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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Lieblingskirche, in der sie in wenigen Stunden bestattet würde. Seite an Seite, eine Prozession für sich, machten Marocia und der
primicerius
sich auf den Weg.
    Sie schwiegen beide, denn die Glocken der
Sancta Crux
verbaten jede Unterhaltung. Als wollte er verhindern, dass sein Kugelbauch den lateranischen Hügel hinunterrolle, hielt Suidger ihn mit beiden Händen umklammert. Ab und an warf er einen kurzen Blick auf Marocia, um zu erforschen, was die Senatrix dachte, doch ihre Miene gab keinen Aufschluss darüber, ob sie in diesem Moment im Gedenken an Alda trauerte oder nur an ihren Sohn Alberic dachte, ob sie die Vergangenheit an sich vorüberziehen ließ oder im Gegenteil Strategien für die Zukunft ersann. Vielleicht, fiel ihm ein, schaffte sie es, alles das auf einmal in sich zu bewältigen.
    Von weitem sahen sie Alberics Kutsche vor der
Sancta Crux
vorfahren und den gebeugten Prinzeps gemeinsam mit seinem zwölfjährigen Sohn Octavian und der neun Jahre alten Tochter Paulina in die Kirche gehen. Kurz bevor sie selbst an der
Sancta Crux
ankamen, verstummten die Glocken. Suidger blieb stehen. »Wen meintet Ihr in Eurer letzten Bemerkung mit uns, als Ihr von einem Vorgehen gegen Berengar spracht? Alberic?«
    Als sie antwortete, war ihre Stimme härter und sachlicher als vorhin, es war eine politische Stimme, keine mütterliche. »Da Alberic ein vollständig auf Rom bezogener Monomane ist und er zudem noch trauern wird, bis der letzte Mond über dem Jahrhundert versunken ist, wird er sich in die Thronfolge Italiens kaum einmischen. So ist es also an Euch, ehrwürdiger Suidger, und an mir, die Figuren zu ziehen. Und zwar unsichtbar.«
    Suidger schmunzelte. »Fordert Ihr mich auf, meinen Fürsten zu hintergehen, edle Senatrix?«
    Marocia zog die Augenbrauen in die Höhe und blickte den
primicerius
ernst und würdevoll an. »Ihr stammt aus dem lothringischen Selz, und Ihr seid Geistlicher. Daher habt Ihr nur zwei Fürsten, mein Guter, und das sind der deutsche König Otto und Gott. Sehen wir also zu, dass Ihr
beide
zufrieden stellt.«
    Erneut mahnten die schweren Glocken der altehrwürdigen Kirche zur Andacht und hüllten die auflaufende Trauergemeinde mit ihren Klängen ein. Langsam, aber festen Schrittes ging Marocia voran und verschwand im Dunkel hinter der Pforte.

    Eine der Stundenkerzen auf Marocias Schreibtisch zeigte ihr an, dass es über ihrer Korrespondenz drei Uhr in der Nacht geworden war. Sie hatte in der Zeit seit Einbruch der Dunkelheit keine Müdigkeit verspürt, und auch jetzt war ihr Druck auf dem Siegelwachs des letzten Briefes noch kraftvoll. Deutlich zeichneten sich die roten Konturen des Erzengels Michael ab, der das Schwert in die Scheide steckt, Sinnbild des Kastells und Wahrzeichen von Marocias Einfluss. Gleich daneben siegelte sie noch mit dem offiziellen S. P. Q. R. – der Senat und das Volk von Rom –, das alle römischen Senatoren seit dem fünften Jahrhundert vor Christi Geburt als Authentizitätsmerkmal benutzten.
    Während sie mit geübten Fingern die dünne Wollschnur an dem Pergament befestigte und dieses kostbare Papier sorgfältig zusammenrollte, blies sie einige der Öllampen aus, deren feinen Duft nach Rosen sie liebte. Sie hatte diese Neuerung erst kürzlich auf dem Forum von einem arabischen Händler erworben und von ihm gehört, dass viele Römer Gefallen an der billigen Beleuchtung gefunden hatten. Die Märkte blühten und mit ihnen die ganze Stadt, aber auf Dauer reichte das nicht. Rom und ganz Nord- und Mittelitalien benötigten eine Schutzmacht, um gegen ein zunehmend aggressives Byzantinisches Imperium bestehen zu können, das den Einfluss über die Halbinsel mit aller Macht verteidigen wollte.
    Zufrieden blickte sie auf die Schriftrollen, die wie Delikatessen einer Tafel aneinander gereiht waren, und sie gönnte sich einen Schluck von dem mit Wasser vermischten Wein.
    »Auf die Macht des Wortes«, schallte ein Trinkspruch von der Tür her.
    Marocia fuhr herum. Crescentius. »Wie bist du an den Wachen vorbeigekommen?«
    »Ich habe kühn behauptet, ich sei Euer Sohn. Und die Dummköpfe haben mir geglaubt. Habe ich Euch erschreckt?«
    »Ja, aber dein Humor macht es wieder wett. Und dein hübsches Gesicht.«
    »Ein Kompliment? Ihr überrascht mich.«
    »Und mich überrascht, dass du mit mir sprichst. Hätte Blanca sich nicht dafür verbürgt, dass du noch eine Zunge besitzt – ich wäre nie darauf gekommen.«
    Crescentius grinste. Er sah wirklich verwegen aus, aber es

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