Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
Vom Netzwerk:
beider Atem im vollkommenen Einklang ging.
    Die Wände der Halle wie auch die anderen Tanzenden verblassten, bis nur noch er und ich blieben. Die Musik hüllte uns ein, und meine Füße schwebten. John kniete sich hin, dass ich ihn langsam umkreisen konnte, meine Hand lag in seiner, seine Augen ruhten auf mir. Ich drehte mich um, beschrieb einen Kreis zurück um ihn und war gefangen in der Erinnerung an unsere Jugend, unsere Zeit der Rosen und der Hoffnung. In meinem Herzen wurde die Vergangenheit lebendig, und wieder spürte ich die innigen Küsse, die Zartheit der Kinder, die ich gebar, die süßen Momente mit meinem Gemahl, der meine Wonne auf Erden war.
    Die Musik wurde schneller, und in Gedanken galoppierte ich mit John über das Moor und kehrte in die Burg zurück, in der es nach Zimtlaiben duftete. Ich lachte in den Umarmungen derer, die wir geliebt hatten, die lange tot waren, deren Strahlen ich jedoch nie vergessen würde. John richtete sich wieder auf, und ich stand still und sah ihm zu, wie er im Kreis um mich herumtanzte. Wir bewegten uns zwei Schritte vor, einen zurück … Ich entsann mich der Zeit, die ich ungeduldig und sehnsüchtig gewartet hatte … der Zeit von Liebe und Schmerz in Bamburgh und der Zeit der Vergebung …
    Wir tanzten Hand in Hand, von Angesicht zu Angesicht, in ruhiger, vollkommener Harmonie, erst in die eine, dann in die andere Richtung, zwei Hälften eines Kreises, der sich unendlich drehte. Die Melodie füllte alles um uns aus, und ich schaute John in die Augen und hielt seine Hand. Ein wirbelnder Wind trug mich von der Erde fort an jenen magischen Ort, an dem Rosenblätter wie flammende Blumen auf mich herabregneten und den ich nie, niemals wieder verlassen wollte. Ich wollte nie den Tanz beenden, niemals in die Welt zurückkehren, die ich zu gut kannte.
    Dennoch endete die Musik mit einem abrupten Schlag der Zimbeln. Die Töne verklangen zitternd, und wir atmeten im Gleichtakt. Der Tanz war zu Ende. Die Welt hatte aufgehört, sich zu drehen, und für uns war die Zeit gekommen, wieder getrennter Wege zu gehen. Genau wie damals …
    Aber noch blieb uns die Nacht. In unserem Gemach saßen wir nach dem Liebesakt auf dem Bett, und John schnitt mir mit seinem Dolch eine Haarlocke ab. »Weich wie Engelshaar«, flüsterte er und hielt sie an seine Lippen.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich lachend. »Und wie ich dir schon oft genug gesagt habe, mein süßer Lord, haben Engel goldenes Haar, kein kastanienbraunes.«
    »Woher willst du das wissen?«, entgegnete er grinsend. »Ich habe noch nie einen Engel mit goldenem Haar gesehen, nur mit kastanienbraunem.«
    Ich küsste ihn, und wir liebten uns aufs Neue. Mein Leib war erfüllt von Freude, mein Herz voller Angst.
    Zu bald brach der Morgen an. Die Kinder standen neben mir, als wir John Lebewohl sagten. Er trug seine Rüstung und hatte lediglich das Visier offen, denn auf der Reise nach London lauerten unzählige Gefahren. Tief im Innern ahnte ich, warum er den weiten Umweg geritten war, um mich zu besuchen. Als er zu Saladin ging, konnte ich nicht mehr an mich halten. Schluchzend lief ich zu John und schlang die Arme um seinen Hals, um ihn zurückzuhalten. Der Wind peitschte mein Haar gegen seine Rüstung, und ich klammerte mich an ihn, denn ich war nicht gewillt, ihn wieder freizugeben. Beim Anblick seiner Augen durch das offene Visier stieß mein Herz einen stummen Schrei aus.
    »Nein!«, rief ich und hämmerte mit beiden Fäusten gegen seinen Brustpanzer. »Nein, nein … nein!« Zwei Landsknechte kamen herbei, um mich sanft von John wegzuziehen. Er drehte sich wieder zu Saladin, und Tom Gower half ihm, auf das Schlachtross zu steigen. Aus dem Sattel blickte John zu mir herunter, während ich mit meinen Schluchzern rang. Dann nickte er mir ein letztes zärtliches Lebewohl zu und wandte den Hengst nach Süden. Seine Männer folgten ihm still und ernst.
    »Lebe wohl, mein Liebster!«, rief ich und eilte hinter ihm her. »Bis bald, wenn wir uns wiedersehen!« Wiedersehen, wiedersehen …
    Ich sah ihnen nach und begann zu zittern, bis mein ganzer Körper schlotterte, und das Letzte, was ich fühlte, waren Ursulas Arme an meinen Schultern. Das Letzte, was ich hörte, war das jammervolle Weinen der Kinder, und das Letzte, was ich sah, waren Streifen von Sonnenlicht, die Schwertklingen gleich über Johns schimmernde Rüstung huschten, ehe alles vor meinen Augen dunkel wurde.

27
    B ARNET , 1471
    Warwick war zunächst erstaunt,

Weitere Kostenlose Bücher