem Inneren brodelte, herauszulassen, bevor sie sie verzehren konnte.
    Die Pferde trotteten weiter. Eburovic lenkte seinen Rotschimmel mit den Knien, während er seinen Erinnerungen nachhing. Als er das letzte Mal diesen Weg entlang gekommen war, war er zu Fuß gegangen und hatte dabei Graine gestützt, voller Angst und Sorge, dass das Kind zur Welt kommen könnte, bevor sie die Hütte erreichten, die er für sie gebaut hatte. Sie hatte ihn mit ihrem einzigartigen Lächeln angeblickt und ihm versichert, dass es bestimmt nicht eher kommen würde, und da es bereits ihr zweites war, hatte er versucht, ihr zu glauben. Seine Tochter war damals noch ein Kind gewesen; sie war ein Stück vorausgelaufen, um an den Rändern der Koppeln nach Pilzen zu suchen, und hatte ihnen dann stolz eine schmutzige Hand voll davon gebracht. Graine hatte die Pilze in ihrem Beutel verstaut und dann später in einem anderen Beutel auch noch Platz für den eigenartig geformten Kieselstein gefunden, der, aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet, Ähnlichkeit mit dem Kopf einer Eidechse aufwies, sowie für das getrocknete Gewölle einer Eule, in dem noch die

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