Die Herrin des Labyrints
warum ich mit dir darüber sprechen sollte?«
»Weil du eine erfahrene Freundin brauchst, mit der du deine faszinierenden Erlebnisse austauschen kannst.«
Isabell war unverbesserlich. Aber sie hatte in gewisser Hinsicht recht. Auch wenn sie eine hinterhältige Raubkatze war, ehrlich war sie zumindest immer gewesen.
»Lad mich zu einem Kaffee ein, dann erzähle ich dir eine Geschichte dazu.«
»Na, dann komm, im Inselcafé kann man draußen sitzen und tout le monde, also das ganze Dorf, an sich vorbeiziehen lassen.«
Wir fanden einen kleinen Tisch, und mit einem erleichterten Seufzen schob ich den schweren Korb darunter.
»Du hast eine lange und harte Arbeit zunichtegemacht. Es war ungewöhnlich schwierig, an diesen Mann heranzukommen, und ich musste sogar geschäftliches Interesse vortäuschen, um diesen Termin zustande zu bringen. Dafür bist du mir zumindest eine detaillierte Schilderung deiner erotischen Abenteuer schuldig.«
»Oh, es fing nicht gut an. Du weißt schon, knapp über dem absoluten Nullpunkt. Aber wir steigerten uns dann ganz plötzlich, und die Situation begann zu sieden. Kurz bevor das Ganze in Wallung geriet, habe ich mich zurück- und wieder angezogen und habe die Brandstätte verlassen. Kurzum – Asche war’s.«
»Was hast du gemacht?«
»Ich bin weggegangen.«
»Du bist das Letzte, ehrlich.« Sie sah mich nachdenklich an. »Oder du hattest gute Gründe. Bist du sicher, dass du ihn so festnageln kannst?«
»Sicher bin ich mir bei Damon über nichts. Es war auch nicht geplant, sondern eine ziemlich spontane Entscheidung. Mir ging plötzlich auf, dass ich von ihm nicht wie eine Isabell oder ähnliche Damen behandelt werden wollte.«
»Ich muss schon sagen – du gestaltest dir dein Leben schon einigermaßen kompliziert. Na ja, so der Genusstyp bist du ja nie gewesen.«
»Aber du, nicht wahr? Das ist ja auch der Grund, warum wir eine so schöne Freundschaft pflegen.«
»Wie meinst du das denn nun schon wieder?«
»Ach weißt du, du bist so herrlich berechenbar.«
»Pfui über dich, Amanda. Hättest du ›berechnend‹ gesagt, hätte ich dir verzeihen können. Aber berechenbar? In welcher Form?«
»Wann immer ein Mann an meiner Seite auftaucht, versuchst du, ihn zu kapern. Man kann sich einfach darauf verlassen. Es ist manchmal übrigens sehr praktisch …«
Isabell zeigte gespieltes Grollen. »Du hast mich ausgenutzt. Du hast mir Ulli angehängt!«
»Sagen wir, ich habe mich nicht zwischen die interessierten Parteien geworfen.«
»Na ja, ich werde darüber hinwegkommen. Allerdings möchte ich dir nicht meine neuesten Beobachtungen diesbezüglich vorenthalten. Wusstest du, dass er mit dieser putzigen Tanzmaus techtelmechtelt? Ich meine die, die sich da auf den Teppichen so geschmackvoll blamiert hat. Ist das nicht auch eine Freundin von dir?«
»Nicole und Ulli? Oh, das ist eine brisante Mischung. Beide kann ich guten Gewissens nicht mehr unter die Reihen meiner Freunde zählen.«
»Wem auf die Zehen getreten?«
»Vielleicht nicht bewusst, aber anscheinend hat eine scharfe
Absatzspitze getroffen.«
»Na, dann nimm dich vor Retourkutschen in Acht. So ein gemeinsamer Schmerz verbindet ja die Leute manchmal.«
Auch wenn ich locker auf Isabells Ankündigung reagierte, bedenklich stimmte mich diese Verbindung doch. Zumal Nandis Hinweis auf Nicoles fixe Idee dabei ein neues Gewicht erhielt.
»Du hast ein Sorgenfältchen zwischen den Augenbrauen, Amanda. Keine Panik, viel wird zwischen den beiden nicht abgehen. Ulli hat ja schließlich andere Neigungen.«
»Was meinst du damit?«
»Oh, ich habe dir doch erzählt, dass ich ihn wegen unbefugten Computerzugriffs gerügt hatte.«
»Ja, das hast du gesagt. Ist er jetzt unter die leidenschaftlichen Hacker gegangen und verbringt seine Nächte mit Kaffeepulver und Lakritz vor dem flimmernden Bildschirm, oder was meinst du mit anderen Neigungen?«
»Nein, dazu reicht’s bei ihm hier nicht«, sagte Isabell und tippte sich dabei an die Stirn. »Ich habe zufällig entdeckt, auf welchen Internetseiten er sich herumgetummelt hat. Mir scheint, dass er eigentlich mehr auf kleine Jungs steht als auf ausgewachsene Frauenzimmer.«
O verdammt! Mir fiel der Streit ein, als Patrick sich darüber beschwert hatte, dass Ulli sich an seinem PC zu schaffen gemacht hatte. Und die Äußerung über das Streicheln …
»Isabell!«
»Nanu? Du siehst ja richtig grün um die Nase aus. Findest du das so dramatisch? Knabenliebe wurde zu alten Zeiten
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