Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
…«
Duchess Cecily stockte. Durch die offenen Fenster wehte Kinderlachen herein. Ich wartete gespannt, halb in Furcht vor dem, was ich hören sollte. Und es war fürwahr furchtbar. Während die Duchess fortfuhr, sah ich die Ereignisse jener Nacht beinahe vor mir.
Der alte Mann war ans Fenster getreten und hatte die vielen Männer gesehen, deren Gesichter von Flammen erhellt worden waren. »Wer ist da?«, hatte er gerufen.
»Radford!«, brüllte Courtenay. »Kommt runter und redet mit mir! Ich schwöre bei Gott und bei meiner Ehre als Ritter und Ehrenmann, dass Euch oder Eurem Besitz nichts geschieht.«
Im Vertrauen auf diesen Schwur öffnete Radford ihnen das Haupttor, und Courtenay kam mit all seinen Schergen herein.
»So viele, Mylord?«, fragte Radford.
»Habt keine Angst«, versicherte Courtenay ihm. »Bringt mich zu Eurem Privatzimmer, damit wir reden können.«
Dort tat sich Devons Sohn an Radfords Wein gütlich und verwickelte ihn ins Gespräch. Seine Schurken nutzten die Zeit, um das gesamte Haus zu plündern; sie trugen ganze Betten, Tischwäsche, Bücher, Geld, Kapellenschmuck und andere Haushaltsgüter im Wert von eintausend Pfund hinaus.
»Die Grobiane warfen sogar Radfords gebrechliches Weib aus dem Bett, um die Laken zu stehlen«, fügte die Duchess nach einer kurzen Pause hinzu. »Dann sagte Courtenay: ›Beeilt Euch, Radford, denn Ihr müsst mit mir zu meinem Vater kommen!‹ Radford schickte einen Diener nach einem Pferd, doch der Mann kam zurück und erzählte schlotternd, dass alle Pferde fortgebracht worden seien, beladen mit den gestohlenen Sachen. Radford wandte sich zu Courtenay und sagte verbittert: ›Ach, Sir Thomas Courtenay, Ihr habt Euer Versprechen gebrochen. Ich bin alt und schwach und kann kaum zu Fuß gehen, also muss ich Euch bitten, mich reiten zu lassen.‹ Darauf erwiderte Courtenay: ›Habt keine Angst, Radford, Ihr werdet bald reiten. Kommt mit mir!‹ Sie verließen das Haus, und kaum einen Steinwurf entfernt sprach Courtenay mit mehreren seiner Männer, bevor er von dannen galoppierte und rief: ›Lebt wohl, Radford!‹ Dann fielen seine Mannen mit Schwertern und Dolchen über Radford her und schlachteten ihn grausam ab.«
Nach dem Bericht von Duchess Cecily sagte niemand ein Wort.
»Ich fürchte, dass Schlimmeres folgt«, schloss Duchess Cecily leise und bekreuzigte sich.
Wir mussten nicht lange warten, bis sich ihre Prophezeiung erfüllte.
12
1458
Das neue Jahr brach mit einem Hagelsturm an. Am Dreikönigstag blieb John über Nacht bei mir. Mein Bauch war schon sehr gerundet, und ich genoss es, in der warmen Behaglichkeit zu sticken, die Leier zu spielen und in der Bibliothek des Earls zu lesen. In unserem Winkel des Königreichs, fernab vom Hof, war alles still und friedlich, und dafür sprach ich manches Dankgebet. So verging der Januar.
Mein Kind sollte im März geboren werden, aber einen Monat früher begannen die Schmerzen, und an Mariä Lichtmess, dem zweiten Februar, brachte ich zwei Mädchen zur Welt. Wir nannten die Erstgeborene Anne und das zweite Kind Isabelle, zu Ehren von Johns kleinen Nichten. In der Nacht meiner Niederkunft war es kalt gewesen, und leichter Schnee war gefallen, der den Fenstern einen frostigen Rahmen verlieh. Doch mit dem Morgen kam die Sonne. Benommen wie ich nach den Anstrengungen der Geburt war, erschien mir das Licht auf den vereisten Glasscheiben ungewöhnlich grell. Ich wusste nicht, ob ich es als gutes Omen nehmen sollte, aber ich hoffte, dass es eines war. Die Hebamme legte mir die jammernden Neugeborenen in die Arme.
»Anne hat deine Grübchen, mein Liebster«, flüsterte ich John zu.
»Und Izzie hat dein kastanienbraunes Haar, mein Engel«, sagte er voller Stolz. Sanft strich er über den zarten Flaum.
»Engel haben goldenes Haar, John, kein braunes.« Ich lachte. »So benommen und erschöpft bin ich wahrlich nicht, das nicht zu wissen.«
Er küsste meine schweißbenetzte Stirn. »Meine Engel haben kastanienfarbenes Haar«, erwiderte er wie immer.
Feierlich begingen wir den ersten Jahrestag unserer Vermählung, umgeben von unseren Säuglingen, lachten und vergnügten uns.
Im Juni erreichten uns weitere gute Neuigkeiten von Warwicks großen Erfolgen auf See. Nach einer zweitägigen Verfolgungsjagd hatte er mehrere Genueser und spanische Schiffe eingenommen. Drei der feindlichen Schiffe wurden nach Calais gebracht, und abermals erstrahlte England vor Stolz auf Warwicks Sieg.
Die lieblichen Sommermonate wichen
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