Die Herrin des Labyrints
will doch nur, dass alle glücklich sind. Nandi und die Kinder. Und auch Valerie. Ich habe so ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr neulich richtig böse Schwingungen geschickt habe.«
»Haben sie wenigstens gewirkt?«
»Sie ist die Treppe heruntergefallen und hat sich den Fuß verstaucht.«
»Vielleicht wäre das auch ohne deine Schwingungen passiert.« Nicole zuckte mit den Schultern und kam dann wieder auf ihr ursprüngliches Thema zurück.
»Kommst du nächste Woche zu Mazhar, wenn ich tanze? Es gibt auch hinterher ein orientalisches Buffet.«
»Na gut, ich sehe zu, dass ich Zeit finde.«
Eigentlich hatte ich vor, mir eine Ausrede einfallen zu lassen, aber dann rief sie in der Woche noch einmal an, um mich zu bitten, und da es ein sonniger Samstagnachmittag war, machte ich mich dann doch, begleitet von Patrick, auf den Weg. Das Teppichhaus Mazhar lag in der Nähe des Stadtparks, ich parkte etwas außerhalb, und wir schlenderten durch die Anlage, in der die Krokusse bereits blaue und weiße Lachen bildeten. Auch einige der ersten Narzissen schwangen ihre Glocken im Wind. Mein Sohn stapfte etwas missmutig neben mir her, aber er hatte in der letzten Zeit zu viel und zu lange vor seinem Computer gesessen, und ich war der Meinung, dass ihm ein bisschen frische Luft ganz gut täte.
»Baba, müssen wir uns unbedingt ansehen, wie Nicole mit dem Hintern wackelt? Wir könnten doch auch ins Museum für Kultur und Technik gehen, die haben eine Ausstellung über die Entwicklung des Computers.«
»Die mich nicht interessiert.«
»Und mich interessiert Nicoles wackelnder Hintern nicht!«
»Bedauerlicherweise spielt heute mal dein Interesse keine Rolle. Nicole ist meine Freundin, und sie hat mich gebeten, zuzuschauen, wenn sie das erste Mal auftritt.«
»Sie hat auch nicht zugeschaut, als du das erste Mal aufgetreten bist.«
»Zum Glück nicht.«
»Baba, was ist da passiert? Warum ist Ulli so stinkig auf dich?«
»In diesem Fall muss ich eine typische Mutterantwort geben: Das geht dich nichts an!«
»Wahrscheinlich geht es mich dann eine ganze Menge an.« Ich wollte ihn gerade scharf zurechtweisen, denn meine Laune war nicht die beste, als mir eine Dame in den Weg trat, die mich staunend ansah.
»Baptista? Baptista Ellingsen? Bist du das wirklich?« Verdutzt sah ich die überaus elegante Frau an. Sie hatte einen weiten eierschalfarbenen Schal um sich drapiert, ein jadegrünes Kostüm lugte darunter hervor, und ihr Gesicht war von einem exquisiten Kurzhaarschnitt umrahmt.
»Isabell?«
»Genau die.«
»Ich dachte, du seist nach England gegangen?«
»Ich bin auch wieder zurückgekommen. Seit drei Monaten bin ich hier bei einer Marketing-Gesellschaft beschäftigt. Ich wollte schon die ganze Zeit mal bei dir anrufen. Du wohnst noch hier?«
»Im Haus meiner Eltern, ja.«
»Und das ist dein Sohn?«
»Das ist Patrick – Isabell.«
Patrick besann sich auf seine guten Manieren und gab ihr höflich die Hand.
»Er ist Damon wie aus dem Gesicht geschnitten. Wo ist sein reizender Vater?«
»Weiß ich nicht.«
»Nein? Nicht?«
»Wir sind seit zehn Jahren geschieden.«
»Etwa wegen der kleinen Lappalien, von denen ich dir damals erzählt habe?«
»Unter anderem. Jedenfalls habe ich seither nichts mehr von ihm gehört.«
»Das ist ja seltsam. Gerade vorletzte Woche habe ich ihn noch gesehen. Auf einem Kongress dieser verrückten Mathematiker. Trifft er sich nicht mit Patrick?«
Verlegen wich ich Patricks anklagendem Blick aus und sah auf die Uhr. »Isabell, wir müssen uns ein bisschen beeilen, ich habe einer Freundin versprochen, sie zu treffen.«
»Na, dann rufe ich dich in den nächsten Tagen an. Ich wollte heute Nachmittag auch noch mal in dieses neue Teppichhaus schauen, ich brauche noch etwas Dekoratives für meine neue Wohnung.«
In diesem Moment stieß mir mein Sohn hinterrücks den Dolch in den Rücken und meinte: »Dann können wir ja gemeinsam gehen. Babas Freundin tanzt da nämlich.«
»Ach ja? Stimmt, ich las so etwas in der Anzeige. Na, dann muss ich das ja wohl auch noch über mich ergehen lassen.«
Wir legten den weiteren Weg gemeinsam zurück, und ich musste mir eine ganze Reihe Fragen gefallen lassen, die ich eigentlich nicht so gerne beantwortet hätte. Isabell war damals äußerst neugierig gewesen, was meine Beziehung zu Damon anbelangte, aber nach der Latino-Nacht hatte ich mich mehr und mehr von ihr zurückgezogen. Als ich mein Studium unterbrochen hatte, hatten wir uns aus den Augen
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