Die Herrin der Kelten
Galliens ersteigert hatte. Er kam im Morgengrauen der Tag- und Nachtgleiche durch die Tore der Siedlung geritten, begleitet von Segoventos. Breaca war die ganze Nacht hindurch auf den Beinen gewesen und hatte bei Airmid gewacht, die Báns Seele in den öden, düsteren Ländern der ziellos umherirrenden Toten gesucht hatte. Der Versuch, ihn zu finden, war wieder einmal fehlgeschlagen, so wie es bisher noch jede Nacht seit dem Überfall gewesen war, und danach war Airmid in den tiefen Schlaf der Erschöpfung gesunken, und Breaca hatte sie schlafen lassen, weil es zu gefährlich gewesen wäre, sie zu wecken. Sie hatte Hail herbeigerufen und gerade zum Fluss gehen wollen, um den Staub und die Enttäuschung einer weiteren fruchtlosen Nacht abzuwaschen, als sie Caradoc draußen vor dem Männerhaus begegnete. Er trug ihre Brosche, geschmückt mit langem roten Rosshaar, das in Büscheln von den unteren Metallschlaufen herabbaumelte, und er grinste wie ein Kind, spielte mit Hail und sah sich dabei suchend nach Bán um oder nach irgendeinem Anzeichen dafür, dass dieser seine langen Nächte in der Einsamkeit hinter sich gebracht hatte. Seine ersten Worte, im Scherz hingeworfen, waren: »Ich dachte immer, die Eceni empfingen die Männer, die von ihren langen Nächten zurückkehren, mit ein bisschen mehr Feierlichkeit.«
Er hatte drei Monate lang mit Fremden Handel getrieben und war anschließend ohne Zwischenstopp von der Küste zu den Eceni gereist; es war also wohl kaum davon auszugehen, dass er von Báns Tod erfahren haben würde. Breaca wusste das, noch während sie ihr Messer zog, die Schneide an seinen Hals legte und tief in die Haut drückte, so dass die Schlagader darunter bläulich hervortrat. Caradocs Lächeln verblasste abrupt, noch bevor die kalte Klinge ihn berührte, doch er rührte sich nicht. Er war tagelang ohne Unterbrechung gesegelt und die ganze Nacht hindurch geritten und war jetzt am Rande der Erschöpfung, trotzdem dachte er immer noch schneller als jeder andere Mann, den Breaca kannte. Als Segoventos empört zu toben begann, brachte Caradoc ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen, seine Augen weit aufgerissen und starr, sein Mund grimmig, und sagte nur: »Bán ist tot?«, und als Breaca stumm nickte, fügte er hinzu: »Amminios. Es tut mir so unendlich Leid. Ich hätte es wissen müssen. Erzähl mir, was passiert ist.«
Die Geschichte der Schlacht war schnell erzählt. Nachdem Breaca geendet hatte, lieh Caradoc sich ein frisches Pferd und ritt nach Süden. Er nannte ihr zwar keinen Grund dafür, versprach aber, dass er zurückkehren würde, bevor der Mond wechselte. Er hielt sein Versprechen und kam innerhalb einer Zeitspanne wieder, die bedeutete, dass er ununterbrochen geritten war, ohne auch nur ein einziges Mal Rast einzulegen. Das Pferd war ruiniert, aber dafür brachte er andere Pferde mit und - noch wichtiger - Einzelheiten der Zeremonie, die Amminios vollzogen hatte, als er Báns graubraunes Stutenfohlen den Göttern der Römer geopfert hatte.
Von all den Wiedergutmachungsgeschenken seiner Familie war dies das einzig wirklich wertvolle. Kurz danach kam Luain, um Airmid und der genesenden Macha bei der Suche nach Báns Seele behilflich zu sein. Als klar war, dass sie allein nichts ausrichten konnten, riefen sie sämtliche Träumer der Eceni herbei, von der Nordküste bis hin zur Landesgrenze weit unten im Süden, und gemeinsam verbrachten sie drei Tage und drei Nächte ohne Unterbrechung mit der Jagd zwischen den Welten, um einen Jungen und sein Pferd zu finden. Die Suche nach dem Tier war schließlich von Erfolg gekrönt; sie fanden das graubraune Stutenfohlen und geleiteten seine verirrte Seele in Brigas sichere Obhut, doch Bán war irgendwo außerhalb ihrer Reichweite, und sie brachen die Suche schließlich ab, weil sie befürchteten, Träumer an einem Ort im Jenseits zu verlieren, von dem sie vielleicht nie wieder zurückkehren konnten.
Die Krieger hielten während der gesamten Zeit Wache, und Caradoc wachte mit ihnen; er nahm die ganzen drei Tage und drei Nächte hindurch keinen Bissen zu sich und trank nur Wasser, während die Träumer harte Arbeit leisteten. Als bekannt wurde, dass ihre Bemühungen trotz aller Anstrengungen gescheitert waren, weinte Caradoc, als ob Bán sein eigener Bruder oder Sohn gewesen wäre. Breaca konnte schon lange nicht mehr weinen. Der Verlust war einfach zu groß; er hatte eine trostlose Einöde in ihrem Herzen hinterlassen, die keine noch so große Menge
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