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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Emir Abbud Ibn-Abbad meinte dieser: »Ja, unsere Vorfahren haben sich dabei etwas gedacht. Es waren schlaue, sehr schlaue Menschen.«
    Der Emir sprach ein von seltsam fauchenden Lauten durchsetztes Lateinisch, aber Agipert hörte dennoch die Spitze heraus. Denn die Christen hatten nie das Potential des Terrains derart erkannt wie die Sarazenen.
    »Aber heute sind wir ein friedliches, ein sehr friedliches Volk«, betonte der Emir mit einem breiten, süßlichen Lächeln, das nicht einmal der voluminöse Bart verdecken konnte. »Keine Kriege mehr. Kriege bringen nur viel, sehr viel Tod und fast überhaupt kein Geld.«
    »Ich kenne einen Bischof« erwiderte Agipert, »der würde Euch jetzt eine Stelle aus der Bibel zitieren, in der es um Versuchung geht, um einen Apfel und eine Schlange. Aber solche Geschichten sind nicht meine Stärke, darum drücke ich es mit meinen Worten aus: Alles hat seinen Preis.«
    Ein starker Wind wirbelte den Staub in der Festung auf und ließ kleine Sandtrichter umhertanzen. Für einen Moment verschwanden die Palisaden hinter einem gelblichen Schleier, und jeder, der herumlief, eilte zu einem Unterstand. Nur Agipert und seinen Gesprächspartner schien der Sand nicht zu stören. Der Emir kniff die Augen zusammen, bis sie nur noch kleine Schlitze waren.
    »Mancher Preis«, sagte er, »ist für manchen Mann viel, sehr viel zu hoch.«
    Dass diese Ungläubigen immer um den heißen Brei reden musste, fluchte Agipert innerlich. »Vierzigtausend Silberlinge«, kürzte er ab, aber es wirkte eher, als spie er die Summe vor die Füße des Emirs.
    Dieser lächelte wieder genüsslich und machte mit dem Arm eine einladende Geste zum größten und prächtigsten aller Zelte.
    »Kennt Ihr Tee?«

    Mit einem lauten Knall fiel der schwere Tonkrug von Marocias Anrichte zu Boden und zerbrach in tausend Splitter. Das Wasser spritzte in alle Richtungen und benetzte ihre nackten Füße. Gleich darauf trat Marocia einen Bodenkrug um, doch das bauchige Tongefäß hielt stand, kippte lediglich um und rollte gemächlich durch das nächtliche, nur von einer Fackel beleuchtete Gemach. Marocia zerrte ihre Schlafdecke vom Bett, schleuderte das Kissen quer durch den Raum, wo es eine Reihe von Kerzen umwarf, und boxte ihre Fäuste immer wieder in die mit Tierfellen gepolsterte Matratze. Schließlich sackte sie erschöpft auf dem Bett zusammen, legte sich auf die Seite und winkelte die Knie an. Ihre Hände bedeckten das gerötete Gesicht.
    Damiane ließ eine Weile ihren Blick auf der Frau ruhen, die sie schon in vielen Gemütslagen erlebt hatte, in Kampfeslust, Entschiedenheit, Geschicklichkeit, Trauer und Angst. Immer war sie dabei beherrscht geblieben, noch in der Erregung kalkulierend. Das, was Damiane soeben erlebt hatte, hatte nichts mehr damit zu tun. »Ich habe Eure Mutter nie kennen gelernt«, wisperte sie. »Aber nach allem, was ich über sie gehört habe, stelle ich sie mir so vor wie bei diesem Ausbruch. Was wohl Eure alte Amme dazu sagen würde?«
    Als Marocia erstaunt aufsah, behob Damiane bereits die ersten Schäden. Sie sah ihr eine Weile beim Einsammeln der Scherben zu. Die Worte der Freundin hallten in ihr nach. Sie richtete sich auf, wischte die Tränen von den Wangen, glättete ihr Nachtkleid, aber das alles tat sie, fast ohne es zu bemerken. Ihr Gesicht gewann die gewohnte Würde zurück, nur ab und an glitt ein Zug des Erschreckens darüber. Ihre Mutter! Was hatte Pater Bernard ihr zum Abschied gesagt? Niemals, niemals durfte sie werden wie Theodora. War sie auf dem besten Weg dorthin?
    Damiane war seit dem Gespräch mit Gratian im Burghof darauf vorbereitet, dass etwas wie das hier passieren würde. Sie hob die Decke vom Boden auf, legte sie Marocia um die Schultern, setzte sich neben ihre Herrin und schwieg.
    »Die Sarazenen«, begann Marocia mit leiser Stimme. »Sie haben ohne Vorwarnung ihr Bündnis mit Lando aufgekündigt, sind anschließend plündernd und mordend durch das Fürstentum Capua gezogen und gestern in den Süden Spoletos eingefallen.«
    »Besteht . . .« Damiane schluckte. Das Wort
mordend
haftete sich in ihr fest und verband sich mit dem Gesicht und der Wärme Gratians.
    »Besteht Gefahr für unser Herzogtum?«, brachte sie mühsam über die Lippen.
    Marocia zuckte mit den Schultern. »Wir haben ein gut ausgerüstetes und zahlenmäßig starkes Heer. Schon die Hälfte unserer Streitmacht würde genügen, die Sarazenen zurückzutreiben. Aber Agipert hat Alberic von der Notwendigkeit

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