Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
übernatürlichen Geist gehalten hatte. Er wusste jedoch, dass dies eine Auseinandersetzung war, die er nicht gewinnen würde.
»Herr, ich habe die Untersuchung durchgeführt, um die Ihr gebeten hattet«, sagte Metron. »Ich habe mich mit den anderen Biologen beraten und habe nun die Antworten, die Ihr sucht.«
»Und?«
»Die Quelle der Bitterholz-Legende ist die kleinere Rebellion der südlichen Provinzen vor zwei Jahrzehnten. Bitterholz war einer der Anführer dieser Rebellion. Er hat eine abscheuliche Philosophie des Völkermordes gegen sämtliche Drachen gepredigt. Obwohl die Rebellion schließlich zerschlagen wurde, führten seine radikalen Thesen zur Bildung einer kleinen, aber getreuen Gruppe von Anhängern. Die Gruppe konnte unseren Soldaten viele Jahre entwischen, aber am Ende sind sie in die Skelettstadt getrieben worden, wo sie getötet wurden.«
»Wollt Ihr damit sagen, dass wir es heute Nacht mit einem toten Mann zu tun hatten?«, fragte Albekizan.
»Nein, obwohl eine gängige Version dieser Legende behauptet, dass der rachsüchtige Geist von Bitterholz noch immer das Königreich heimsucht. Eine andere Variante besagt, dass Bitterholz dem Tod entkommen konnte und bis zu diesem Tag weiterkämpft, allein, ohne sich länger auf andere Menschen zu verlassen.«
»Also habt Ihr mir nichts als Legenden zu bieten?«
Metron zuckte mit den Schultern. »Herr, die Wahrheit ist einigermaßen banal, vermute ich. Alle Beweise lassen mich zu dem Schluss kommen, dass Bitterholz vor zwanzig Jahren gestorben ist. Lediglich seine Legende lebt noch. Aber andere Menschen bringen jetzt hin und wieder genügend Mut auf, um einen Drachen zu töten – gewöhnlich auf höchst unehrenhafte Weise, nämlich aus dem Hinterhalt –, und wenn unsere Soldaten dem Fall nachgehen, geben die Menschen Bitterholz die Schuld, damit wir weiter einem Mythos nachjagen.«
»Der Mann, der meinen Sohn getötet hat, war kein Mythos«, sagte Albekizan. »Bitterholz befiedert seine Pfeile mit den Federschuppen von Drachen. Wir haben dreizehn Beweisstücke seiner Existenz aus Bodiels Leiche gezogen.«
»Ja, Herr«, sagte Metron. »Wir sollten allerdings berücksichtigen, dass die Federschuppen von Drachen keine seltene Ware sind. Wir stoßen ständig welche ab, wenn neue auftauchen.«
Zanzeroth fühlte sich von Metrons Worten getroffen. In seinem Alter verlor er alte Schuppen ohne die Gewissheit, dass neue an ihre Stelle rücken würden. Er starrte auf die großen schwarzen Flecken aus nackter Haut an seinen einst karmesinroten Vorderklauen.
»Unsere Diener und die Feldarbeiter finden ständig heruntergefallene Federschuppen«, sprach Metron weiter. »Was, wenn ein mit der Legende vertrauter Mensch sie benutzt, um Angst unter uns zu verbreiten? Ich bin die Berichte durchgegangen und habe hunderte von Todesfällen von Drachen gefunden, die Bitterholz zugeschrieben wurden. Es ist wahrscheinlich, dass andere Männer Bitterholz für Morde verantwortlich gemacht haben, die sie selbst begangen haben.«
»Nein«, sagte Albekizan. »Ich bin sicher, dass ein einziges Wesen, ob Mensch oder Geist, verantwortlich ist. Ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen.«
Jetzt stachen die Worte des Königs Zanzeroth, als er begriff, dass er nie wieder etwas mit beiden Augen sehen würde.
»Dennoch bin ich nicht blind gegenüber der Möglichkeit, dass andere Menschen Bitterholz unterstützen«, sagte
Albekizan. »Deshalb habe ich Euch hergebeten. Wir werden einen Weg finden, wie wir den Gestank der Menschen für immer aus meinem Königreich vertreiben. Ich habe ihre Art viel zu lange geduldet. Sie vermehren sich wie die Ratten. Ihre vom Mist verseuchten Dörfer verbreiten Krankheiten. Sie sind lästig, nichts als Bettler und Diebe. Und dies ist ihr größtes Verbrechen: Sie geben Bitterholz eine Zuflucht. Wir müssen auch den letzten sicheren Hafen vernichten, den der Verbrecher benutzen kann. Unseres Sieges über Bitterholz können wir uns nur dann wirklich sicher sein, wenn alle Menschen tot sind.«
Einen Moment lang sagte niemand etwas. Zanzeroth war sich nicht sicher, was Albekizan meinte. Hatte er vor, sämtliche Menschen in den umliegenden Dörfern zu töten?
Metron brach die Stille, indem er sich räusperte. »Alle Menschen, Herr?«, fragte er dann.
»Jeden Einzelnen.«
»Bezogen auf welches Gebiet?«, fragte er.
»Bezogen auf die Welt«, antwortete Albekizan.
Wieder herrschte lange Zeit Stille, in der Kanst Metron ansah, der seinerseits
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