Die Herrin des Labyrints
uns, die ich nicht überschreiten kann. Ich kann wieder zur Besessenen werden, aber das bin nicht ich. Damon, es muss anders sein, nicht so. Dann lieber ohne Gegenwart und ohne Zukunft.«
Er sah mich bewegungslos an, sein Gesicht zeigte keine Regung. Auch nicht, als ich mich erhob, mein Kleid überzog, die Schlüssel aus meiner Tasche nahm und ging. Als ich die Tür hinter mir zumachte, spürte ich, wie mir sein Blick folgte.
Ich hatte eine lange, schlaflose Nacht erwartet, aber ich schlief tief, erholsam und eingebettet in bunte, lichtvolle Träume von blumenübersäten Wiesen, schattigen Tempeln und kühlen Marmorstatuen. Als ich aufwachte, war ich zwar traurig, aber ich wusste, dass ich es richtig gemacht hatte.
KAPITEL 66
Marktfrauen-Geschwätz
Am Samstagvormittag, kurz bevor ich meine Wochenendeinkäufe auf dem Markt erledigen wollte, rief mich Nandi an und berichtete mir, Nicole habe endlich das Haus geräumt.
»Ich habe die Schlüssel an mich genommen und bringe sie dir später vorbei«, sagte er. »Tu mir den Gefallen, geh auch noch mal durch das Haus und schau nach, ob alles an seinem Platz ist. Ich fand es so weit in Ordnung.«
»Gut, mache ich heute Nachmittag. Jetzt bin ich aber einige Zeit unterwegs, und Patrick ist auch zu einem Auswärtsspiel verabredet. Wirf mir die Schlüssel in den Briefkasten.«
»Geht in Ordnung. Übrigens – hast du wegen dieses Rätsels noch irgendetwas unternommen?«
»Nein, im Augenblick muss ich mich um andere Dinge kümmern, die für mich Vorrang haben. Warum fragst du?«
»Weil Nicole sich deshalb ziemlich aufgeführt hat. Verdammt, wenn ich wüsste, was sie sich davon verspricht? Ich habe ihr schon mehrfach gesagt, dass mit diesem blödsinnigen Vermächtnis kein großer Geldbetrag verbunden ist, aber sie scheint da eine fixe Idee entwickelt zu haben.«
Da ich inzwischen Gitas Brief an mich kannte, war mir klar, dass es sich in der Tat mehr um ein geistiges Erbe handeln musste, das vor allem mich betraf.
»Ich vermute auch, dass es, wenn überhaupt, etwas von gefühlsmäßigemWert ist, Nandi, und zu gegebener Zeit werde ich mich darum kümmern.«
»Kann sein, du kümmerst dich besser bald darum. Nicole war wirklich komisch. Sie wollte mich, wenn man es richtig betrachtet, sogar erpressen. Mir ist nicht wohl bei der Angelegenheit. Sie hackte auf Gitas ›geheimem Wissen‹ herum, was immer sie darunter versteht. Du kennst sie doch auch, Amanda. Was kann sie sich davon nur versprechen?«
»Vielleicht glaubt sie, dass Gita den Stein der Weisen besaß oder ein Unsterblichkeitselixier. Sie hat doch einen festen Glauben an diese Dinge. Wenn nicht Geld, dann könnte sie sich eine Art von Macht davon versprechen.«
»Das ist doch absurd!«
»Menschen sind manchmal absurd. Ich gehe durch das Haus, sobald ich kann. Angeblich ist die Lösung ja ganz einfach, und vielleicht fällt sie mir ein, wenn ich in Gitas Umgebung bin. Ich informiere dich dann sofort, Nandi. Aber jetzt muss ich weg.«
»Danke, Amanda.«
Mit einem großen Korb bewaffnet, streifte ich zwischen den Obst- und Gemüseständen umher und hatte schon die Vorräte für das Wochenende zusammengekauft, als mich der heftige Wunsch nach einer Honigmelone packte. Aber Melonen waren an diesem Tag offensichtlich begehrte Ware, und nur an einem Stand war noch eine vorrätig. Ich streckte die Hand danach aus, bekam aber einen harten Patscher auf die Finger. Ich folgte mit den Augen den glänzend lackierten, langen Fingernägeln über einen braungebrannten Arm und stand einer grinsenden Isabell gegenüber.
»Diese Runde geht an mich, meine Liebe.«
»Befinden wir uns in einem Wettstreit?«
»Nun, um knappe Ressourcen wird immer gekämpft, und du hast gestern Abend den Sieg davongetragen.«
»Was habe ich?«
Sie antwortete mir nicht, sondern bezahlte die Melone und verstaute sie in ihrem Korb.
»Sicher ist sicher! Bei dir weiß man ja nie. Welche unlauterenMittel hast du angewendet, um Damon dazu zu bringen, die Verabredung mit mir abzusagen?«
»Hattest du eine?«
»O ja, bis gestern Nachmittag glaubte ich das noch, aber dann sind wohl schrecklich wichtige ›Familienangelegenheiten‹ dazwischengekommen, und ich musste alleine in mein kaltes Bettchen kriechen.«
Ich unterdrückte ein Zähneknirschen.
»Hatte ich nicht neulich eine kleine, aber bestimmte Warnung ausgestoßen?«
»Doch, hattest du. Aber das macht die Sache erst richtig reizvoll. Ging’s heiß her mit Mr. Cool?«
»Gibt es einen Grund,
Weitere Kostenlose Bücher