Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Seele, beim Fleische Christi …«
»Wer will meinen Thron stehlen, Maman?«, unterbrach Edward sie, der gerade die hilflos kreischenden Vögel triezte.
»Der abscheuliche Duke of York, aber hab keine Angst, deine Maman lässt es nicht zu, Bijou , bei meiner Seele, niemals! Sang Dieu , zuerst fordere ich seinen Kopf.«
Es kostete mich einige Mühe, angesichts ihrer wutverzerrten Züge meine Gefühle im Zaum zu halten. Angst erfüllte mich, und ich wusste nicht, wie lange ich mich noch würde beherrschen können. »Meine Königin, gibt es keinen anderen Weg?«, fragte ich flehentlich.
Die Königin blieb stehen und schien sich wieder ein wenig zu fangen. »Ich hoffe inständig, dass wir eine friedliche Lösung finden, obgleich ich bezweifle, dass York an einer solchen gelegen ist. Wir in unserer unendlichen Geduld und Gnade wünschen uns nichts sehnlicher, als weitere Feindseligkeiten zu vermeiden. Wir sandten einen Boten nach Ludlow, der Amnestie anbot, falls die Yorkisten umgehend ihre Waffen niederlegen.«
Ich atmete wieder und nahm meinen Mut zusammen, um anzusprechen, was mir am schwersten auf dem Herzen lastete. »Meine Herrin, ich habe nicht die Sorge eines Königreichs zu tragen wie Ihr. Alles, was ich habe, ist die Liebe zu meinem Gemahl und die Sorge um sein Wohlergehen. Ohne ihn würde mir die Welt zu Eis gefrieren.« Ich sah zu dem Prinzen, der die Vögel nun mit Brotkrumen fütterte, als wollte er sie trösten, weil er eben ihren Käfig durchgeschüttelt hatte. »Wir lieben, ob wir wollen oder nicht, und unsere Welt dreht sich um den, dem unsere Liebe gehört.«
Die Königin blickte zu Edward, und ihre Augen nahmen die Farbe der süßen Trauben an, die in ihrer Heimat wuchsen.
Frischen Mutes redete ich weiter. »Ich bin gekommen, um Eure Gnade für den Mann zu erbitten, den ich liebe, Sir John Neville. Er wird in Chester Castle gefangen gehalten.«
Ihre Miene verhärtete sich. »Er kämpfte gegen uns. Ich kann ihn nicht freilassen.«
»Meine Königin, wir haben inzwischen Kinder, und ich weiß wohl, dass Ihr die Liebe einer Mutter …«
»Nicht einmal um deiner Kinder willen.«
Panik erfüllte mich. Ich warf mich vor ihr auf die Knie und ergriff ihre Hand, auf der Edelsteine glitzerten. Als ich meine tränenfeuchte Wange an die kalten Steine legte, fühlte ich ihre knochigen Finger deutlicher als die glatte Haut. »Madame, ich trage noch ein Kind in meinem Schoß! Ich bitte Euch, nehmt mir nicht alle Hoffnung, verdammt mich nicht zu einem Leben unter Tränen!« Ich verstummte und zog den Schwanenring von meinem Finger. »Ihr gabt mir einst diesen Ring als Unterpfand Eurer Freundschaft und sagtet, ich solle mich an Euch wenden, falls ich einmal Eure Hilfe nötig hätte. Ich brauche jetzt Eure Gnade, meine Königin.«
Sie starrte das goldene Schwanenwappen ihres Sohnes an. »Ich kann John Neville nicht freilassen«, sagte sie schließlich. »Aber es soll ihm kein Leid geschehen.«
Meine Erleichterung verschlug mir den Atem. »Er ist verwundet, meine Königin. Könnt Ihr einen Arzt zu ihm schicken?«
»Ja.«
Nun sah ich zu ihr auf. »Und zu seinem Bruder Thomas?«
Nach kurzem Zögern nickte sie.
»Ich danke Euch, meine Gebieterin, habt vielen Dank!«, rief ich.
»Aber komm nicht wieder«, sagte sie verärgert und streifte sich den Ring auf den Finger. »Dies ist die letzte Gefälligkeit, die ich dir erweise. Ich will nichts mehr mit York zu schaffen haben.«
Als ich Ursula sah, wusste ich sofort, dass sie wichtige Neuigkeiten hatte. Ungeduldig wartete ich im Hof, dass Geoffrey Rose brachte und die anderen Pferde sattelte, dann verließen wir Coventry schweigend. Auf der Hauptstraße herrschte reger Verkehr, und wir durften nicht riskieren, dass jemand mithörte, was wir redeten. Ein Stück von der Burg entfernt gabelte sich die Straße. Ich wollte nach Norden reiten, da lehnte Ursula sich herüber und legte eine Hand auf meinen Arm. »Nein, nach Süden«, sagte sie, »zum Erber.« Ich begriff auf Anhieb, dass sie etwas erfahren haben musste, was umgehend Warwick mitgeteilt werden musste. Er sollte in London ankommen und von dort nach Ludlow weiterreiten, um sich dem Duke of York und dem Earl of Salisbury anzuschließen. Mein Herz schlug schneller vor Sorge, doch ich fragte Ursula nicht, sondern nickte und führte Rose nach Süden.
Als wir auf dem Land und nur noch von Schafen umgeben waren, platzte Ursula mit ihrer Nachricht heraus. »Somerset will Mylord Warwick auf dem Weg nach Ludlow
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