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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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»Geh wieder unter Deck. Du hast noch eine Rede zu halten. Du solltest sie jetzt besser einstudieren.«
    Corvus erwiderte nichts. Sein Blick schweifte suchend über die weite, leere Fläche jenseits des Bugs, wo die graue See und der graue Himmel in den grauen Horizont übergingen. Die Möwen waren ein Geräusch ohne feste Form. Bán tippte dem Römer auf die Schulter und zeigte über die Backbordreling hinweg. »Du siehst in die falsche Richtung. Es ist dort drüben. Wir fahren mit eigener Kraft. Das andere Schiff hat das Segel gesetzt und muss auf Geheiß der Götter reisen.«
    Das Handelsschiff, das sie suchten, war nahe genug, dass sie seine Kennzeichen entziffern konnten. Es halste hart am Wind und kam auf dem Höhepunkt des Wendemanövers ins Schlingern. Sein einzelnes Segel flatterte einen Moment lang und blähte sich dann auf, so dass das frisch aufgemalte Bild des Kampfadlers zu sehen war. Als das Schiff beidrehte, wurden auch das gelbe Auge und der aufgemalte Schnabel auf seinem Bug sichtbar.
    Drei weitere Wendemanöver brachten das Schiff in Rufweite des Dreiruderers. Der Präfekt, der den Leuchtturm fertig gestellt hatte, hatte auch das Kommando über die Eurydike . Sein Großvater war noch ein phönizischer Sklave in Augustus’ Kriegsmarine bei Actium gewesen. Seinem Vater war die römische Staatsbürgerschaft verliehen worden, nachdem er seinen Dienst in der Kriegsmarine von Tiberius beendet hatte. Der Enkel war fest entschlossen, noch lange genug in der Gunst des jetzigen Kaisers zu leben, um die Söhne zu zeugen, die vielleicht in seine Fußstapfen treten und die erfolgreiche Karriere der Familie fortsetzen könnten. Er stand mittschiffs, während er das näher kommende Segelschiff beobachtete, und erteilte Anweisungen mit einer Ruhe und Gelassenheit, die die unter seiner Besatzung aufkommende Panik erstickte.
    Zwischen dem einen Schiff und dem anderen wurden jetzt Kommandos gerufen, das Handelsschiff veränderte seinen Winkel zum Wind und verlangsamte seine Fahrt. Männer rannten an Deck hin und her und holten das Segel ein. Am Bug stand ein einzelner Mann, der schon die ganze Zeit über dort gestanden hatte. Der Buckel seines Schildes fing das matte Licht von der See ein und verwandelte es in einen goldenen Schimmer. Sein gelber Umhang flatterte in dem böigen Wind. Rotblondes Haar, um eine Nuance dunkler als die Schöpfe der Bataver, wehte um seine Schultern. Der Ton der Bootsmannspfeife, die auf dem Oberdeck der Eurydike zu hören war, veränderte sich abrupt und wurde von den darunter liegenden Decks zurückgeworfen. Auf ein einziges hohes, schrilles Signal hin hoben die Ruderer auf der Backbordseite ihre Riemen mit einem Ruck aus dem Wasser. Achtundfünfzig Ruder schwebten für einen Moment hoch in der Luft und tauchten dann in einem spitzeren Winkel wieder ins Wasser ein. Auf der Steuerbordseite beschrieben die langen Balken einen weiten Bogen. Am Heck riss der Rudergänger mit aller Kraft das Steuerrad herum. Bán fühlte, wie sich das Deck unter seinen Füßen plötzlich schräg nach unten neigte, als das Schiff krängte und beidrehte. Sein Magen folgte der Abwärtsbewegung. Hastig streckte er eine Hand aus und packte Corvus’ Arm.
    »Geh wieder unter Deck und leg deinen guten Umhang um. Sag Seiner Exzellenz, dass der Häuptling von ganz Britannien abwartet, was er zu tun gedenkt.«
    »Kommst du nicht mit?«
    »Ich werde sofort zur Stelle sein, wenn er nach mir verlangt.«
    Der Häuptling von ganz Britannien, Amminios, Sohn von Cunobelin, Bruder von Togodubnos und Caradoc, bis vor kurzem noch Besitzer zweier Sklaven und eines gescheckten Junghengsts, stand am Bug seines Handelsschiffs und beobachtete, wie die Eurydike längsseits kam. Unter der Anweisung des Phöniziers legten die Ruderer ihre Riemen auf der Backbordseite ein, und die beiden Schiffe kamen Bord an Bord zusammen, wobei sich die Dollborde so sanft berührten, wie Menschen es überhaupt ermöglichen konnten.
    Der Kapitän des Handelsschiffs stand mit einem Tau bereit. Eines der Besatzungsmitglieder der Eurydike , ein Ire, dessen Gallisch mit einem ausgeprägt südlichen Dialekt behaftet war, rief dem Kapitän zu, Platz zu machen und zur Seite zu treten, aber entweder sprach der Mann mit einem zu starken Akzent, oder der Kapitän war zu sehr vom Anblick des Kaisers überwältigt, um von der Warnung Notiz zu nehmen. Auf jeden Fall blieb er wie angewurzelt an derselben Stelle stehen und gaffte mit offenem Mund, und es war nur ein

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