Die Herrin der Kelten
strömte aus dem dunklen Grabhügel heraus und ergoss sich auf diejenigen, die davor standen und das Schauspiel beobachteten, so dass ein unwillkürlicher Aufruf des Staunens durch die Reihen ging. Es war ebenso sehr Beweis für Luain mac Calmas Fähigkeiten als Diplomat und Berater des Sterbenden wie auch für seine herausragenden Leistungen als Baumeister. Wenn es den Sonnenhund nach einer besonderen Auszeichnung verlangte oder nach einem einzigartigen Symbol zum Beweis seiner Aussöhnung mit den Träumern - falls diese Träumer denn ein Zeichen brauchten, das bewies, dass sie in Harmonie mit den Göttern und den Herrschern der Völker lebten -, dann waren beide Bedürfnisse hiermit befriedigt worden. Es war ein so vollkommener Heimgang, wie man ihn sich nur wünschen konnte, und keiner der Anwesenden würde das Schauspiel jemals vergessen oder es überdrüssig werden, den Augenblick all denjenigen zu schildern, die nicht von den Göttern hierher berufen worden waren. Sie standen in respektvollem Schweigen da, bis Luain mac Calma das Signal gab, die Hörner erschallen zu lassen, und sie wieder in einer langen Kolonne dorthin zurückmarschierten, von wo sie gekommen waren.
Am zweiten Tag der Beisetzungsfeierlichkeiten wurde der Tote von seiner Bahre gehoben, nach draußen getragen und auf einen Scheiterhaufen aus getrocknetem Eichenholz und Asche gelegt. Cunomar, Togodubnos’ dreijähriger Sohn, entzündete den Scheiterhaufen mit dem ausgesucht feierlichen Ernst der ganz Jungen. Die Zwischenräume zwischen den Holzscheiten waren dicht mit Stroh, Zunder und kleinen Brocken von Mineralien ausgefüllt, die Maroc aus Mona geschickt hatte, so dass die Flammen in Scharlachrot, Goldgelb und Hellgrün aufloderten und die wenigen in der Menschenmenge, die womöglich vergessen haben könnten, dass sie sich in Gegenwart einer Majestät befanden, wieder einmal daran erinnert wurden, dass sie niemals einen Herrscher wie den Sonnenhund gesehen hatten.
Am dritten Tag wurde die Asche des Verstorbenen aus der Grube unterhalb des ausgebrannten Scheiterhaufens herausgeholt, in eine Urne aus gebranntem, unbearbeitetem Ton gefüllt und wieder in das Herz des Grabhügels zurückgebracht. Alles im Inneren der Grabkammer - die Schilde, die Schwerter, die Speere, die Speisen, der Wein und die Schatullen mit Kleidungsstücken - wurde zerbrochen, zerrissen oder auf dem Boden zerstampft. Alle diese kostbaren Geschenke waren bereits in ihrer unkörperlichen Form von der scheidenden Seele des Verstorbenen über den Fluss ins Totenreich getragen worden, und daher brauchten sie in der Welt der Lebenden jetzt nicht mehr heil zu bleiben, um womöglich eine unwiderstehliche Verlockung für Grabschänder darzustellen. Die Grabkammer wurde den Tag über offen gelassen, um dann beim Aufgehen des Mondes unter Luains Kommando endgültig verschlossen zu werden. Diejenigen, die es wünschten, wurden dazu ermutigt, noch eine Weile in Gegenwart des Toten zu verbringen. Die Trennmauern zwischen den Welten waren hier und jetzt dünner als sonst und die Worte der Götter leichter zu hören.
Die ganze Zeit über fiel nur ein einziger anderer Name ebenso häufig wie der des Verstorbenen. Caradoc, Krieger dreier Stämme, hatte nicht geruht, seinem Vater die letzte Ehre zu erweisen, und seine Abwesenheit hinterließ eine größere Lücke, als seine Gegenwart hätte ausfüllen können. Bei einer Zusammenkunft von dieser Größenordnung schwirrte es nur so von Gerüchten, und sie verbreiteten sich so schnell wie Fliegen auf einem Kadaver. Einige behaupteten, Caradoc sei in Gallien, um Amminios’ dortige Güter zu stürmen, während sein Bruder der Beerdigung ihres Vaters beiwohnte. Andere behaupteten, er sei im fernen Westzipfel des Landes, um ein Bündnis mit den Dumonii zu schmieden, die die Zinnminen kontrollierten, und sie dazu zu überreden, ihren Handel mit Rom einzustellen. Wieder anderen Gerüchten zufolge war er in Irland, der riesigen Insel jenseits der Nebelschwaden am westlichen Rand der Welt, und rekrutierte Krieger, um gen Osten zu segeln und seine beiden Brüder zum Kampf herauszufordern. Und es kursierte auch ein Gerücht, demzufolge er in den wilden Ländern des Nordens war, um wieder um Cartimandua von den Brigantern zu werben, die mehr Krieger auf sich vereidigt hatte als jeder Mann, und zwar einschließlich des einen, der kürzlich verstorben war.
Dieses letzte Gerücht war wahr und zugleich nachweisbar falsch: Cartimandua hatte tatsächlich
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