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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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wieder zum Leben erweckt, und zusammen mit diesem Zeichen waren auch die Schwüre der Ahnen wieder eingeführt worden, erneuert und umformuliert für einen Mann, der Rom begünstigte. Bán hatte das Zeichen des Adlers in den letzten Tagen häufig gesehen, hatte Mahlzeiten mit Männern eingenommen - es waren ausschließlich Männer, ihr Anführer vereidigte keine Frauen -, die es mit Stolz trugen, hatte mit ihrem Anführer den Kriegertanz gespielt und gewonnen. Dies hier waren Amminios’ Männer, davon war er überzeugt. Erinnerungen an ein breites Grinsen und einen einzelnen schiefen Eckzahn gaben ihm einen Namen ein, der demjenigen gehören könnte, der tödlich verwundet zu seinen Füßen lag.
    »Decanos?«
    Er war sich nicht sicher. Er konnte sich nicht sicher sein, denn das Gesicht eines Menschen verändert sich so sehr, wenn er im Sterben liegt. Er legte eine Hand auf die erschreckend kalte Stirn des Mannes und vermied es, in das eine gesunde Auge zu sehen, das seinen Blick suchte. Er hatte noch nie zuvor den Tod auf dem Schlachtfeld miterlebt, und er hatte sich den Kriegertod immer sehr viel glorreicher vorgestellt und bei weitem nicht so lang und qualvoll. Der entsetzliche Anblick der Realität schnürte ihm die Kehle zu und ließ ihm das Blut in den Adern erstarren, doch er hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Denn schon kreisten die schwarzen Vögel von Briga, um die Seele des Mannes zum Fluss zu tragen. Bán konnte im Geist das Schlagen ihrer Schwingen spüren, konnte den heiseren Schrei der Aaskrähen in seiner eigenen Seele wüten hören. Er rüttelte an der steif werdenden Schulter des Mannes. »Decanos«, sagte er eindringlich, »bist du es?«
    Der Mann war nicht mehr in der Lage, auch nur ein Wort hervorzubringen, aber das graue Auge hielt Báns Blick fest und blinzelte zweimal, bevor es sich schließlich nach oben verdrehte, so dass nur noch das Weiße zu sehen war und sich dann für immer schloss. Bán fühlte die Wahrheit wie einen Faustschlag in den Magen. Er erhob sich auf die Füße und schlitzte mit seinem Schwert die leblose Kehle auf.
    »Bán!«
    Iccius rief verzweifelt nach ihm. Männer stürmten aus allen Richtungen auf ihn zu, allesamt in die grün und schwarz gestreiften Umhänge der Coritani gekleidet. Bán zog sein Schwert aus der Kehle des Toten, stürzte sich auf die rote Stute und rannte drei Schritte neben ihr her, bevor er sich mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf ihren Rücken schwang. Eine Hand krallte sich in seine Tunika. Blindlings hieb er zweimal auf sie ein und hackte dabei zwei Finger ab, bevor sie ihn endlich losließ. Derart befreit, zog er die Stute herum und hielt auf die Mitte der Lichtung zu, während er Iccius zurief, ihm zu folgen. Auf der anderen Seite des Feuers entdeckte er Macha, die reglos auf dem Boden lag, von einem feindlichen Angreifer niedergestreckt. Bán konnte ihr schwarzes Haar sehen, das wie ein Fächer auf dem Gras ausgebreitet war, und darunter das Weiß ihres Gesichts. Heftiger Schmerz wallte in seinem Inneren auf und wurde gleich wieder fortgeschwemmt, um später wieder zurückgeholt zu werden, wenn die Götter ihm mehr Zeit zum Trauern ließen. Falls sie ihm noch jemals die Zeit dafür ließen. Weiter vorne, neben den schwelenden Überresten des Feuers, kämpfte Breaca zu Fuß, mit Eburovic auf der einen Seite und Airmid auf der anderen. Es war unmöglich, bei ihrem Anblick keine ehrfürchtige Scheu zu empfinden. Sie leuchtete regelrecht, loderte wie ein einzelner feuriger Lichtpunkt inmitten des Gemetzels. Ihr Haar glänzte wie geschmolzenes Kupfer. Ihre Augen fingen das Licht der aufgehenden Sonne ein und machten es noch heller. Sie tötete mit einer wilden Präzision, und über ihr tanzten die Rabenvögel des Todes, singend und jubilierend.
    Bán kam wieder zu sich. »Breaca!« Er rief, so laut er konnte, und sah, wie sie in seine Richtung blickte. »Es sind die Männer des Kampfadlers - Amminios’ Männer! Trinovanter, keine Coritani!«
    Seine Schwester schnitt eine Grimasse und hob den Arm, zum Zeichen, dass sie verstanden hatte, dann zeigte sie abermals zu den Pferden hinüber. Die gesamte Eceni-Herde war an den Rändern des Flusses zusammengetrieben worden. Drei trinovantische Krieger, mit Peitschen bewehrt, umkreisten die Tiere, während sie versuchten, sie auf das Territorium des Sonnenhunds hinüberzutreiben. Nur über meine Leiche!, dachte Bán voller Grimm. Er war Bán Hasenjäger, Krieger der Eceni und Bruder der

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