Die Herrin von Sainte Claire
doch ließen sie endlich den Bräutigam die Türe hinter sich und seiner Braut schließen. Laut grölend gaben sie Scherze von sich, die gewiß nicht für die Ohren der Braut geeignet waren, während sie wieder die Treppe hinab in den Saal torkelten. Alaine gesellte sich nicht mehr zu ihnen, sondern schritt in Gedanken versunken auf ihr eigenes Gemach zu. Ehe sie ihre Türe erreicht hatte, hielt sie zögernd an. Ein zerrissenes Schluchzen drang aus der Kammer, in der Mathilde, Judith und Gunnor schliefen – jetzt nur mehr Judith und Gunnor. Alaine mußte nicht erst durch die halbgeöffnete Tür spähen, um zu wissen, wer da seine Tränen vergoß, während ganz Brix schwelgte und feierte. Sie empfand kurz Mitleid für ihre Stiefschwester. Wie traurig, daß sie nur Tränen fand, während alle anderen sich freuten.
24
Das Gasthaus ›Zu den Zwei Brüdern‹ lag an der Grenze im Osten der Ländereien von Brix, am Dorfende von Gauchemain. Es wurde jedoch nur noch von einem Bruder betrieben, nachdem der andere sein Ende in einem Streit um die vollbusige, schwarzhaarige Magd Marie gefunden hatte. Die schaltete und waltete jetzt in der Schankstube und bot so ziemlich alles an, nach was es die Kunden verlangte. Nach dem tödlichen Streit hatte Marie den am Leben gebliebenen Bruder alsbald in eine Heirat gelockt. Sie wußte es zu schätzen, die Frau eines wohlhabenden Wirtes zu sein, wie sie es ebenso genoß, als Königin der Schankstube zu residieren und sich in den bewundernden Blicken eines jeden strammen Burschen zu sonnen, der durch die Tür trat. Ihrem Ehemann war das zusätzliche Geld recht, welches sie von jenen erhielt, die bereit waren, für ihre Gunst zu zahlen, die sie für eine Nacht oder eine Stunde gewährte. Er stellte keinerlei Fragen an die Leute, die Zuflucht oder Vergnügen in der schmierigen Schankstube oder in den muffigen Dachstuben des Gasthauses suchten. Solange sie beim Eintreten das Geklimper von Münzen begleitete, war er hochzufrieden.
Daher gab es auch keine befremdenden Blicke, als eines Abends eine reichgekleidete Dame, mit Mantel und Kapuze verhüllt, durch die Türe trat. Wie sie so an der Tür verweilte, drang die regennasse Kälte der Nacht in die Stube herein. Auf ein unwirsches Knurren eines Gastes hin schloß sie die Tür. Von ihrem Mantel und ihrer Kapuze troff der Regen des Unwetters herab, doch sie schüttelte ihn nicht aus. Zögernd trat sie an den Schanktisch und stellte mit gedämpfter Stimme einige Fragen, wobei sie eine Münze auf die schmutzige Tischfläche legte. Der Wirt prüfte die Münze durch einen Biß auf Echtheit, dann deutete er auf die Treppe, die zu den Dachstuben führte.
Gunnor zog den Vorhang zurück, hinter dem sich die Türe zur ersten Stube verbarg. Sie trat in die schmuddelige Stube und stürzte mit einem Freudenschrei auf die Gestalt zu, die mit mißbilligend-düsterer Miene vor dem einzigen Fenster stand.
»Liebster, seht mich nicht so böse an!« bettelte sie. »Ihr wißt nicht, was ich auf mich genommen habe, bei diesem Unwetter alleine durch den Wald voller Räubergesindel zu Euch zu reiten!«
Gilbert mühte sich, freundlicher dreinzuschauen. »Böse, Liebste?« Er lachte leise, doch es klang gar nicht heiter. »Ihr verwechselt das mit meiner rasenden Sehnsucht nach Euch. Rastlose Begierde machte mir zu schaffen, hier auf Euch zu warten und zu wissen, bald Euren süßen Leib in den Armen zu halten.«
»Mir auch«, hauchte sie. Sie schüttelte den durchnäßten Mantel von ihren Schultern und half ihm, ihr Gewand aufzubinden. Während er ihre nassen Kleider von ihrem Körper abstreifte, verharrte sie regungslos wie eine Marmorstatue. Artig trat sie aus den zusammengeknüllten Kleidern zu ihren Füßen heraus. Mit unsteten Augen wich sie dem Blick Gilberts aus, der über die weiblichen Formen ihres Körpers wanderte. Mit offensichtlichem Gefallen musterte er ihre Brüste, den rosigen Hof ihrer Brustwarzen, der sich von ihrer samtigen, elfenbeinfarbigen Haut abhob, die kräftigen Haarbüschel, die ihre Scham verdeckten. Wie eingeübt, ergriff sie seine Hand und preßte sie gegen ihre üppige, weiche Brust. »Ich bin ganz die Eure, mein geliebter Herr. Macht was Ihr wollt mit meinem Körper. Gern begebe ich mich in Eure Arme.«
Ohne Umschweife stieß er Gunnor auf das schmutzige Strohlager, das als Bett diente. Er wußte sehr wohl, Leidenschaft war von dieser hier nicht zu erwarten. Immer sah sie sich als Märtyrerin der Lust. Widerstandslos legte sie
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