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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Frankenherrscher dachte, so fasziniert war sie von ihm. Karl hatte leichtes Spiel mit ihr gehabt. Aber heute regierte neben dem fügsamen, frommen Kaiser Konstantin VII. noch sein Schwiegervater Romanos I. Lekapenos in Byzanz, und dieser war alles andere als zugänglich.
    Marocia schüttelte sacht den Kopf. »Hugo, ganz im Ernst, der Kaiser wird dir diese Erlaubnis
nie
geben. Warum sollte er auch?«
    Hugo zuckte mit den Schultern. »Wir müssten ihm natürlich die süditalienischen Fürstentümer übertragen, also Salerno und Apulien.«
    Marocia kannte diesen gleichgültigen Tonfall ihres Gemahls, wenn es darum ging, Preise zu bezahlen. Er konnte so bewusst und so leicht etwas aufgeben, um etwas anderes zu erhalten, eine Eigenschaft, die sie nie besessen hatte und die sie auch nicht schätzte. Wie beschützt würde sich das übrige Land und Volk noch vorkommen, wenn der König leichtherzig Provinzen aufgab, um einen Titel zu erlangen? »Weißt du«, begann sie einen letzten Versuch, »dass Desiderius es war, der Johannes die Verschwörung eingeredet hat, wahrscheinlich nur mit dem Ziel, sie an mich verraten zu können, anschließend zu dir zu gehen und . . .«
    Hugo winkte ab. »Schmutzige Wäsche von gestern, Marocia. Er ist eben ein raffinierter Bursche, und du wirst ihn im Auge behalten müssen, sobald er Papst ist. Aber das machst du doch gern, nicht umsonst nennen die Römer dich die Herrin der Päpste.«
    Marocia überlegte einen Moment. »Kardinal«, rief sie dem abseits stehenden Geistlichen zu. »Ihr hetzt Johannes auf mich, mich auf Johannes, Hugo auf mich und so weiter. Habt Ihr das Geheimnis entdeckt, wie man jeden an jedermann verraten kann?«
    Desiderius verbeugte sich leicht. »Das ist Politik, Euer Gnaden. Ich dachte, Ihr versteht das am besten.«
    »Was das Pontifikat angeht . . .« Marocia wandte sich wieder ihrem Gemahl zu, der noch immer am Beckenrand kniete »Die Kurie hat bereits einen mir genehmen Nachfolger für Johannes gewählt: Stephan VII.« Eine der wenigen Methoden, die Marocia von ihrer Mutter übernommen hatte, war die Einmischung in die Wahl eines Papstes. Der Stuhl Petri war zu wichtig, um seine Besetzung einem Zufall zu überlassen. Wenn sie nicht Einfluss nehmen würde, täten es andere, vor allem das Imperium. Ohne Zögern hatte sie daher dafür gesorgt, dass ein greiser und weiser Mann, ein harmloser Theologe, den Petrusstab zugesprochen bekam. Stephan VII. kümmerte sich um geistliche Belange und den Bau von Kirchen – Marocia um den Rest. So sollte es bleiben.
    Hugo runzelte die Stirn. »Dann setz diesen Stephan eben ab. Darin hast du doch mittlerweile Übung.«
    Marocia kannte diesen fordernden Tonfall Hugos, und er reizte sie jedes Mal zum Widerspruch. Diesmal jedoch ging sie ihren Widerspruch weniger offensichtlich an. »Ich habe einen ganz und gar prächtigen Einfall, wie wir alle zufrieden sein können, Liebster. Desiderius wird von uns als Gesandter nach Byzanz geschickt, und falls er Erfolg hat, garantieren wir ihm, Nachfolger Stephans zu werden. Ich finde, damit wird seine Motivation, dir zum Kaisertitel zu verhelfen, noch vergrößert.«
    »Fürwahr«, rief Hugo aus. »Dass ich nicht selbst darauf gekommen bin. Du hast es gehört, Mönch.« Das Handtuch abstreifend, hechtete Hugo erneut zu Marocia ins Wasser, wo sie beide noch eine Weile herumalberten.
    Unterdessen zog sich Desiderius aus dem Bad zurück. »Ich werde Papst«, hauchte er vor sich hin. »Und dann werden andere Zeiten in dieser Stadt anbrechen.«

30
    Der Winter des Jahres 929 war kurz und mild, und ihm folgte ein Frühjahr, wie es prächtiger nicht sein konnte. Die Maiglöckchen blühten bereits in der ersten Märzhälfte, die Rosen knospten auf, und die lombardische Ebene rund um Pavia war übersät mit wilden, bunten Blumen. An der Stelle, wo Po und Ticino zusammenströmten und sonst Felder und Wälder für mehrere Wochen unter Wasser setzten, breitete sich in diesem März ein scheinbar unendlicher Teppich aus saftig grünen Gräsern und gelben Primeln aus. Enten und Schwäne besiedelten zu Hunderten die Ufer, Dachse kamen aus ihren Bauen hervor, und das Rotwild graste so zahlreich auf den Lichtungen wie noch nie. Hugo entschied, dass die höfische Falkenjagd schon jetzt beginnen solle, und eröffnete die Saison selbst.
    Auf einer Höhe, von der aus man die beste Sicht über die Ebene hatte, gab er das Zeichen, und sofort schwärmten die Rutenschläger in alle Richtungen aus, um Tiere aufzuschrecken.

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