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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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legten, ihr Gesang begleitet vom Heulen des Windes und dem klagenden Ton einer Bootsmannspfeife. Das Segel, das das Kriegsschiff ruhiger und glatter angetrieben hätte als die Ruderer, wenn auch vielleicht weniger schnell, blieb eingerollt. Ein loser Zipfel flatterte knatternd im Wind.
    Bán klammerte sich an die vordere Reling und beobachtete den auf und ab schwankenden Horizont und die Seemöwen, die seitlich über der schäumenden Bugwelle schwebten. Das Knattern des Segeltuchs zerrte an seinem Gedächtnis und rief Erinnerungen wach, die man besser hätte schlummern lassen. Aber er war jetzt wenigstens mal einen Augenblick für sich allein. Das zumindest war gut. Sie hatten gewollt, dass er beim Kaiser und seiner Garde unter Deck blieb, doch das Schlingern und Rollen war ihm prompt auf den Magen geschlagen, kaum dass sie den schützenden Hafen hinter sich gelassen hatten, und daraufhin hatte er die Erlaubnis erhalten, an Deck hinaufzugehen und frische Luft zu schnappen.
    Das Kriegsschiff kam gut voran. Gesoriacum wich weiter und weiter in die Ferne zurück und verschmolz mit dem Nebel, der die Stadt seit ihrer Ankunft eingehüllt hatte. Gesoriacum: Zufluchtsort für Fischer und Händler, die dem Ozean getrotzt hatten, um zu den jenseits gelegenen Ländern der Barbaren zu gelangen, oder vorhatten, dies zu tun; Raststätte für Kaufleute, die mit Kavalkaden von Maultieren eintrafen, beladen mit Amphoren voller Wein und Oliven und Fischsoße und Kisten mit Töpferwaren; Zwischenstation für Menschen- und Pferdehändler und für all diejenigen, die von ihnen kaufen wollten, und jetzt - mit all dem Pomp, dem Schrecken und der Habgier, die damit verbunden waren - auch Schauplatz des offiziellen Besuchs des Kaisers.
    Die Nachricht von der nahe bevorstehenden Ankunft des Kaisers und seines Gefolges, das aus der XIV. und der II. Legion bestand, sowie aus den dazugehörigen Kavallerietruppen und ihren Hilfskohorten, hatte erst einmal die übliche Panik ausgelöst. Aufgrund der kurzfristigen Benachrichtigung hatten die Bürger von Gesoriacum nicht mehr die Zeit gehabt, einen Palast zu bauen oder auch nur ein neues Badehaus. Stattdessen hatten die Kunsthandwerker und Architekten ihre knapp bemessene Zeit und grenzenlose Energie darauf verwendet, Unterkünfte zu erschaffen, die eines Gottes auf Erden würdig waren, und sich dann der noch problematischeren Aufgabe zugewandt, den neuen Kai und den Leuchtturm zu erbauen, die der Gott verlangte - den einen als Anlegeplatz für seine Dreiruderer, den anderen, um dem Schiff den Weg zurück in den Hafen zu erleuchten, für den Fall, dass der unvermeidliche Küstennebel seine sichere Heimkehr erschweren sollte. Den Kai zu errichten hatten sie gerade noch geschafft, aber am Leuchtturm wurde noch gebaut, als Gaius ankam. Zwei der Arbeiter schifften sich lieber ein und flohen über den Ozean zu den barbarischen Ländern jenseits davon, als dass sie für dieses Versagen verantwortlich gemacht wurden.
    Daraufhin wurde sofort ein Kommandant der Kriegsmarine herzitiert, und seine Soldaten stellten das Bauwerk fertig. Dank ihres tatkräftigen Einsatzes spendete der Leuchtturm dann am zweiten Abend nach Gaius’ Ankunft endlich Licht. Das Schiff des Kaisers, die Eurydike , eines der schnellsten der römischen Kriegsflotte, lief jedoch schon zwei Tage später wieder aus dem Hafen aus. Der Kaiser, so hieß es, hatte dringende Angelegenheiten zu erledigen, die keinen Aufschub duldeten.
    Bán hielt sich an der Bugreling fest und verschwendete keinen Gedanken an die Angelegenheiten des Kaisers. Er hatte schon genug damit zu tun, einfach nur mit dem Schiff zu fahren, ohne auf dem schwankenden Deck das Gleichgewicht zu verlieren und hinzufallen. Er war auf der Reise vom Rhein Richtung Westen mehr als einmal gestürzt, bis Theophilus ihm am Ende befohlen hatte, von der braunen Stute abzusteigen und sich auf eine Tragbahre zu legen. Fünf Tage lang hatte der Arzt ihn mit Erbsen und getrockneten Feigen hochzupäppeln versucht und ihn gezwungen, Aufgüsse aus Tausendgüldenkraut und Bitterklee zu trinken, bis Bán den letzten Becher von dem Zeug schließlich weggeschüttet und erklärt hatte, dass Bilsenkraut besser gegen das Wundfieber wirken würde und er es selbst finden könnte - und dann in einem fremden Land bei Tagesanbruch hinausgegangen war, das Heilkraut gefunden und mit seiner Behauptung Recht behalten hatte. Danach hatte Theophilus ihn mit anderen Augen betrachtet. Er fing an, Bán Fragen zu

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