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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hocken.«
    »Er hat aber gesagt, er findet es ganz toll, sich mit mir zu unterhalten.«
    Über den Wahrheitsgehalt mancher höflicher Äußerungen mochte ich mich mit meinem Sohn nicht streiten. Er nahm alles wörtlich, so, wie es gesagt wurde. Aber ich hatte so meine Bedenken. Trotzdem ließ ich mir von ihm das Versprechen abnehmen, Damon im Laufe der Woche anzurufen und das nächste Treffen zu vereinbaren.
    »Wir können doch auch was zusammen machen, Baba. Du musst ja nicht allein hier rumsitzen.«
    »Wie großmütig von dir, Patrick. Aber ich denke, es ist besser, ihr Männer bleibt unter euch.«
    Erkenntnis hin, Erkenntnis her, zu einem fröhlichen Familiennachmittag war ich noch nicht bereit.
    Nicole hatte auch noch einmal angerufen und ihre Einladung zu der Feier in Nandis Studio erneuert, aber ich hatte mit einer eher fadenscheinigen Begründung abgelehnt. Am Dienstag war ich froh, es getan zu haben, denn der Film, der in einem der größten hiesigen Kinos angelaufen war, hatte geradezu vernichtende Kritiken bekommen. Dümmliches Drehbuch, unbeholfene Handlung, die Darstellung verödet zu oberflächlichen Klischees, spannungslos bis zur letzten Minute – in diesem Tenor äußerte man sich über das Machwerk, auf das Nandi und auch Nicole soviel Hoffnung gesetzt hatten. Nun ja, ich konnte mir also das Eintrittsgeld für diesen Streifen sparen.
    Das Wetter verschlechterte sich nach dem Wochenende auch wieder, und der Frühling ging in grauen Schmuddelregen über. Ich blieb in meinem Trott, besuchte meine Vorlesungen und die Bibliothek, hielt meinen Haushalt in Ordnung und überwand mich jeden Tag, meine übliche Runde mit dem Fahrrad zu drehen.
    Ein Teil meiner Strecke führte am Rand der Landstraße entlang, die gewöhnlich nicht stark befahren und die nach einem knappen Kilometer auch wieder mit einem Fahrradweg versehen war. Ich hatte es immer für ungefährlich gehalten, diese Route zu fahren, aber ob es an diesem Donnerstag daran lag, dass die dunklen Wolken es früh dämmerig hatten werden lassen, der leichte Nieselregen die Sicht einschränkte oder ob der glitschige Boden mit schuld war, ich weiß es nicht. Jedenfalls hörte ich von hinten ein Auto mit hoher Geschwindigkeit kommen und fuhr so weit wie möglich an den Grünstreifen, um dem Wasserschwall zu entgehen. Aber offensichtlich hatte der Fahrer mich nicht gesehen, ich wurde von hinten erfasst, konnte noch geistesgegenwärtig das Gewicht verlagern, um nicht auf den Asphalt zu stürzen, und flog im hohen Bogen die Böschung hinunter. Dann wurde es Nacht um mich herum.
    Ich wurde wach, aber es war noch immer Nacht, es war kalt, und ich war völlig durchweicht. Außerdem tat mir alles weh, besonders der Kopf. Ein Scheinwerfer blendete auf, das Auto hielt jedoch nicht an. Mühsam versuchte ich mich aufzurichten, aber kaum hatte ich mich in eine halbwegs sitzende Position gebracht, wurde mir wieder schwindelig, und ich musste mich hinlegen. Panik erfasste mich langsam. Was, wenn mich hier niemand finden würde? Noch einmal versuchte ich, mich die Böschung hochzuziehen. Es war beinahe unmöglich, und vor Anstrengung brach mir der Schweiß aus. Ich weiß nicht, wie weit ich es geschafft hatte, es erschienen mir nur wenige Zentimeter, dann wurde es wieder dunkel um mich.
    Als ich das nächste Mal aus den Tiefen meines Bewusstseins auftauchte, war es hell. Es war auch trocken und warm. Aber langeblieb ich nicht in diesem Bereich, dazu schmerzte mein Kopf viel zu sehr, und die Augen zu öffnen war definitiv zu anstrengend. Später kam ich noch einmal zu mir, und die Helligkeit war etwas gedämpfter, auch die Kopfschmerzen ließen sich leichter ertragen. Eine Stimme neben mir sprach mich an.
    »Sind Sie wachgeworden? Hören Sie mich?«
    Ich gab einen irgendwie zustimmenden Laut von mir, und die Stimme fragte weiter. Ich mochte mich nicht darauf konzentrieren, was sie sagte, das war mir zu anstrengend. Aber immer wieder stellte sie mir diese quälende Frage, die mich schon so lange beschäftigt hatte: »Wer sind Sie? Wie heißen Sie?«
    Musste das jetzt schon wieder sein? Wer bin ich? Wer bin ich?
    Schließlich war ich es leid und sagte laut und vernehmlich: »Ich bin, die ich bin!«
    »Das hilft uns nicht besonders weiter. Bitte nennen Sie mir Ihren Namen.«
    Namen? Welchen Namen? Ich fand keine Antwort und zog mich in mich selbst zurück. Dort in den unauslotbaren Tiefen träumte ich, schwebte in der Welt zwischen den Welten, und dort erschien mein

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