Die Herrin der Kelten
Freund es tun würde, indem er ihn am Ellenbogen fasste.
»Wirst du ihn töten?«, fragte Bán.
»Amminios? O ja!« Caradoc von den Trinovantern lächelte grimmig. »Ich werde ihn töten, ganz ohne jeden Zweifel. Aber erst dann, wenn mein Vater gestorben ist. Bis dahin kann nichts geschehen. Und in der Zwischenzeit werden wir zur Festung meines Vaters reisen und sehen, was sie uns zu bieten hat.«
XII
Sie wird größer sein als alles, was du dir jemals vorgestellt hast.
Caradoc hatte sie gewarnt, und auch Macha hatte sie in den Tagen, bevor sie die Siedlung verließen, auf das vorzubereiten versucht, was sie erwartete. Gunovic hatte im Laufe der Jahre mit seinen Wintergeschichten das Fundament dafür gelegt, und Arosted hatte ihnen mit seinen lakonischen, einsilbigen Aussagen, so prisenartig eingestreut wie sein Salz, Substanz verliehen. Es war daher ihr eigener Mangel an Vorstellungskraft, der Schuld daran trug, dass Breaca so ganz und gar nicht auf die Erscheinung von Cunobelins Festung gefasst gewesen war.
»Sie soll diese Wirkung auf Fremde haben. Lass dich nicht davon einschüchtern.«
Caradoc ritt neben ihr her, als Breaca ihre Delegation aus dem niedrigen Wäldchen von Haselsträuchern herausführte auf den langen, sanft abfallenden Abhang, der zum Land seines Vaters hinunterführte. Caradoc war daran gewöhnt, war damit aufgewachsen, die zahlreichen Verbesserungs- und Erweiterungsmaßnahmen zu beobachten, die sein Vater im Laufe der Jahre ergriffen hatte, um sein Reich sicher und uneinnehmbar zu machen. Breaca hingegen, die noch nie etwas dergleichen gesehen hatte, war sprachlos vor Überraschung angesichts der schier endlos weiten Flächen von Weideland, der Fruchtbarkeit und Ordnung der bepflanzten Felder, der Größe und des Umfangs der Siedlung sowie des flimmernden Dunsts aus Rauch und Hitze, der in der Luft hing und von mehr Feuern - und mehr Häusern - zeugte, als sie jemals an einem einzigen Ort gesehen hatte.
Da sie eine Kriegerin war, war es der Erdwall, der sie am stärksten von allem beeindruckte, und genau das sollte er ja auch: der lange, gerade, von einem breiten Wassergraben gesäumte Festungswall, der die bedeutendste Verteidigungsanlage im Land des Sonnenhunds kennzeichnete. Er war riesig, unglaublich riesig, und erstreckte sich weiter, als sie sich jemals hätte vorstellen können. Als sie diesen Schutzwall sah, konnte sie endlich verstehen, warum Cunobelins Residenz als uneinnehmbar galt.
Caradoc, der ebenfalls Krieger war, saß schweigend neben ihr im Sattel, während er den Wall mit Breacas Augen noch einmal von neuem sah. »Es ist lange her, dass diese Verteidigungsanlagen nach Norden bemannt waren; mein Vater glaubt nicht mehr daran, dass die Gefahr eines Angriffs durch die Eceni besteht. Die größere Gefahr droht jetzt von Süden her, von Berikos und seinen Atrebatern, die auf der anderen Seite des ins Meer mündenden Flusses warten und liebend gerne die Häfen meines Vaters plündern würden, wenn sich ihnen die Chance dazu böte. Was du hier siehst, ist alt und nicht sonderlich gut instand gehalten.«
»Aber nichtsdestotrotz ein wirksamer Schutz«, erwiderte Breaca. »Für angreifende Krieger wäre es sehr schwierig, die steilen Wälle in beliebig großer Anzahl zu bezwingen.«
Caradoc zog lächelnd eine Braue hoch. »Wenn du mit einem Kriegerverband kommen und auf diese Befestigungsanlagen stoßen würdest, würdest du dann weitermachen?«
Ein kalter Schauder rieselte über ihr Rückgrat. Sie ließ ihn erst vorübergehen, bevor sie antwortete. »Ja. Aber ich würde es mit Vorsicht tun, und ich würde mich vergewissern, dass ich die Schwachpunkte kenne, bevor ich mich überhaupt jemals auf ein solches Unternehmen einließe.«
»Gut. Wenn ich ein Angreifer wäre, würde ich in Erwägung ziehen, die Wachen an den Toren zu bestechen. Eine Mauer ist nur so lange ein Hindernis, wie sie keine Lücken hat.« Caradoc trieb sein Pferd vorwärts. »Heute dürfte das aber nicht nötig sein. Die trinovantischen Spione sind uns gefolgt, seit wir das Land der Eceni verlassen haben; mein Vater müsste also inzwischen bestens informiert sein und alles über uns wissen, selbst was wir während unserer Reise essen und trinken.« Er war bereits ein Stück vorausgeritten. Jetzt drehte er sich zu Breaca um, abermals eine Braue hochgezogen. »Wollen wir hinuntergehen und sehen, ob er uns hereinlässt?«
Sie ritten gemeinsam den langen Abhang hinunter. Caradoc ritt das graubraune
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