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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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dann.«
    Noch immer war es heiß und sonnig, und sorgfältig suchte ich meine Kleidung aus. Seit ich mir die Freude an den glitzernden, aufwendig verzierten Tanzkostümen eingestanden hatte, war eine unbändige Lust auf schöne Unterwäsche bei mir ausgebrochen. Ein kleines Vermögen hatte ich dafür ausgegeben, und jetzt wählte ich einen braun-goldenen Spitzen-BH mit passendem Slip, der meine Haut zum Schimmern brachte und meinen Busen sehr dekorativ formte. Aber dann stand ich vor dem vollen Kleiderschrank und musste über mich selbst lachen. Nichts hatte ich zum Anziehen. Nichts. Zum Ausziehen war auch nichts dabei.
    Amanda, du spinnst!, sagte ich mir schließlich und nahm das grüne Chiffonkleid heraus, das ich bei Waltraud Seebruk getragen hatte. Was war denn dabei, dass Damon es schon einmal an mir gesehen hatte. Es stand mir gut, war luftig und flatterte reizvoll figurbetonend um meinen Körper. Mit einem grün- und aprikotfarbenem Schal, der meine Haare zurückhielt, gefiel ich mir ganz gut. Außerdem – nötigenfalls konnte man dieses Kleid sehr einfach über die Schultern nach unten gleiten lassen. Nun ja, ich war zu allem bereit.
    Es war das erste Mal, dass ich Damons Wohnung betrat, obwohl ich sie, zumindest aus einem besonderen Blickwinkel heraus, schon einmal gesehen hatte. Sie hatte Stil – warum wunderte mich das eigentlich? In unserer kurzen Zeit des Zusammenlebens hatten wir beide kaum genug Geld gehabt, um uns mit mehr als ausrangierten Möbeln einzurichten. Aber in der Zwischenzeit hatteDamon zumindest diesem Mangel abgeholfen und ein großzügiges Appartement im obersten Stockwerk eines modernisierten Stadthauses bezogen.
    »Gefällt es dir?«, fragte er, als ich mich umgesehen hatte.
    »Es passt zu dir. Wohnst du eigentlich schon lange hier?«
    »Seit ungefähr vier Jahren.«
    Er führte mich zum Dachbalkon, von wo man einen wundervollen Blick über die Dächer hinaus auf Fluss und Land hatte. Den Blick konnte ich jedoch nicht so recht genießen, denn die Frage bohrte und bohrte in mir. Ich hätte sie mir selbst beantworten können, aber statt vornehm zu schweigen, brach sie doch aus mir heraus.
    »Du hast gewusst, dass wir ganz in der Nähe wohnen. Warum …?«
    »Amanda! Warum wohl nicht?«
    »Oh, schon gut.«
    »Hätte es etwas geändert – vor vier Jahren?« Er lehnte an der Balustrade, entspannt, locker, mit vom Wind zerwühlten Haaren. In engen Jeans, wie üblich, aber einem dunkelblauen Seidenhemd. Hätte es etwas geändert?
    »Schon möglich, dass es etwas geändert hätte. Es ist aber nicht eingetreten, also ziehe ich die Frage zurück.«
    »Ich habe damals sehr intensiv darüber nachgedacht, Amanda. Ich glaube sogar fast, dass es mit ein Grund war, hierherzuziehen.«
    Meine innere Anspannung lockerte sich ein wenig. Er machte es mir unerwarteterweise leicht.
    »Dann bin ich dir also nicht völlig gleichgültig geworden?«
    »Da ist natürlich Patrick, mein Sohn …«
    Wie beruhigend, dass er es nicht verlernt hatte, mir kalte Güsse zu verabreichen. Ich versuchte, das als Ablenkungsmanöver zu betrachten, und schluckte die kleine Kröte namens Patrick klaglos hinunter.
    »Gut, wenigstens gibst du zu, dass der Sohn und Erbe dir etwas bedeutet. Und was ist mit der Prinzenmutter?«
    »Die hatte ich in nicht besonders guter Erinnerung. Allerdings gebe ich zu, dass ich sie nicht vergessen habe.«
    »Ich bin mit wenigem zufrieden.«
    »Meine Kontoauszüge haben mich jeden Monat daran erinnert.«
    »Du weißt, dass du ein mieses Stück bist, nicht wahr?«
    »Ich kultiviere es. Amanda, was soll ich denn machen? Dich anlügen? Du hast doch deine Zeit auch nicht gerade mit romantischen Träumen von mir verbracht.«
    »Nein, ich habe jahrelang gar nicht geträumt. Du hast recht, sprechen wir nicht von der Vergangenheit. Das war auch nicht der Grund meines Besuches.«
    »Sondern? Die Gegenwart oder die Zukunft?« Nein, er würde es mir gewiss nicht leichtmachen. Das war ein Trugschluss gewesen. Es war seine Art, nichts preiszugeben und den anderen sich durch das Dickicht kämpfen zu lassen. Die Strategie war mir inzwischen bekannt, das hieß aber nicht, dass ich etwas hatte, was ich dagegenhalten konnte. Außer ich versuchte es mit der Schocktherapie. Vielleicht sollte ich wirklich das Kleid zu Boden rutschen lassen und mich mit den Worten »Hier bin ich! Nimm mich!« an seinen Hals werfen. Die Vorstellung entlockte mir ein bitteres Grinsen. Die Reaktion wäre dann vermutlich der Hinweis

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