Die Herrin des Labyrints
aufzunehmen. Jetzt bin ich, gelinde gesagt, ein bisschen platt!«
»Ich kann dich nur noch einmal um Entschuldigung bitten. Hör mir zu, Amanda.«
»Aber doch mit Spannung, Nandi.«
»Du weißt ja, ich habe mich vor einigen Jahren selbständig gemacht. Gita hat mir dabei finanziell geholfen, indem sie mir einen Teil meines Erbes zur Verfügung gestellt hat. Es ging anfangs auch ganz gut, wir hatten einigen Erfolg. Aber ich habe mich übernommen und alles auf ein Projekt gesetzt. Aber wie du ja auch schon gehört haben wirst – mein erster Film war ja nun mal ein Flop.«
»Pleite?«
»Ich werde Konkurs anmelden müssen.«
»Wie peinlich für dich, dass ich jetzt auftrete und meinen Erbanteil fordere, der ansonsten an dich gefallen wäre.«
»Nein, das ist es nicht, Amanda. Ich werde auf andere Weise damit fertig. Es war damals ziemlich kleinlich gedacht, dich von dem Vorhaben abzuhalten. Ich hätte es vorher wissen müssen. Du bist zäh, wenn du dich erst einmal an eine Aufgabe begibst. Tut mir leid, dir Steine in den Weg geworfen zu haben.«
»Du meinst das ernst?«
»Wirklich, Amanda. Ich sagte doch, ich mache reinen Tisch.
Das gehört jetzt dazu.«
»Woher wusstest du es, Nandi?«
»Anfangs dachte ich an einen komischen Zufall, weil du diese weiße Strähne hattest. Gita hatte sie auch, aber sie hat sie immer gefärbt. Ich glaube, sie fand sie zu auffällig. Und als du sie kennengelernt hast, war sie ja schon ganz weißhaarig geworden. Später habe ich dich so häufig beobachtet, und da sind mir manche Ähnlichkeiten mit meiner Schwester aufgefallen, auch mit Gita. Deswegen war ich nicht besonders überrascht, als Nicole es mir sagte.«
»Und jetzt?«
»Hast du etwas, das wir dem Notar vorlegen können?«
»Ja, das habe ich.«
»Gut, sag mir den Termin, ich werde mitgehen, damit klar ist, dass ich deine Rechte nicht anfechte.«
»Du machst aber wirklich klar Schiff!«
»Ja, das ist auch notwendig. Auch in anderen Bereichen, Amanda.Ich bin zu Valerie zurückgegangen, eine Scheidung wird es nicht geben.«
»Oh. Und Nicole?«
»Ich weiß, ihr seid Freundinnen. Sie wird dir sicher ihre Version berichten, aber ich tue es wirklich nicht nur wegen des Geldes. Es hat schon seit einiger Zeit ein paar Probleme zwischen uns gegeben. Ich bin ausgezogen, wohne wieder in unserem Haus. Nicole bleibt noch ein paar Tage in Gitas Haus, bis ich eine Wohnung für sie gefunden habe.«
»Ihren Job ist sie damit auch los.«
»Ein Kollege wird sie zu gleichen Bedingungen übernehmen, und ich zahle ihr noch ein Jahresgehalt. Damit müsste sie über die Runden kommen.«
»Soviel Konsequenz habe ich dir nie zugetraut, alle Achtung!«
»Es war überfällig.«
»Tja, damit du wenigstens auch noch eine kleine Überraschung von mir erfährst – ich habe nicht nur meine Mutter wieder gefunden, sondern auch meinen Vater.«
Ich wies auf Henry, der im Sitzen eine höfliche, spöttische Verbeugung machte.
»Wenn, dann gründlich, was?«
»So, und jetzt – Patrick, es ist zwar noch nicht Mitternacht, aber du darfst uns eine Flasche Champagner öffnen!«
»Was hat das mit Mitternacht zu tun?«
»Oh, das ist eine alte Familientradition.«
Unser Gespräch wurde anschließend erheblich entspannter, und Nandi erzählte von seinen Plänen, bei einem großen Sender anzuheuern, mit den Kindern in Urlaub zu fahren und so weiter.
»Amanda, du könntest doch deinen Onkel Nandi mal nach dem Rätsel fragen. Vielleicht weiß er die Lösung auch schon«, schlug mein vorlauter Sohn in einer Gesprächspause vor.
»Tut mir leid, Patrick, aber dazu habe ich mir wirklich keine Gedanken gemacht.«
»Aber vielleicht könntest du helfen«, sagte ich. »Wir haben nämlich den Eindruck gewonnen, dass jemand, der Gita gut kannte, sehr leicht die Lösung findet.«
»Mag schon sein, aber in Gitas Leben gab es einen Bereich, in den ich keinen Einblick hatte. Das hing mit ihrer Mutter zusammen, die ein paar ausgefallene Erziehungsmethoden hatte. Josiane hätte dir vermutlich sofort eine Antwort geben können. Die Frauen der Familie haben da ein eigenes Geheimnis gehütet, an das sonst niemand herankam. Aber vielleicht hilft dir ja sogar die Aussage etwas.«
»Was für ausgefallene Methoden?«
»Wenn ich das wüsste, würde ich es dir sagen. Aber es war einfach so, dass sie sich in bestimmten Abständen zu irgendwelchen Feiern oder Besprechungen zurückzogen, über die sie mit niemandem sonst sprachen. Weibliche Mysterien nannte meine Mutter
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