Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
ausging, offenbar abgetan, wenn er sie überhaupt erkannt hatte.
    »Du hast mir vorhin eine besondere Regel beigebracht«, sagte Bán, »und die lautet, dass ein Krieger an Status gewinnt, wenn er die Ecke erreicht, die am weitesten von dem Punkt entfernt ist, von dem er gekommen ist. Er kann für einen Zug als Träumer fungieren. Ist das nicht so?«
    Es war nicht nötig, den Stein hochzuheben. Kaum waren die Worte ausgesprochen, da war der Tanz klar. Für einen Spielstein mit der Macht und der Reichweite eines Träumers öffnete sich ein klar erkennbarer Weg quer über das Brett; er konnte über alle drei restlichen roten Krieger hinwegspringen, zwei der gelben Krieger schlagen und dann einen letzten Doppelsprung zu dem gelben Träumer machen, der allein und vergessen auf dem hinteren Teil des Bretts stand. Es war eine saubere und herrliche Art, den gegnerischen Träumer zu isolieren und die Partie zu gewinnen, und er hatte die Grundzüge dieses Manövers von Amminios gelernt.
    »Es sieht ganz so aus.« Der Trinovanter legte seine Handflächen zusammen und berührte seine Lippen mit den Fingerspitzen. Als er vom Spielbrett aufblickte, waren seine Augen ebenso ausdruckslos wie die seines Vaters und der Ausdruck auf seinem Gesicht betont gleichgültig. »Ich gratuliere!«, sagte er. »Die Götter haben zu deinen Gunsten gesprochen. Mein Pferd gehört dir.«
    »Und Iccius.«
    »Selbstverständlich. Mit dem Pferd geht auch der Pferdebursche.«
    Bán blickte auf. Breaca war wütend und zugleich stolz auf ihn. Macha, die neben ihr stand, hatte große Mühe, nicht zu lachen. Zwischen ihnen stand Iccius, ein schmächtiges Kind mit einem Schopf weißblonder Haare und großen blauen Augen, die im Fackellicht die Farbe von Edelsteinen angenommen hatten. Er weinte.
    Bán erhob sich, von dem dringenden Bedürfnis getrieben, endlich seine Blase zu entleeren. Er drängte sich durch die Menschenmenge hindurch und klopfte Iccius im Vorbeigehen auf die Schulter. Es war ein Augenblick reiner, unverfälschter Freude, und er wollte ihn nicht ausnutzen.
    »Segoventos wird bald abreisen«, sagte er leise. »Wenn du möchtest, kannst du mit ihm nach Gallien zurückkehren und von dort aus zu deinem Volk. Wenn nicht, wirst du bei den Eceni willkommen sein.«
     
    Das Festmahl, das im Großen Versammlungshaus abgehalten wurde, übertraf das vorangegangene noch um einiges, was die Qualität und die Menge von Essen und Ale, Wein und Unterhaltung anbelangte. Die Atmosphäre war sehr viel weniger angespannt als am Morgen. Sklaven bedienten bei Tisch, aber sie taten es diskret. Den Seeleuten und denjenigen, die Geschmack an der römischen Lebensweise gefunden hatten, wurde Wein gereicht. Den Eceni wurde er nicht aufgedrängt. Zwei Männer und ein Junge verließen frühzeitig die Runde und gingen nach draußen, um frische Luft zu schnappen und einen Moment der Ruhe und Einsamkeit zu genießen. Wie durch Zufall fanden sie einander und gingen eine Weile spazieren, um schließlich Rast auf dem Abhang jenseits des Nordtores zu machen, das den Eingang in die Festung markierte. Die Nacht war kühl, die Luft frisch gewaschen von dem Regen. Die Gewitterwolken vom Nachmittag hatten sich zu einem hauchdünnen Gespinst aufgelöst, das sich wie ein Netz vor den Sternen spannte. Das Sternbild des Jägers stieg am östlichen Himmel auf, und nicht weit davon war der Hase zu sehen. Das Widderhorn zeichnete sich tief über dem westlichen Horizont ab. Dazwischen hing der Mond, eine schlecht gegossene Münze aus mattem Silber, deren eine Seite von der Hitze des Schmiedefeuers versengt worden war.
    Das Gras war von zahllosen Schafherden kurz geschoren worden und die Luft erfüllt von dem Duft nach Salbei und Silberkraut. Igel, Ratten und Füchse stöberten in den Abfällen des Viehmarkts herum. Caradoc legte sich ins Gras zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Ihr wollt bald absegeln?«
    Der Römer lehnte sich ebenfalls zurück in den grasbewachsenen Abhang. Neben seinem Kopf wuchs eine kleine weiße Blume, ein winziges Spiegelbild des Mondes. »Segoventos sagt, wir müssen binnen zwei Tagen mit der Abendflut auslaufen, solange der Mond noch voll ist. Es verstößt zwar gegen die Regeln des Anstands, so früh wieder abzureisen, aber wenn wir noch länger warten, verpassen wir die rechte Zeit.«
    »Er brennt darauf herauszufinden, wie sich das Schiff handhaben lässt.«
    »Natürlich. Und außerdem ist er ängstlich darauf bedacht, sicher nach Gallien

Weitere Kostenlose Bücher