Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
von dem roten Träumer entfernt zum Stehen, und diese neue Position änderte den Verlauf des Spiels. Selbst der unerfahrenste Spieler hätte sich den Ausgang der Partie ausrechnen können. Zögernd ließ Bán seine Krieger in einem Kreis um seine Schlüsselfigur herum aufmarschieren. Bei diesem Manöver verlor er einen seiner Steine, als Amminios ihn nachträglich schlug, weil ihn das in die Lage versetzte, schneller gegen den Feind vorzugehen. Bán bewegte seine Spielfiguren jetzt noch langsamer, doch es machte keinen Unterschied. Bald umzingelten die gelben Steine die roten, nur noch einen Zug vom endgültigen Vernichtungsschlag entfernt. Der rote Träumer hatte noch zwei Züge übrig, und jeder dieser Züge brachte ihn in tödliche Gefahr. Wenn Bán irgendeinen seiner Krieger bewegte, würde ihn das in Reichweite der gelben bringen, und Amminios würde das Brett abräumen. Der rote Träumer war also in jedem Fall verloren und mit ihm auch das Spiel.
    Amminios ließ seine Fingerspitze auf dem winzigen roten Spielstein ruhen und sagte ganz leise, so dass die anderen sie nicht hören konnten: »Müssen wir das wirklich noch bis ganz zum Ende durchziehen? Du hast sehr gut gespielt. Ich würde dir die Demütigung der endgültigen Niederlage lieber ersparen.«
    »Was wird mit Iccius geschehen?«, fragte Bán ebenso leise.
    »Er wird weiterhin als Pferdebursche dienen. Deine rote Stute wird die Blutlinien meines Vaters verbessern, und das Fohlen, das sie erwartet, wird mir gehören. Ich werde es reiten, wenn wir in den Krieg gegen die Ordovizer ziehen.«
    »Es könnte ein Stutenfohlen sein.«
    »Schon möglich. Dann werde ich eben ein weibliches Schlachtross haben, das es mit der Stute deiner Schwester aufnehmen kann.«
    Bán legte seine Hände flach auf die Knie. Der Stress und die Anspannung des Spiels hatten ihn mehr erschöpft, als er es jemals zuvor gewesen war. Als er aufblickte, begegnete er einem ganzen Wald von Augen: Breaca war mit Airmid gekommen, Macha mit Luain, Eburovic stand auf der Seite, in der Nähe des Römers. Odras, die Besitzerin der Zuchthündin, lehnte an der Wand und wiegte ein schlafendes Baby in ihren Armen. Als Bán seinen Blick weiter über die Runde schweifen ließ, fand er das Gesicht, das er gesucht hatte. Caradoc stand in dem Halbdunkel hinter Amminios. Sein Vater stand links neben ihm. Bei dieser Beleuchtung konnte man die Ähnlichkeit ihrer Augen sehen und zugleich den Unterschied zwischen ihnen erkennen. Der Blick des Sonnenhunds war nachdenklich, ein bodenloser Teich, den nur die Götter erforschen konnten. Caradocs Blick war offener; in den eisengrauen Tiefen seiner Augen blitzte unterdrücktes Gelächter - das aber nur für diejenigen sichtbar war, die sich die Mühe machten, danach zu suchen - und Anerkennung.
    Bán wischte seine schweißnassen Hände an seiner Tunika ab. Sein Kopf fühlte sich vollkommen hohl an, und ihm klangen die Ohren. Möglicherweise fühlte sich ein Junge, der seine langen Nächte in der Einsamkeit erfolgreich hinter sich gebracht, seine Kriegerprüfungen bestanden und seinen Speer errungen hatte, ja ähnlich wie er, obwohl Bán das eigentlich nicht glaubte; keiner von denjenigen, die er danach zum Männerhaus hatte zurückkehren sehen, hatte den Eindruck gemacht, als ob die Götter ihn gesegnet hätten, und genauso fühlte er sich jetzt.
    Er wurde sich bewusst, dass Amminios ihn forschend ansah, dass er ihn gebeten hatte, sich geschlagen zu geben, und noch immer auf seine Antwort wartete.
    Bán runzelte die Stirn und überprüfte noch einmal das Muster des Tanzes. Übermut und Siegessicherheit waren gefährlich für einen Krieger, denn sie führten immer zu einer Niederlage und Demütigungen. Sein Vater hatte ihn das schon vor langer Zeit gelehrt, und Caradoc hatte es bei den Wettrennen im Winter unzählige Male demonstriert. Nur mit Tüchtigkeit und Geschicklichkeit, sorgfältiger Planung und der Unterstützung der Götter hatte man Erfolg. Bán hatte geplant und gebetet, und die Götter hatten ihn erhört. Es war Amminios’ letzter Zug, der seinen, Báns, Lösungsweg möglich machte. Er stützte die Ellenbogen auf die Knie und beugte sich vor, um seinen hintersten Krieger zu berühren, eingezwängt in eine Ecke, wo er der Dinge harrte, die da kommen würden. Er hatte ihn dort vor einiger Zeit hingeschoben; es war ein Zug unter vielen gewesen bei dem verzweifelten Manöver zum Schutz seines Träumers. Amminios hatte die Gefahr, die von diesem Stein

Weitere Kostenlose Bücher