Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
Eisenbett, dessen Matratze mit Gänsefedern gefüllt war; ein ovalförmiger, hoher Spiegel mit einem Holzrahmen; eine Kommode mit einer Reihe von Kämmen darauf; ein großer Schrank und eine große Eichentruhe, die sich am Fußende des Bettes befand.
Ihre Stimmung hob sich, als sie sah, dass der Deckel der Truhe noch offen stand und verschiedene Bücher und Papiere verstreut herumlagen. Genau so hatte sie die Truhe zurückgelassen, nachdem sie darin nach Vendevorex’ Schädelkappe gesucht hatte. Sie hatte ihren Stirnreif abgenommen und seine Schädelkappe aufgesetzt, und im gleichen Augenblick hatte sie erkannt, dass sein Flaschengeist mächtiger war als ihrer. Unglücklicherweise hatte sie den Helm in der gleichen Nacht angelegt, in der die Schwestern der Schlange mordend durch den Palast gezogen waren. Danach war Jandra in abenteuerliche Ereignisse gezogen worden, ohne dass sie ihr Zimmer noch einmal hätte aufsuchen können. Und so war ihr alter Stirnreif ungeschützt auf der Kommode liegen geblieben.
Das Mondlicht machte es unmöglich, dass sie von dort, wo sie stand, irgendwie erkennen konnte, ob ihr Stirnreif immer noch auf der Kommode lag. Mit angehaltenem Atem ging sie den anderen voraus. Ein schwaches, abgerissenes Stöhnen entfuhr ihr, als sie näher herantrat. Der Stirnreif war weg.
»Es tut mir so leid«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich habe euch völlig umsonst in Gefahr gebracht.«
»Dein Flaschengeist ist nicht hier?«, fragte Shay. »Wer könnte ihn genommen haben?«
Jandra biss sich auf die Nägel, während sie nachdachte. »Hex
war der Einzige, der wusste, welche Macht der Stirnreif besaß. Vielleicht hat eine Palastwache ihn mitgenommen. Er sieht aus wie Silber. Man hätte ihn leicht verkaufen können.«
»Du hast schon öfter von Hex gesprochen«, sagte Shay. »Aber warum hätte er diesen Flaschengeist mitnehmen sollen, wenn er bereits deinen anderen hat?«
»Hex würde am liebsten beide vernichten. Er misstraut der Macht zutiefst.«
»Seltsam für einen Sonnendrachen«, sagte Shay. »Immerhin sind sie die mächtigsten Geschöpfe überhaupt.«
»Hex hat bezweifelt, dass Macht sich als Recht erweisen kann. Ganz im Gegenteil, er war davon überzeugt, dass Macht sich letztlich immer als Unrecht entpuppt. Er war der Meinung, dass alle Könige von Natur aus unmoralisch sind.«
»Mit anderen Worten«, sagte Shay, »er war ein Anarchist.«
»Bis auf die Knochen«, sagte Jandra. »Glücklicherweise hat ihn das zu einem geeigneten Kameraden gemacht, der es an meiner Seite mit der Göttin aufgenommen hat. Sie war die Verkörperung einer Macht, die sie absolut verdorben hatte.« Sie warf einen Blick in den Spiegel bei der Kommode und blickte rasch wieder zur Seite. Mit der ausgebeulten gebrauchten Kleidung und den ungewaschenen, wirren Haaren sah sie schrecklich aus. Sie setzte sich auf den Bettrand, und Echs hüpfte von ihrer Schulter herunter. Sie starrte zu Boden. »Bis Hex mich verraten hat, habe ich ihn für meinen besten Freund gehalten. Ich war so blöd.«
Anza gesellte sich zu ihr auf das Bett. Ihre Augen weiteten sich, als sie feststellte, wie weich es war. Mit einem Grinsen sank sie rücklings und mit ausgebreiteten Armen in die seidenweichen Federn.
Shay nahm einen der aus Knochen bestehenden Kämme von der Kommode hoch und drehte ihn in den Händen.
Vendevorex hatte ihn aus dem Oberschenkelknochen eines Bullen geschnitzt und mithilfe von Naniten in hundert winzigen, hübschen Buchstaben Jandras Namen darauf geschrieben. Vendevorex hatte die Macht besessen, ihr alles zu geben, was sie sich erträumt hätte, aber seine Geschenke waren stets schlicht gewesen – Gegenstände aus Knochen, Stein und Holz statt aus Gold oder Elfenbein. Er hatte nicht gewollt, dass sie sich mit zu viel Reichtum umgab.
Nach einer langen Pause stellte Shay die Frage, die bereits laut in Jandras Geist dröhnte. »Und was jetzt?«
Anza rollte sich auf die Seite und stemmte den Kopf in die Faust, während sie Jandra ansah. Sie war offenbar genauso erpicht darauf, die Antwort zu hören.
Echs scherte sich ganz und gar nicht um die Frage, sofern er sie überhaupt verstand. Stattdessen hüpfte er auf den Boden und starrte in den Spiegel. Die stoppeligen Schuppen an seinem Nacken stellten sich auf, als er den kleinen Erddrachen in dem Glas sah. Er streckte seine Klaue aus und riss sie dann heftig zurück, als der andere Drache ihn gleichzeitig ebenfalls zu berühren versuchte.
Jandra erhob sich und ging hin und
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