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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Augenbrauen des Botschafters zuckten erstaunt in die Höhe.
    »Jedoch«, fuhr Sergius unbeirrt fort, »Italien hat bereits einen König. Louis.«
    »Der völlig regierungsunfähig ist«, erinnerte der Botschafter.
    Sergius schwieg dazu. Er suchte sichtlich nach einer geeigneten Erwiderung.
    Da ging Marocia dazwischen. »Woran der Mann schuld ist, den ihr nun zum König machen wollt.«
    Der Botschafter tat, als hätte er diesen Einwurf nicht gehört, und vermied auch, dessen Urheberin anzublicken. Sie war ebenso Luft für ihn wie Louis. »Er kann nicht einmal ein Siegel unter ein Schriftstück setzen, ohne danebenzustempeln, Heiligkeit. Er ist auf niedere Beamte angewiesen, die ihm jeden Text vorlesen müssen, jede Bilanz seiner Staatskasse. Bedenkt, welcher Missbrauch da möglich ist, wie viel Betrug! Außerdem besitzt er seit dem Verlust der Lombardei keinen Fußbreit Land mehr auf italienischem Boden. Sein Name steht nur noch auf dem Papier, und neuerdings nicht einmal mehr das.«
    »Schön und gut«, sagte Sergius, der seine Sprache wieder gefunden hatte. »Dennoch ist er König, gesalbt vom Stellvertreter Christi. Nur Gott selbst kann ihn von seinem Amt abbefehlen. Ich kann da nichts tun.«
    »O doch, Heiligkeit«, grinste der Botschafter. »Ihr könnt etwas tun.«
    »Ich sagte doch, Berengar kann erst König werden, wenn . . .«
    »Stellt ihn vor Gericht!«, platzte der kleine Mann dazwischen.
    »Wen, Louis?«
    »Nicht doch! Benedikt IV., den Papst, der Louis gekrönt hat. Grabt ihn aus, verurteilt ihn wegen irgendetwas, und erklärt seine Amtshandlungen für ungültig.«
    »Nein!«, schrie Marocia und sprang von ihrem Stuhl auf. Alle Bilder der Leichensynode kamen ihr wieder in Erinnerung, das Skelett, der Schädel, der unheimlich zu grinsen schien, die zerzausten grauen Haare. Nicht noch einmal, schoss es ihr durch den Kopf. »Nicht noch einmal!«, schrie sie. »Sergius, das darfst du nicht zulassen. Und Ihr, Byzantiner, was geht Euch der italienische Thron an? Ich frage Euch: Was hat es Euch zu kümmern, ob ein Stempel
unseres
Königs richtig gesetzt ist, ob
unsere
Staatskasse korrekt geführt wird?«
    Der Botschafter verweigerte Marocia noch immer den Blickkontakt. Gelassen übersah er sie und fragte den Papst: »Darf ich erfahren, wer die impertinente Person ist, von der ich mich beschimpfen lassen muss, Heiliger Vater?«
    Sergius suchte noch verzweifelt nach einer geschickten Antwort, als Marocia ihm die Arbeit neuerlich auf ihre Weise abnahm.
    »Die Heilige Mutter!«, schrie sie in ihrer Erregung.
    Endlich sah der Botschafter sie mit stockendem Atem an. »Das ist . . . eine
unverschämte . . .
Blasphemie.«
    Nach diesem Eklat wäre es unmöglich gewesen, am selben Tag weiter zu verhandeln. Sergius beendete die Audienz für den Augenblick und entließ den Gesandten. Desiderius, der die ganze Zeit über steif wie ein Stock im Hintergrund gestanden hatte, führte den Byzantiner zurück ins Innere des Lateran.
    Sergius räusperte sich, schwieg. Die Stille wurde hörbar. Eine Wolke schob sich vor die Sonne, warf ihren Schatten, gab die Strahlen wieder frei. Das Geklapper der abfahrenden Kutsche des Botschafters drang herauf, entfernte sich. Ein Sperling hüpfte auf der Suche nach Brotkrumen um den Tisch herum und zwitscherte aufgeregt. Marocia gab ihm, was er wollte, und sah zu, wie er davonflog. Weitere Momente vergingen. Marocia presste schuldbewusst die Lippen zusammen und legte ihre Hand auf die seine. »Es tut mit Leid. Ich bin zu weit gegangen.«
    »Ja, das bist du.« Sein Ton klang ungewöhnlich scharf, bewirkte jedoch das Gegenteil von dem, was er beabsichtigte. Schon bedauerte Marocia ihre Entschuldigung.
    »In der Sache jedoch hatte ich Recht«, gab sie zurück. »Du wirst für ein perfides Machtspiel missbraucht, Sergius. Und das tut mir weh.«
    Er stand abrupt auf und wandte sich ab. »Oh, bitte lass das doch.«
    »Was? Was soll ich lassen?«
    »Diese Falschheit.«
    Sie stand auf und umarmte ihn von hinten. »Aber Sergius. Das sagst du nur in der Aufregung. Du weißt, dass ich nie . . .«
    Er machte sich von ihr frei. »Nein, das weiß ich nicht. Du kommst mir schon wie deine Mutter vor. Und ich bin wohl dein kleiner Johannes, wie?«
    »Du bist der Vater meines Kindes!«, rief sie.
    »Ist das so?«
    Marocia konnte sich vor Schreck nicht mehr von der Stelle rühren. Sergius ging zu einem entfernt liegenden Punkt der Terrasse, doch sie vermochte ihm weder mit ihren Füßen noch ihren Blicken zu

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