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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Kämpfen zugunsten der Völlerei aufgegeben. Ist dies der Edelmann, den du dir zur Verteidigung von Ste. Claire wünschst?«
    »Rannulf, Herr von Carentan?«
    »Der hat noch niemals um meine Hand angehalten!«
    »Er war bis vor sechs Monaten nicht frei. Wäre ihm die Lage hier bekannt, bin ich überzeugt, daß er begierig seinen Schutz anböte. Er steht in der Blüte seines Lebens. Rannulf wäre die Antwort auf unsere Sorgen.«
    Alaine stieß einen ungehaltenen Seufzer aus. »Rannulf mißfiel seine letzte Frau, und er sperrte sie während ihrer ganzen Ehe in eine Kammer. Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, daß ihre Schreie jede Nacht ertönten, wenn er sie schlug. Ist das die Sorte Edelmann, die ich deiner Ansicht nach erwählen sollte?«
    »Sei keine Närrin! Adela war widerspenstig und strohdumm. Ich kann Rannulf keinen Vorwurf daraus machen, daß er sie weggesperrt hat. Du würdest ihre Fehler nicht begehen.«
    »Woher weißt du das?« fragte Alaine aufbrausend. »Was weiß ich denn schon, wie man einem Mann zu gefallen hat? Nichts!«
    »Ein Mann braucht dich nur anzusehen, um Gefallen an dir zu finden, Alaine«, widersprach ihr Joanna sanft. »Du magst zwar eigenwillige Vorstellungen und Eigenschaften haben, dank deines Vaters, aber im Grunde bist du ein liebenswertes Mädchen. Und du bist sehr schön.«
    Alaine wandte verlegen den Blick ab.
    »Alaine!« Joanna erhob sich und legte ihre Hände auf die Schultern ihrer Stieftochter. »Du mußt eine Entscheidung treffen, Mädchen, oder du läufst Gefahr, daß man es über deinen Kopf hinweg tut. Denk an deine Stiefschwestern und an mich. Sollte Ste. Claire erobert werden, wirst du vielleicht dem Sieger zur Frau gegeben. Aber was wird aus Gunnor und Mathilde und der kleinen Judith? Dein guter Wille ist ihr einziger Schutz.«
    Alaine seufzte gottergeben. Gegen Drohungen und Forderungen ihrer Stiefmutter hätte sie möglicherweise trotzig aufbegehrt. Aber in Joannas Augen lagen nicht nur bange Sorge um Ste. Claire, sondern auch innige Zuneigung für sie.
    »Überbringe Rannulf eine Nachricht, Joanna. Richte ihm aus, mein Vater sei gestorben und Ste. Claire in Not. Sage ihm, sein Heiratsantrag würde gnädig erhört werden.«
    Joanna strahlte, stolz auf die Entschlußkraft, die sich auf der Miene ihrer Stieftochter spiegelte. »Das dürfte das richtige Lockmittel für ihn sein.«
    »Ich bitte vielmals um Verzeihung, meine Damen.«
    Überrascht wandte sich Joanna um, als sie die Stimme des Seneschalls vernahm. Selten verirrte sich ein Mann in die Kemenate, dem hellsten und wärmsten Gemach der Burg. Der Raum war den Frauen vorbehalten, wo sie zum Sticken, Kartenspiel und Spinnen zusammentrafen.
    »Was gibt es, Sir Oliver?«
    »Neuigkeiten, Herrin. Keine guten, fürchte ich.« Der alte Krieger zupfte verlegen an seinen dünnen grauen Haaren, die ihm bis zur Schulter herabfielen. »Ein Heer ist auf der Oststraße im Anzug. Sieht nicht gerade nach einem freundschaftlichen Besuch aus.«
    Alaine wurde es klamm ums Herz. Konnte sich die Kunde vom Tode ihres Vaters schon verbreitet haben? Zwar würden die abtrünnigen Gefolgsmänner schon dafür sorgen, aber sieben Tage waren gewiß zu kurz, um die Nachricht überallhin unter die Leute zu bringen.
    »Wer ist es?« Mit Anstrengung hielt sie ihre Stimme ruhig.
    »Ich kann das Wappen auf dem Banner noch nicht erkennen, Mylady.«
    »Wie weit ist es entfernt? Wieviel Zeit haben wir noch?«
    »Wir haben nicht genug Zeit, Herrin«, antwortete er gebrochen. »Hätte man uns vor einer Woche, nein, vor einem Monat den Krieg erklärt, so wäre uns auch da noch die Zeit zu knapp geworden. Die Palisaden sind zu morsch und es einfach nicht wert, daß man zu ihrer Verteidigung Blut vergießt. Die äußere Mauer bröckelt an vielen Stellen, und auf den Zinnen wachen zu wenige Krieger.«
    »Außerdem sind die Vorratsspeicher beinahe leer«, erinnerte Joanna sie beide erneut.
    Aufgebracht schritt Alaine ans Fenster. Der Ausblick öffnete sich nach Norden. Sie sah nur stille Felder und ein friedliches Dorf, alles lag unberührt und ahnungslos von der sich nähernden Gefahr aus dem Osten.
    »Haben wir genügend Zeit, um die Dorfbewohner in die Burg hereinzubringen?«
    »Ich fürchte nein, Herrin.«
    Das Feudalrecht sah vor, daß eine private Fehde sieben Tage zuvor angekündigt werden mußte – genügend Zeit, um die wehrlosen Dorfbewohner und ihr Vieh in den Schutz der Burgmauern zu bringen. In jenen düsteren Tagen aber wurde das Gesetz

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