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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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voller Erotik und Sinnlichkeit. Das klingt wie ausgeleierter Baumwollripp!«
    »Schon gut, schon gut, macht eine Sheherazade aus mir.«
    »Geht nicht, haben wir schon. Versuchen wir es mit Ameesa, die Göttliche. Dann haben wir Nadima, Nureen und Ameesa, das hört sich schon besser an.«
    Wir halfen uns gegenseitig beim Schminken, und jetzt duftete es in dem Zimmer auch noch wie in einem blütentrunkenen orientalischen Innenhof in einer schwülwarmen Nacht. Halima frisierte mir die Haare, was ein völlig ungewohntes Gefühl für mich war. Die Atmosphäre voller leichter Anspannung und Aufregung, gegenseitiger Hilfsbereitschaft und das Glitzern und Rascheln weckte in mir eine ganz ungewohnte Heiterkeit. Ich fühlte mich leicht und beschwingt und freute mich darauf zu tanzen.
    Es ging trotz Lampenfieber gut. Wir tanzten in der Gruppe, mir schien, besser als je im Unterricht, und ich hatte mich wunderbar unter Kontrolle. Die Tische in dem Bankettsaal waren so angeordnet, dass in der Mitte eine Fläche für unsere Darbietung frei geblieben war, aber die Gäste nahm ich während des Tanzes so gut wie nicht wahr. Erst als wir uns zum Applaus verneigten, wurden es einzelne Gestalten mit Gesichtern, in denen Freude stand.
    Halimas Tanz beobachteten wir hinter einer Trennwand aus Blumen und Grünpflanzen. Ich hatte sie noch nie bei einem Auftritt gesehen, und die beiden anderen ließen mir den besten Platz. Halima war einzigartig. Gelassene Anmut, ein bisschen Flirt hier, eine sinnliche Verlockung da. Sie war Bewegung gewordene Musik, und ich konnte die Augen nicht von ihr lassen.
    »Wo ist Elsie?«, fragte Halima, als sie nach einer Zugabe zu uns zurückkam.
    »Ich weiß es nicht.«
    Elsie hatte noch mehrmals unterdrückt geniest, und wir fanden sie in unserem Umkleidezimmer.
    »Es geht nicht, lasst meinen Tanz ausfallen. Ich kann kaum noch aus den Augen sehen.«
    Sie sah wirklich verquollen und krank aus, und Halima drehte sich zu mir um.
    »Du kannst das Trommelsolo genauso gut. Tanze, Amanda. Konzentriere dich auf die Musik und tanz es.«
    Ich holte tief Luft und ging durch den Gang zum Eingang des Saales. Wenn es irgendwo gute Geister gab, dann mussten sie mir jetzt beistehen. Ich gab dem Mann an der Musikanlage mein Zeichen zum Einsatz.
    Die ersten Takte hatte ich Probleme mit den Schritten. Es war eine Art Stoßgebet, ein stummer Hilfeschrei, den ich spontan losließ, in der Hoffnung, eine barmherzige Göttin des Tanzes möge mir helfen.
    Sie half mir. Aber barmherzig war sie nicht. Ich war plötzlich eins mit der Musik, die Trommeln vibrierten in meinem Körper, um meine Arme wanden sich die Schlangen. Die Gesichter der Menge lösten sich auf und wurden zu einer tobenden Menge von Dämonen. Sie stürzten auf mich zu, wollten mich vernichten, zerreißen, bedrohten mich mit Klauen und scharfen Fangzähnen. Ich musste mich wehren, und mit übermenschlicher Kraft kämpfte ich gegen sie an. Als ihre Köpfe unter meinen stampfenden Füßen zerbarsten und Ströme von Blut flossen, da lachte ich über meinen Sieg und forderte die Heerscharen der Unterwelt heraus, sich mir zu stellen. In einem Tanz der Zerstörung vernichtete ich die Dämonen, die mich gefangen hielten, tanzte auf ihren Leibern und schmückte mich mit ihren blutigen Gliedern.
    Als die Musik endete, endete auch mein Tanz, und völlig benommen hörte ich den Applaus. Eine Hand zog mich hinter die Pflanzenwand, und eine vertraute Stimme fragte eindringlich: »Amanda, welche Göttin hast du gerufen?«
    »Göttin?« Ich lachte auf. »Ich muss keine Göttin rufen. Lass mich los!«
    Ich wehrte mich gegen die Stimme und die Hände, die mich hielten. Warum hätte ich eine Göttin rufen sollen? Sahen sie denn nicht, dass ich die Göttin selbst war? Ich riss mich los und lief durch die Gänge, suchend und wissend, dass ich meinem Geliebten hier begegnen würde.
    Und ja, er war da, er wartete auf mich und öffnete seine Arme. Doch dann war es wieder ein Dämon, ein Fürst der Dämonen, gewaltig und übermächtig. Ich kämpfte gegen ihn und zerrissseine Glieder in flammender Leidenschaft. Ich tanzte, bis auch sein Leib sich unter mir krümmte. Doch als ich versuchte, seinen Schädel zu zertrümmern, sah ich plötzlich das Gesicht vor mir, und es war Patrick, mein Sohn, der sich flehend an mich wandte. Verflogen war die rote Wut, und eine Welle von Liebe erfasste mich. Ich zog ihn an mich, bettete sein Haupt an meine Brust und tröstete ihn mit aller Sanftheit, zu der ich

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