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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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vertraut, die Geräusche, die Farben – bis zu diesem Abend.
    Plötzlich war ihr das Gemach fremd. Aus den Kesseln zweier Novizen, die in Ecken standen, quoll Weihrauchqualm in dichten Schleiern. Vier weitere Mönche in langen braunen Kutten umlagerten das Bett, in dem Marocia und Sergius so häufig lauschige Stunden verbracht hatten, und das helle Licht ihrer Fackeln schillerte vom weißen, mit Goldfäden verzierten Gewand des Papstes zurück. Sergius starrte an die mit bunten Mosaiken verzierte Decke. Ein Priester an seiner Seite murmelte eine Litanei. Als Marocia sich neben das Bett auf einen Hocker setzte und Sergius über die Haare strich, wurde er leiser und trat einen Schritt zurück.
    »Habe ich dir schon erzählt«, fragte Sergius versonnen, »welche Geschichte aus dem Alten Testament ich nie geglaubt habe?«
    Marocia schüttelte sacht den Kopf. »Nein, welche?«
    »Diese da!« Sein Finger zeigte zur Decke hin, auf die Darstellung eines Riesen, der einen halb nackten Mann bedrohte. »David gegen Goliath. Die Kleinen gewinnen nicht gegen die Großen.«
    »Vielleicht nicht beim ersten Versuch, aber . . .«
    Seine mahnend erhobene Hand unterbrach sie. »Nicht, Marocia.« Er sah sie an mit der ganzen Trauer, die ein Mensch ausdrücken kann. »Ich habe meine Sache schlecht gemacht, nicht wahr?«
    »Sie ist noch nicht vorbei.«
    »Doch, das ist sie. Nur eines bleibt mir noch zu tun.« Er machte eine kurze Pause, dann sagte er: »Ich habe einen Ehemann für dich gefunden.«
    »Du hast . . . was?«, rief sie und bemerkte, wie ein abseits stehender Medicus ihr mit einem Handzeichen zu verstehen gab, leiser zu sprechen. Sie nickte.
    »Seit ich vor einigen Wochen spürte, dass unser Widerstand«– er korrigierte sich –»mein Widerstand erfolglos sein würde, habe ich für dich einen Platz gesucht, an dem du sicher bist. Hier bist du es nicht länger, das steht fest. Schließlich ist es Desiderius nach einigen Verhandlungen gelungen, eine vorteilhafte Ehe für dich zu stiften.«
    »Desiderius hat mir einen«– sie milderte ihre Stimme –»Mann gesucht?«
    »Nicht ganz«, stellte Sergius richtig. »Ausgesucht habe ich ihn, aber Desiderius hat brieflich die äußerst mühevollen Verhandlungen geführt. Du darfst nicht vergessen, dass Clemens ein uneheliches Kind ist, und deine bisherige Beziehung zu mir ist auch nicht gerade eheförderlich. Aber schließlich hat Alberic eingelenkt.«
    Marocia schreckte auf. Alberic. Der Herzog von Spoleto. Sie war dem ältlichen Mann auf dem Weihnachtsbankett im Jahre 908 kurz vorgestellt worden und erinnerte sich, ihn kühl und nichts sagend gefunden zu haben.
    Mit einem Mal verstand Marocia, warum Spoleto das Patrimonium unterstützte. Was allerdings Alberic von dieser Verbindung hatte, war ihr nicht klar.
    Er legte seine Hand auf ihre. »Er ist zwar nicht das, was du dir erhoffst, aber du wärst vorerst in Sicherheit, und mehr kannst du in diesen Tagen kaum erwarten. Ich habe Desiderius zum Bischof von Chieti gemacht, das liegt im Herzogtum Spoleto. So hast du dort wenigstens einen, dem du vertrauen kannst.«
    »Ich will nicht weg. Ich bleibe bei dir«, sagte sie und fühlte sich dabei wieder wie ein kleines Mädchen.
    Er lächelte kurz, aber die Schmerzen dabei waren ihm anzusehen. »Du glaubst gar nicht, wie schön es ist, das aus deinem Mund zu hören, Liebste. Doch dort, wo ich hingehe, erwartet man dich noch nicht.«
    Tränen rannen über ihre Wangen zum Kinn und tropften auf sein Gewand. Als er sie weinen sah, ging ein kurzes Strahlen über seine Augen. Dann zuckte sein Körper wie unter einem Stich. »Bitte geht!«, rief er den Umstehenden zu, so laut es ihm möglich war. »Alle!«
    Dunkelheit und Stille breiteten sich aus, nur eine Fackel leuchtete und knisterte über dem Bett. Die gewohnten Düfte stellten sich wieder ein, und alles schien so friedlich, wie es von jeher gewesen war.
    »So«, flüsterte Sergius. »Das ist sie also, die Stunde des Abschieds. Um . . . ehrlich zu sein, habe ich sie mir immer so vorgestellt, mit dir an meiner Seite . . . und wissend, dass es dir gut geht.«
    In diesem Moment ging die Türe auf. Damiane schlüpfte herein, mit Clemens auf dem Arm. Sie übergab ihn Marocia und huschte so leise, wie sie gekommen war, wieder hinaus.
    »Der Kleine«, flüsterte Sergius, »wird dir keinen Kummer machen.« Sergius machte eine Pause, in der er das Gesicht seines Sohnes ein letztes Mal betrachtete. »Vielleicht«, flüsterte er, »wird Clemens eines

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