Die Herrin der Kelten
und das Gleiche galt für die Stimme an ihrem Ohr, die schließlich fragte: »Du hast Caradoc deine Brosche geschenkt?«
Breaca nickte stumm. Jetzt war nicht die rechte Zeit für lange Reden.
»Hat er dir irgendetwas im Austausch dafür geschenkt?«
Er hatte seinen Armreifen Odras geschenkt, und sie hatte ihn zurückgegeben. Er besaß nichts von ähnlichem Wert, das er Breaca hätte geben können, außer seinem Wort, und das war eine Menge wert. »Er hat gesagt, er würde im Herbst wieder zurückkehren und dann für Bán sprechen, bei seinen drei langen Nächten.«
»Gut. Das freut mich.« Die Hände, die ihre Taille umfasst hatten, bewegten sich zu ihren Armen hinauf. »Möchtest du, dass ich dich verlasse?«
»Willst du denn gehen?«
»Nein.«
»Dann bleib bei mir. Bitte!«
Breaca hatte sich vor langer Zeit einmal geschworen, dass sie diese letzte Nacht allein verbringen würde. Inzwischen war sie älter und reifer geworden und verstand mehr von der Welt und von ihrem Platz darin, und etwas, was man sich irgendwann einmal im Zorn geschworen hatte, hatte kein Gewicht. Die Nacht war kühl, aber nicht kalt, und der Wind wurde schwächer, als er durch das Dornendickicht wehte, um als federleichter Hauch über ihre Haut zu streifen. Ein Otter zog einen Fisch aus dem Fluss und schleppte seine Beute an ihnen vorbei, noch nass und mit einer Girlande aus Schlingpflanzen bekränzt. Irgendwo im Wald jagte eine Eule, und ein Fuchsrüde tötete ein Beutetier. Es begann zu regnen, aber nur ganz leicht, so dass die Tropfen nicht durch das Dickicht sickerten. Alle diese Dinge drangen jedoch nur ganz vage und wie aus großer Ferne in Breacas Bewusstsein ein, ähnlich wie Tatsachen in einen Traum, während sie mit ihren Gedanken und ihrem Herzen woanders war. Am Ende erinnerte sie sich daran, nicht weinen zu wollen.
Breaca träumte von Krieg. Das war nicht weiter überraschend, bedeutete aber, dass sie, als sie von lauten, alarmierten Schreien geweckt wurde, nicht so schnell reagierte, wie sie vielleicht unter anderen Umständen reagiert hätte, weil sie sich nämlich noch immer in ihrem Traum wähnte. Sie rollte sich verschlafen auf die andere Seite und streckte die Hand nach Airmid aus, fand sie aber nicht. Der Gedanke an den kommenden Tag brach über sie herein, düster und trostlos. Ohne die Augen zu öffnen, murmelte sie: »Was ist denn los?«
»Eburovic.« Airmid stand am Rand des Dickichts und blickte zu der Lichtung hinüber, wo noch die Überreste des nächtlichen Feuers brannten. »Steh auf! Schnell! Wir werden angegriffen.«
»Hast du davon geträumt?«
»Nein.« Wieder ertönten laute Schreie vom Flussufer, und ein Pferd wieherte schrill. Airmid fuhr zu Breaca herum. »Wo ist dein Schwert?«
»Hier.« Sie würde nicht ohne ihr Schwert schlafen, genauso wenig wie ihr Vater, der praktisch mit seiner Waffe lebte. Sie hatte es noch nie zuvor im Zorn gebraucht, hatte es bisher noch nie aus irgendeinem anderen Grund gezogen als zum Zweck einer kleinen Demonstration vor ausgewählten Freunden, oder - ein einziges Mal -, um es Caradoc anzubieten. Als sie ihr Schwert jetzt aus seiner Scheide zog, fühlte Breaca plötzlich den Unterschied als ein Lied in ihrem Blut. Das Pochen in ihrer Handfläche, das ihr schon den ganzen letzten Tag zu schaffen gemacht hatte, schwoll zu einem heftigen Pulsieren an, als sie nach dem Schwertheft griff. Der Schmerz ließ wieder etwas nach, als sie ihre Finger fest um das Heft schloss. Ihr Schild hing an seinem Schulterriemen von dem Aststumpf einer in der Nähe stehenden Buche herab. Der untere Rand des Schildes war mit dem Wasser in Berührung gekommen, als sie durch den Fluss geschwommen waren, und die rote Farbe war zum Teil zerlaufen und dann über Nacht wieder getrocknet, so dass es jetzt so aussah, als ob die aufgemalte Schlange über den Schaft des Speeres blutete. Breaca schob ihre Hand in den Griff hinter dem Schildbuckel, und auch dieser fühlte sich plötzlich ganz anders an.
Vom Flussufer schallten die hektischen Stimmen von Männern herüber, die einander irgendetwas zuriefen. Breaca hörte Báns Stimme, die wieder sämtliche Register durchlief, in einer hohen Tonlage anfing und in einer tiefen endete, und gleich darauf vernahm sie Iccius’ gellenden Schrei, abrupt abgeschnitten. Airmid war an ihrer Seite. Gemeinsam rannten sie zwischen den Büschen hindurch auf den Lärm zu. »Wer sind die Angreifer?« wollte Breaca wissen.
»Coritani. Wer sonst?«
»Aber dies ist
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