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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Diskussion mit zwei anderen jungen Männern, und ich konnte zunächst einmal nichts anderes machen, als ihn zu beobachten und zu versuchen, einen Augenkontakt herzustellen. Ein klassisch schöner Mann war Damon nicht, aber er hatte eine gewisse Ausstrahlung. Seine dunklen Haare trug er kurz, über der Stirn standen sie meist etwas hoch. Er hatte ein knochiges Gesicht, lang und eckig, in dem die schiefe Nase ein besonderes Merkmal war. Auch sein Körper wirkte irgendwie eckig, er war groß, hatte breite Schultern ohne erkennbare Muskelpakete, machte aber einen durchaus zähen Eindruck. Seine Gesten waren spärlich, ein Lächeln schien ihn ein Vermögen zu kosten, aber seine Augen waren wachsam. Endlich sahen sie auch zu mir hin. Ich drehte den Kopf zur Seite, senkte kurz die Lider und schenkte ihm einen der geübten lockenden Blicke aus den Augenwinkeln.
    Ich hätte es mir auch sparen können. Die Wirkung verpuffte im Nichts. Aber ich war ja gewarnt, und darum wartete ich auf die nächste Chance. Angeregt flirtete ich mit Benni, einem hartnäckigen Verehrer, dem gegenüber ich jedoch lediglich freundschaftliche Gefühle hegte.
    »Du bist abgelenkt, Bap. Du hörst mir überhaupt nicht zu«, beschwerte er sich, als ich zum wiederholten Male zu Damon blickte.
    »Benni, ich hänge an deinen Lippen! Aber die Musik ist so laut, dass ich nicht jedes deiner kostbaren Worte verstehe.«
    »Na, ich weiß nicht. Du hast so unruhige Augen …«
    Benni dreht sich um, und in diesem Moment sah Damon wieder zu mir hin. Diesmal schlug ich langsam die Augen auf und sah ihn für einen winzigen Moment voll an. Ein leichtes Zucken seines rechten Mundwinkels zeigte mir, dass er mich zumindest wahrgenommen hatte. Benni, der sich wieder zu mir wandte, meinte resigniert: »Daher! Da kann ich natürlich nicht mithalten.«
    Auf so etwas gibt es nicht viel zu erwidern, also ließ ich es bleiben.
    »Der Star der Mathematiker. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob Frauen in seinen Gleichungen vorkommen.«
    »Möglicherweise aber in seinen Ungleichungen, und da könnte ich ja mal die große Unbekannte spielen.«
    »Bevor du das machst, tanzt du diese Rumba mit mir«, forderte Benni, und ich ließ mich auf die Tanzfläche führen. Die Band gönnte den Tänzern zum Verschnaufen ein paar langsame Rhythmen, und wir bewegten uns gemächlich durch die Menge.
    Dann jedoch verlangten einige Unentwegte wieder fetzigere Titel, und bei mir setzte eine erstaunliche Veränderung ein. Nicht, dass ich zuvor ungern getanzt hätte, aber mit einem Mal schien sich irgendwas in mir zu lösen und sich mit der Musik zu verbinden. Ich tanzte für mich, weg von Benni, in die Mitte der Tanzfläche. Menschen und Gesichter wurden nur noch zu einem farbigen Wirbel um mich herum. Ich fühlte, wie meine Röcke flogen, meine Finger schnippten, meine Haare wild über mein Gesicht wischten. Ich hörte die Trommeln und die Rasseln, das Klatschen und anfeuernde Rufen der anderen. Das Licht flirrte vor meinen Augen, meine Füße machten Schritte, die sie noch nie getanzt hatten, mein Rücken bog sich, meine Hüften rollten und wippten. Rausch war es, Ekstase.
    Aber plötzlich war ich nicht mehr alleine in dem Rund. Da war noch jemand. Ein Mann tanzte mit mir, nicht so ausgelassen wie ich, sondern beherrscht. Doch unter dieser Beherrschung lag eine Leidenschaft, die mich erschaudern ließ. Nach und nach passte ich mich an, und auch meine Bewegungen wurden disziplinierter. Doch sie waren von einer inneren Spannung diktiert, die beinahenicht zu ertragen war. Die Umgebung war für mich ausgeblendet, mein Körper reagierte auf eine andere Kraft, die nichts mehr mit mir selbst zu tun hatte. Es war hinreißend und erschreckend, überwältigend in jedem Sinne und gleichzeitig furchterregend in seiner Ausschließlichkeit. Es hielt an, bis die Musik in einer gewaltigen Schlusssequenz endete.
    Jemand hielt mich fest, sonst wäre ich gefallen.
    »Tief einatmen!«
    Ich atmete tief ein und wurde dann nachdrücklich nach draußen geführt.
    »Eine erstaunliche Kondition hast du. Du bist noch nicht einmal außer Atem gekommen.«
    Ich sah keinen Anlass, mich darüber zu wundern. Das war eben meine Natur. Mit einem Lächeln legte ich meinem Begleiter die Arme um den Hals. Wir sahen uns in die Augen – und brauchten keine Worte mehr. Dieser Tanz hatte alles gesagt, was zwischen uns zu sagen war, und was jetzt folgen würde, war nur die sinnvolle Fortsetzung dessen, was wir begonnen hatten.
    Wirklich

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