Die Herrin der Kelten

Rudern und zwei Masten. Hätte Silla die Greylag gezeichnet, hätte ihr Bild wahrscheinlich ähnlich wie dieses ausgesehen.
    Cunobelin widmete sich der nächsten Münze. Er tippte mit der Fingerspitze auf die Gerstenähre auf der Vorderseite und erklärte: »Als der älteste von meinen Söhnen erbt Togodubnos die Gebiete der Catuvellauner.« Er drehte die Münze herum, so dass der Bulle auf der Rückseite zu sehen war. »Von seiner Mutter erbt er außerdem das Amt des Anführers der Trinovanter. Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass diese beiden Völker zusammenbleiben, und ich glaube, Togodubnos ist derjenige, der das Zeug dazu hat, diese Einheit zu erhalten. Nach ihm werden seine Söhne die Herrschaft übernehmen, und zwar durch Odras. Ihr Symbol ist der Mond. Ich habe es unter seinen Namen gesetzt, damit es keine Verwirrung gibt.«
    Breaca kannte Caradoc inzwischen besser als zuvor; die komplexen Schichten seines Charakters waren für sie jetzt deutlicher zu erkennen, als sie es damals auf der Landspitze nach dem Schiffsunglück gewesen waren oder auch bei seinem Erscheinen vor dem Ältestenrat. Äußerlich hatte sich zwar nichts verändert; seine Miene war noch immer so undurchschaubar wie eh und je, und es gab kein betontes Stirnrunzeln oder plötzliches Stocken seines Atems, auf das sie hätte zeigen und sagen können: »Das ist es, was dich verrät!«, aber es war trotzdem eindeutig, dass sein Vater einen wirkungsvollen Schlag gelandet und dass es nicht die Aufteilung der Ländereien war, die Caradoc so empfindlich getroffen hatte.
    Nach außen hin vollkommen ruhig und gelassen, warf er Breaca einen flüchtigen Blick zu, dann lächelte Caradoc, nickte seinem Vater leutselig zu und sagte: »Ich hoffe doch, du hast zuerst Odras’ Erlaubnis eingeholt, bevor du ihr Zeichen verwendet hast.«
    »Natürlich. Heffydd hat es im Traum gesehen, und wir haben ihr die Entwürfe vorgelegt, bevor der Prägestempel angefertigt wurde. Sie hatte gerade ihren Sohn zur Welt gebracht, sie war froh über diese Anerkennung.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen.« Caradoc nahm eine der Münzen und warf sie hoch in die Luft. Sie überschlug sich ein paarmal und landete dann in seiner Handfläche. Er hielt sie mit der Vorderseite nach oben, und sowohl Breaca als auch Cunobelin konnten das Schiff sehen, das Amminios’ Zeichen war. »Ich habe gehört, dass das Kind Cunomar heißen soll, Hund des Meeres. Auch er wird eines Tages ein Schiff brauchen.«
    Es war die einzige Waffe, die er hatte, doch sie hinterließ keine Wunden. Völlig unbeeindruckt erwiderte der Sonnenhund: »Du hast deinen Armreif weggegeben, um seinen Namen zu erfahren? Du hättest lieber mich fragen sollen, ich hätte ihn dir kostenlos verraten. Ich hatte gedacht, du wolltest den Welpen damit bezahlen. Er wird sich zu einem guten Jagdhund entwickeln, der den Preis durchaus wert ist. Odras hat immer noch das beste Auge für Jagdhunde.«
    Es schien nicht sonderlich wahrscheinlich, dass Caradoc den Armreif als Bezahlung für irgendetwas weggegeben hatte, sondern wohl eher als das Geschenk eines nach langer Abwesenheit Heimkehrenden an die Person, die er am meisten schätzt. Und dann war das Geschenk zurückgegeben worden. Breaca erinnerte sich an die Wärme in Caradocs Stimme, als er die junge Frau auf dem Marktplatz angesprochen hatte, und an den anschließenden Zusammenstoß mit seinem Bruder, und plötzlich fiel es ihr noch schwerer, weiter in der Schmiede auszuharren, statt hinauszugehen in frische Luft, fort von den Problemen anderer. Sie blieb jedoch auf ihrem Platz neben dem Türpfosten und wartete. Sie hatten bisher erst zwei der drei Münzen gesehen, und die Letzte war diejenige, die die größte Rolle spielte.
    Caradoc griff nach einer der restlichen Münzen. Das Feuer war in der Zwischenzeit heruntergebrannt, und das Metall glänzte jetzt weniger hell. Er hob die Münze hoch und hielt sie in seiner geschlossenen Faust, noch nicht bereit, einen Blick darauf zu werfen. Leise sagte er: »Du brauchst keine Münze für mich zu machen, Vater. Du weißt doch, dass sie im Land der Ordovizer keinen Wert haben.«
    »Ein Sohn von mir hat nichtsdestotrotz immer Wert, ganz gleich, wo er hingeht. Außerdem muss das Andenken an seine Mutter geehrt werden. Diese Münzen tragen auf der einen Seite deinen Namen und auf der anderen das Symbol der Streitaxt. Man hat mir gesagt, dass Ellin von den Ordovizern keine Töchter hatte und du ihr Erbe und Nachfolger im Westen bist,