Die Herrin des Labyrints
eilig, nach Hause zu kommen, und bat ihn, sich zurückzuhalten, bis ich ihm etwas zu meiner Idee sagen konnte. Er sah mich nur konsterniert an, und Halima bat ihn, sich einfach zu fügen. Ich glaube, sie ahnte, dass ich etwas vorhatte, was Henrys Verständnis überstieg.In meinem Zimmer legte ich die beiden Haarpüppchen nebeneinander. Sie waren in der gleichen Art gebunden, also konnte sich das erste nicht in dem Umschlag befunden haben, sondern musste auf Halimas Schreibtisch gelegen haben. Das andere hatte wohl in dem Buch gesteckt. Und wer weiß, wie viele davon sonst noch in ihrer Wohnung versteckt waren. Hier hatte jemand einen üblen Streich gespielt, einen, der auf höchst subtile Art eine Wirkung auf Halima ausübte. Ich versuchte mich daran zu erinnern, was sie mir über die Wirkungsweise von Zaubern und Magie erzählt hatte. Vor ein paar Tagen noch hatte ich mich heftig gegen solches Wissen gewehrt, aber mit einem Mal war ein sehr konkreter Fall eingetreten.
»Wille und ein verändertes Bewusstsein, eine veränderte Einstellung zu einer Sache oder einem Ziel, das sind die eigentlichen Grundlagen der Magie, Amanda. Wer von Teufeln, Engeln, Dämonen oder sonstigen Geistern redet, der meint eigentlich immer nur das Gleiche – innere Kräfte, die wir im normalen Bewusstseinszustand nicht steuern können. Deshalb scheinen sie von außen zu wirken.«
Einige Erfahrung hatte ich nun schon selbst damit gemacht, um zu wissen, dass diese Definition richtig war, und deshalb mochte auch die nächste stimmen: »Alle schwarze Magie basiert auf Angst. Besonders hinterhältig ist die, die auf verdrängte, zutiefst unbewusste Ängste zugreift. Sie kann unangenehme Zufälle bewirken oder sich sogar in körperlichen Reaktionen manifestieren. Ausgelöst wird so etwas manchmal durch Worte, Flüche oder wenn du willst, Mobbing. Auch durch Symbole und Zeichen, die demjenigen, der getroffen werden soll, auf ganz untergründige Art etwas bedeuten.«
Wer immer diese Püppchen in Halimas Umgebung deponiert hatte, hatte damit genau das erreicht. Damit war vermutlich eine alte Angst oder ein Schuldgefühl aktiviert worden, die sich dann in diesen Krämpfen niederschlugen. Um Halima davon zu erlösen, musste ich eigentlich nur herausfinden, welche unbewusste Angst sie so stark beeinflusste. Und wer davon wusste.
Nach einer Stunde sinnloses Grübelns war ich keinen Millimeterweitergekommen. Halima war mir bisher immer als vollkommen normale, ausgesprochen selbstbewusste Frau erschienen, die völlig frei von neurotischen Störungen war. Ihre Vergangenheit mochte nicht einfach gewesen sein, aber was immer geschehen war, hatte sie, zumindest nach meiner Beobachtung hin, so verarbeitet, dass keine störenden Reste geblieben waren. Aber es musste wohl doch noch etwas in ihr schlummern, das ein besserer Menschenkenner genutzt hatte, um ihr zu schaden.
»Amanda, ist irgendwas?«
»Hallo, Patrick! Ach du liebes bisschen, es ist ja schon halb neun! Ich habe vergessen, dich zu füttern.«
»Ich habe ein paar trockene Reste aufgenagt, es geht schon. Ach schau an, du hast ja noch so eine Haarpuppe gefunden.«
»Ja, und ich suche gerade nach deren Bedeutung. Mir fällt aber absolut nichts dazu ein.«
»Das ist Voodoo, oder?«
»Fast der richtige Film.«
»Wer gegen wen? Der Kampf der Zauberinnen?«
»Jedenfalls gegen Halima. Und wer, das ahne ich auch.«
»Ich auch. Die wackelige Nicole, nicht wahr? Sie kann ganz schön rumgiften.«
»Wenn ich nur wüsste, wie sie das hinbekommen hat. Ich versuche die ganze Zeit, einen Anhaltspunkt zu finden.«
»Darf ich mal einen Vorschlag machen, Amanda. Der hört sich vielleicht ein bisschen komisch an.«
»Nur zu, mir ist jeder Tipp recht.«
»Versuch nicht zu denken.«
Ich sah ihn verblüfft an. Aber dann fand ich den Rat gar nicht so schlecht.
»Ich weiß schon, auf was du hinauswillst. Aber es ist leichter gesagt als getan.«
»Stimmt auch wieder.« Patrick sah ziemlich versonnen aus dem Fenster, und ich wusste, er erinnerte sich an das, was er in den Tagen mit Damon erfahren hatte. Andererseits – auch ich hatte eine Möglichkeit, mein Denken so auszuschalten, dass sich die Grenzen meines Bewusstseins erweiterten.
»Patrick, ich gehe mal für eine Stunde in den Keller. Sollte ich mich anschließend etwas sonderbar benehmen, wirst du entweder den Notarzt oder Damon anrufen müssen.«
»Ist in Ordnung. Darf ich mitkommen?«
»Wenn du willst. Wahrscheinlich ist das sogar ganz
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