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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Schärfe. »Wir sagen unseren Verbündeten nur nicht alles. Aber wenn wir es ihnen sagen würden, wären sie einverstanden.«
    »Also warum tun wir es dann nicht einfach?«
    Zum dritten Mal verdrehte Desiderius bei dieser Frage die Augen. »Kriechen wir jetzt zu ihnen, mit der Bitte um Hilfe, wirken wir wie Versager. Sagen wir es ihnen erst, wenn der Plan aufgegangen ist, sehen sie, dass wir die Krise im Griff hatten und dass sie uns dankbar sein sollten.«
    Gratian seufzte und vertiefte sich neuerlich in die Brecher, die gegen die Klippen schlugen. Der Sturm zerrte immer heftiger an ihren Gewändern, und Desiderius fühlte sich nun sicherer mit einem Halt an den Zinnen. Plötzlich rief eine Stimme hinter ihm: »Früher hat man von hier Verbrecher hinabgestürzt.«
    Die beiden Geistlichen fuhren derart schnell herum, dass sie fast strauchelten.
    »Durchlaucht!«, schrie Desiderius gegen den pfeifenden Wind an und verbeugte sich. Constanza von Atri stand in gewohntem Schwarz vor ihnen. Ihre langen Schleier verhüllten das Gesicht, aber immer wieder riss eine Böe sie in die Höhe und legte für die Dauer eines Lidschlags das Antlitz der grausigen Seuche frei.
    »Da ich Traditionen liebe«, redete sie ohne ein Begrüßungswort weiter, »habe ich diese Form der Bestrafung selber einmal angewandt. Irgendwo da unten liegen die Gebeine meiner lieben Neffen. Aber«, fügte sie mit seltsamem Tonfall hinzu, »es müssen ja nicht die Letzten bleiben. Sie freuen sich über Gesellschaft.«
    Gratian hätte sich kein schlimmeres Hexengelächter vorstellen können, als es nun über Himmel und See schallte. Ebenso rasch, wie es aus dem Schlund der Hölle gekommen zu sein schien, verklang es auch wieder.
    »Wein gefällig?«, fragte sie.
    Sie schnippte eine ebenso verhüllte Dienerin herbei, die drei gefüllte Kelche verteilte. Doch weder Gratian noch Desiderius wagten, daraus zu trinken. Es war gespenstisch.
    »Wollen wir nicht hineingehen?«, fragte Desiderius.
    »Ihr mögt den Wind nicht? Oder die Tiefe?«
    »Das Wasser«, erklärte er freimütig.
    »Dann werdet Ihr darin umkommen«, prophezeite sie und schien sein erschrecktes Gesicht zu genießen. »Menschen wie wir, Desiderius, kommen immer durch das um, was wir hassen. Ich hasste von jeher die Hässlichkeit, und nun seht her.« Sie lüftete den Schleier, und wie unter einem Schlag schlossen Gratian und Desiderius die Augen. »Haha«, lachte Constanza bitter und qualvoll. »Ja, es ist schwer, den Anblick der Schönheit zu ertragen.«
    Sie nahm einen großen Schluck aus dem Kelch. »Und nun sagt mir, was Euch den Mut gegeben hat, vor mir zu erscheinen,
ehrwürdiger
Bischof
.« Sie sprach den Titel mit aller Verachtung an, die ihr zur Verfügung stand, und die war reichlich bemessen.
    Desiderius räusperte sich. »Nun, Durchlaucht, Euer Sohn wird im Thronstreit verlieren. Berengar wird gekrönt werden, wenn nicht in diesem Jahr, so im nächsten oder übernächsten. Und dann – verzeiht, wenn ich so offen spreche – gebe ich keinen Silberling mehr für Herrschaft und Leben Alberics I. von Spoleto. Daher brauche ich Eure ganz spezielle Unterstützung.«
    Constanza von Atri sah mit undurchdringlichem Blick über ihren Kelch hinweg. »Um mir das zu sagen, seid Ihr gekommen? Ich soll meinen Sohn retten? Jede Schmutzarbeit habe ich für ihn getan, ihm den Thron verschafft, doch wie hat er es mir gedankt! Er hat mich zehn Jahre lang gemieden. Wisst Ihr, wie viele Tage und Nächte das sind? Und dann hat er«– sie machte einen Schritt auf die beiden Geistlichen zu, diese wiederum wichen einen Schritt zurück, so dass sie nun mit dem Rücken am Abgrund standen –, »dann hat er es gewagt, mich aus meinem Palast zu werfen, nur, weil dieses anmaßende Weib ihn dazu überredet hat. Zur Hölle soll er fahren und dieses ganze Land mit ihm.«
    Sie drehte sich abrupt um und begann, gestützt auf die Dienerin, davonzugehen.
    Desiderius formte einen stummen Fluch auf seinen Lippen. So ein prächtiger Plan, mit List und Geschick entworfen, und nun sollte er scheitern, weil diese Frau . . . Er blickte in das blasse Gelb des Sonnenaufgangs, wo die Strahlen schräg auf die Wolken am Horizont trafen und sie zum Leuchten brachten. Ein paar kleine Fischerkähne – eher Flöße als Boote – trotzten dem Seegang und schaukelten auf den Wellen auf und ab, umkreist von schreienden Vogelschwärmen. Doch Desiderius blickte durch den Zauber hindurch. Eine Möglichkeit, fiel ihm ein, gab es noch. Wie wäre

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