Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
Flügel der beiden zerbarsten bei dem Zusammenprall, und sie trudelten zur Erde.
Es war beinahe zwanzig Jahre her, dass Bitterholz zum ersten Mal einen Himmelsdrachen im Fluge erwischt und zugesehen hatte, wie er zur Erde stürzte. Als er jetzt die Engel fallen sah, strömte genauso wie damals Adrenalin durch seinen Körper. Er wusste nicht, ob er in diesem Kampf auf der richtigen Seite war. Er wusste nicht, ob Jazz ihn dazu gebracht hatte, sich hier in der Stadt der Götter an einer Tat von unaussprechlicher Boshaftigkeit zu beteiligen.
Erst wenige Augenblicke zuvor hatte er nichts anderes tun wollen, als Jeremiah zu retten und ihn und Zeeky an einen weit entfernten Ort zu bringen, wo Krieg nichts als ein leises Wispern war und sie fast wie eine richtige Familie in Frieden leben konnten. Er hatte das Töten als seinen Lebensinhalt hinter sich lassen wollen. Aber als er jetzt seine Gegner vom Himmel fallen sah, lösten sich alle diese Wünsche auf und wurden von der Blutgier weggeschwemmt, die durch seine Adern strömte. Er zielte mit einem Gefühl, das der Fröhlichkeit sehr nahe kam, auf den nächsten Engel und ließ seinen Pfeil von der Sehne schnellen.
Jazz achtete nicht auf die Engelsschar. Die Erfahrungen, die sie mit den beiden Kriegern im Rücken gemacht hatte, gaben ihr das Vertrauen, dass die nächsten sechzig Sekunden in verhältnismäßiger Ruhe verlaufen würden. Sie klatschte in die Hände, und das Wasser hörte auf, in den Teich zu fallen, sondern verharrte. Die goldene Scheibe auf dem Springbrunnen würde einen hervorragenden Leiter für ihren Transmitter abgeben.
Sie musste sich konzentrieren. Sie gestattete der Lichthülle, die wie eine dritte Haut an ihr klebte, sich aufzulösen, so dass ihre zweite Haut zum Vorschein kam, der silberne Flaschengeist, der an Jandras Poren befestigt war. Es war ein offensichtlicher
Fehler gewesen, den Flaschengeist in ihrem alten Körper in einer derart kompakten Form getragen zu haben. Indem sie ihn so zusammengeballt hatte, war er gegenüber Gabriels Schwert verletzbar geworden. Jetzt, da sie ihn über die gesamte Oberfläche ihres neuen Körpers verteilte, hatte sie eine größere Chance, dass der Rest überleben würde, falls irgendein Teil Schaden erleiden sollte. Ihre Persönlichkeit befand sich noch immer hauptsächlich in dem Computer-Gedächtnis des Flaschengeists. Wenn sich die Aufregung erst einmal gelegt haben würde, würde sie ein paar Tage am Strand ausspannen, etwas Sonne tanken und die Synapsen ihres neuen Hirns neu verdrahten, damit es wirklich ihr eigenes war und Jandra für immer ausgelöscht blieb.
Silberne Fäden schossen von ihren Fingern weg und wickelten sich um den Glasstift in der Mitte des Springbrunnens, rankten sich höher und drangen in das Gold ganz oben an der Spitze ein, wobei sie eine raffinierte Textur in die Oberfläche gruben.
Ein Engel krachte auf der anderen Seite gegen den Springbrunnen, und der Glasrand zersplitterte. Das Wasser des Teiches strömte durch die neu entstandene Öffnung. Goldfische zappelten um Jazz herum. Obwohl es sie nicht im Geringsten störte, dass sie schon bald sechs Milliarden Menschen töten oder verkrüppeln würde, fühlte sie sich gar nicht gut bei der Vorstellung, dass die Fische leiden mussten.
Vage war sie sich bewusst, dass Vendevorex direkt neben ihr stand. Sie war etwas ratlos, was sie mit ihm tun sollte. Er war nicht Teil ihres Plans gewesen. Ihn in der Scheune zu töten hätte allerdings mit Sicherheit den Glauben der anderen erschüttert, dass sie Jandra war. Auf der anderen Seite kannten Hex und Bitterholz und alle anderen Jandra noch nicht sehr lange, wie ihre Erinnerungen verrieten, weshalb sie leicht zu
täuschen waren. Vendevorex hatte Jandra allerdings ihr ganzes Leben lang gekannt. Kaufte er ihr das alles ab? Sie hatte ihn zuvor mit seinem vollständigen Namen angesprochen, was ein Ausrutscher gewesen war. Jandra pflegte ihn mit einem Namen anzureden, in dem mehr Zuneigung schwang.
»Ven«, sagte sie. »Der Schlüssel, der es dir erlaubt, mit deinen Naniten zu sprechen, sobald der Impuls aktiviert ist, lautet 17 351. Es vergehen zwanzig Sekunden, bis die Wirkung einsetzt. Da du bis dahin nichts anderes zu tun hast, könntest du bitte die Goldfische retten?«
Vendevorex nickte. In einer dramatischen Geste breitete er seinen Flügel über dem zerstörten Teich aus und schickte einen Schauer aus Silberstaub darüber. Die Glasscherben begannen zu tanzen, sie hüpften und
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