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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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wie Suidger allerdings ihre machtpolitischen Fähigkeiten. Er kannte niemanden – auch keinen Mann –, der es so meisterhaft wie sie vermochte, die Fäden derart zu ziehen, dass die richtige Bewegung daraus entstand. Da er bereits ein wenig in ihrer Jugend geforscht hatte, wusste er, dass diese Begabung in Wahrheit das Ergebnis einer harten, oftmals auch unfreiwilligen Schule war.
    Suidger lud Marocia mit einer Handbewegung zu einem gemächlichen Spaziergang aus der Kapelle in das Hauptschiff der Laterankirche ein. Ihre hallenden Schritte und das Rascheln der Gewänder blieben einige Atemzüge lang die einzigen Geräusche in dem machtvollen Gotteshaus.
    »Ich glaube«, sagte Suidger, auf Marocias Frage bezogen, »Ihr spielt auf den Prinzeps an. Da ist Kummer allerdings das falsche Wort, denn wie Ihr wisst . . .«
    ». . . gibt Alberic keinen Silberling auf Crescentius.«
    Suidger faltete die Hände auf seinem dicken Bauch und schmunzelte. »Tja, so kann man sagen. Aber wenn sein Halbbruder prasst, hurt, Geld verspielt, sich in üblen Schänken herumtreibt und jede Woche aufs Neue die Gesetze der Ewigen Stadt verletzt, ist das immerhin der Beobachtung wert.«
    »Alberic fürchtet also, Crescentius könnte sich eines Tages, wenn er etwas älter ist, in politische Belange einmischen?«
    »Das wohl nicht.«
    Marocia lächelte wissend. »Genau das sollte er aber fürchten. Und Ihr als sein Berater ebenfalls, ehrwürdiger
primicerius

    Marocia ging auf den Altar der Laterankirche zu. Er war mit Szenen aus dem Leben des Heiligen Petrus verziert, und Marocia legte ihre Hand auf die breite, schwere Platte, die den oberen Abschluss bildete. »Vor vierundvierzig Jahren – ich war sechzehn Jahre alt – kniete ich das erste und einzige Mal vor diesem Altar. Es war später Abend, und ich hatte ein paar schreckliche Stunden hinter mir. Hier, an dieser Stelle, schwor ich mir, unabhängig zu werden, und seither hat mich dieses Verlangen nach Macht nie mehr verlassen. Mal ist es stärker und mal schwächer, aber es ist immer da. Meine Kinder – zumindest meine Söhne – haben dieses Verlangen ebenso. Clemens, der gerade wegen seiner Schwäche stärker als Alberic sein wollte; Alberic, der sogar seine Mutter einsperrte, um die Macht für sich allein zu haben. Es wäre naiv zu glauben, Crescentius sei anders.«
    Suidger amüsierte sich ein wenig über die Art, wie diese Mutter über ihre Kinder sprach. Er hörte ebenso nüchterne Objektivität wie Besorgnis und sogar ein wenig Stolz heraus, wenn sie die vergangenen und künftigen Ansprüche ihrer drei kleinen machthungrigen Ungeheuer beschrieb. Bei allem Amüsement darüber entdeckte er allerdings viel Wahres in ihren Worten, und er nahm die Warnung ernst.
    »Sei es, wie Ihr sagt«, stimmte er zu und nahm mit seiner Begleiterin den Spaziergang durch das Gotteshaus wieder auf. »Aber warum beschleicht mich das Gefühl, dass Ihr mit mir noch über etwas anderes als Crescentius sprechen wollt?«
    Marocia gestattete sich ein Achselzucken. »Weil es sich genau so verhält, ehrwürdiger Suidger. So traurig Aldas Tod auch ist, das Ableben ihres Bruders Lothar schafft aus politischer Sicht weitaus größere Probleme. Er ist gestorben, ohne einen Sohn zu hinterlassen, und wie wir wissen, bringt eine solche Vakanz im System immer nur den Bodensatz der Gesellschaft nach oben.«
    »Berengar von Ivrea.«
    Marocia nickte. »Als ich ihn damals gegen Hugo in Stellung brachte, war mir klar, dass er irgendwann zu einem Problem würde – wenn Gott ihn in weisem Ratschluss nicht vorher abberiefe«, fügte sie ironisch hinzu.
    Suidger nahm die Hand von seinem Bauch und hob scheltend den Finger. »Ich muss doch sehr bitten . . .«
    Marocia schmunzelte ihn an. »Verzeihung, ehrwürdiger
primicerius
. Jedenfalls ist er nun zum Problem geworden, denn er erhebt als Enkel eines früheren Königs Anspruch auf den Thron.«
    »Die Landesfürsten sind sich uneinig in dieser Frage«, warf Suidger ein. »Berengars Argumente sind schwach.«
    »Zum Glück. Zeit genug für uns, einen anderen Kandidaten in Position zu bringen.«
    Sie waren an der schweren Pforte der Laterankirche angekommen, und Suidger zog sie mit einem kräftigen Ruck seiner Pranke auf. Die kühle Januarluft schlug ihnen entgegen. Ringsum breitete sich Rom wie ein riesiger grauer Teppich aus, bei dem die Monumente das eigenwillige Dekor bildeten. Von Osten kommend trug der Wind das Geläute der
Sancta Crux in Jerusallemis
herauf, Aldas

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