Die Herrin von Rosecliffe
müsse. Sie wollte auch verhindern, dass es zu einem Zusammenprall ihres Mannes mit Rhys kam, denn sie zweifelte jetzt nicht mehr daran, dass er Isolde liebte. Andernfalls hätte er niemals auf seine Rache verzichtet.
Doch sie schwieg. Sie musste Rand vertrauen. Er hatte sie noch nie enttäuscht und würde es auch jetzt nicht tun. Er liebte seine Tochter von ganzem Herzen und er war ein gerechter Mann.
Natürlich würde Rhys für seine Verbrechen bezahlen müssen, das war Josselyn klar. Aber wer könnte besser über eine angemessene Bestrafung des wilden walisischen Ritters entscheiden als Rand - zusammen mit Isolde?
Kapitel 27
Der erste Stock war leer, der zweite ebenfalls. Blieb nur noch das Turmzimmer in der dritten Etage. Bei der Vorstellung, dass Isolde mitten im Flammenherd gefangen sein könnte, wurde Rhys' Herz schwer wie Blei, aber er verlangsamte sein Tempo nicht. Der Rauch war jetzt so dicht wie Flussnebel und so heiß, dass jeder Atemzug zur Qual 'wurde. Rhys hatte im Vorbeihasten einen Vorhang vom Fenster gerissen und hielt sich den Stoff vor Mund und Nase, um etwas weniger Rauch schlucken zu müssen.
»Isolde?« Wo war sie nur?
Die Tür zum Turmzimmer war geschlossen, doch aus der Ritze zwischen ihrer unteren Kante und dem Fußboden drang Rauch. Rhys wollte diese schwere Eichentür aufstoßen. Die obere Hälfte gab ein wenig nach: stinkende schwarze Rauchschwaden entwichen durch den Spalt und drohten Rhys zu ersticken. Doch schlimmer war, dass der untere Teil der Tür klemmte.
» Isolde? Isolde?« Er warf sich mit der Schulter gegen das massive Holz. Sie war dort eingesperrt das wusste er.
Nun bewegte sich auch der untere Teil der Tür ein wenig, leider nicht weit genug, um ins Zimmer vordringen zu können. Immerhin konnte Rhys jetzt aber sehen, dass die winzige Kammer einer Hölle gleichen musste. Der Türrahmen auf der Innenseite stand in Flammen, die ihre gierigen Zungen sofort auch nach draußen ausstreckten.
Rhys duckte sich, um ihnen auszuweichen, und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür einmal, zweimal, dreimal ... Wieder gab sie ein wenig nach, und er konnte das Hindernis erkennen: einen Haufen Steine. Allmächtiger, der Blitz hatte sogar die Mauer zum Einsturz gebracht!
Hustend stolperte er einige Schritte zurück, weil Hitze und Rauch schier unerträglich waren. Er rieb sich die brennenden Augen, was aber nicht viel nutzte. Am Boden kauernd, weil die Luft unten etwas kühler war, atmete er tief durch und warf sich dann sofort wieder gegen die Tür. Und endlich waren seine Bemühungen von Erfolg gekrönt: der Spalt war jetzt so breit dass er sich ins Zimmer zwängen konnte. »Isolde ... «
»Rhys!«
Sie hockte in der Ecke hinter der Tür und hatte offenbar versucht die Steine wegzuräumen, die ihr den Fluchtweg versperrten. Für Sekunden trafen sich ihre Blicke, und in beider Augen stand so viel geschrieben, dass auch die Ewigkeit nicht ausgereicht hätte, um alles zu lesen. Dann streckte Isolde die Hand aus, und Rhys zog sie hoch.
Über ihnen knirschten brennende Dachbalken. Es regnete Holzsplitter, heiße Asche und sprühende Funken. Er schob Isolde hastig durch den Türspalt und folgte ihr nach draußen. Auch das Treppenhaus hatte sich mittlerweile mit Rauch gefüllt. Sie hustete so stark, dass ihr schlanker Körper von Krämpfen geschüttelt wurde. Obwohl Rhys überglücklich war, sie gefunden zu haben, verspürte er wieder panische Angst als er Isolde verzweifelt nach Atem ringen sah. Er musste sie schnell von hier wegbringen. Sie brauchte frische Luft und Wasser. Vielleicht hatte sie auch Verbrennungen erlitten ... Er hob sie hoch und wollte die Treppe hinabeilen, aber sie wehrte sich unerwartet dagegen.
»Rhys«, flüsterte sie zwischen zwei Hustenanfällen. »Warte! Die Tür ... Du musst die Tür schließen ... «
»Zuerst muss ich dich in Sicherheit bringen.«
»Nein. Bitte, Rhys, schließ die Tür, sonst breitet der Brand sich auf die ganze Burg aus.«
Soll sie ruhig bis auf den Grund abbrennen!, hätte Rhys um ein Haar geantwortet. Die völlige Zerstörung von Rosecliffe Castle war ein verführerischer Gedanke. Ein Teil von ihm würde. es genießen, wenn von diesem Symbol englischer Aggression in Wales nur Schutt und Asche übrig bliebe. Wenn er die Festung schon nicht besitzen konnte, sollten auch die Fitz Hughs sie nicht mehr besitzen!
Doch was war mit der Fitz Hugh in seinen Armen? Sie würde vom Verlust ihres Zuhauses ebenso betroffen sein
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