Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
ausgestrecktem Arm in Höhe der Kehle der Erddrachen von sich weg. Ein Geräusch kam aus ihrem Mund – das erste, das Jandra jemals bei ihr gehört hatte –, indem sie immer wieder rasch mit der Zunge gegen die Zähne stieß, während sie die Luft einsog. »Tk-Tk-Tk-Tk!« Das Geräusch war so beunruhigend wie die Drohung einer Klapperschlange.
Jandra wurde von Anzas dunkler Haut, den pechschwarzen Haaren und der eisigen Drohung in ihrem Blick inspiriert.
»Ihr hättet besser auf Eure Sklaven hören sollen, Chapelion. Ich habe tatsächlich Umgang mit Dämonen. Dieser hier hat Euer Netz von sich gestreift, als wäre es nichts weiter als Wasser. Sie kann Eure Wachen schneller töten, als Ihr mit den Augen zwinkern könnt. Verlasst sofort diesen Raum.«
Chapelion starrte Anza durch seine Brille an. Seine Augen
wurden schmal, als er versuchte, die Situation einzuschätzen. Anza hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Da ist Feuchtigkeit an ihrem Hals«, sagte er. »Pflegen Dämonen zu schwitzen?«
»Woher solltet Ihr so etwas wissen?«, fragte Jandra.
Chapelion runzelte die Stirn und dachte darüber nach.
Bevor er etwas sagen konnte, hörte Jandra ferne Schreie von unten heraufdringen. Sie war sich nicht sicher, aber es war, als würde jemand »Feuer!« rufen.
Chapelions Blick schoss zur Tür, als hätte er die Rufe auch gehört.
Ein eigenartiges Geräusch erklang von außerhalb des Turms, wie von etwas, das lief oder huschte. Der Lärm erinnerte an das Scharren von tausend großen Eichhörnchen, die die Steinwände hochkletterten. Ein Schatten flitzte an den hohen Fenstern vorbei, als etwas Langes und Schlangenähnliches erst über eines, dann über ein anderes glitt, schließlich über noch ein weiteres. Es wurde immer dunkler.
Jandra spürte die aufkommende Panik der Erddrachen. Ohne zu wissen, was da draußen die Wand hochkletterte, entschied sie sich zu einer Finte. »Anza ist nicht der einzige Dämon, den ich heute Nacht beschworen habe.«
Als hätten ihre Worte es bewirkt, barst eines der Fenster nach innen. Glasscherben flogen durch den Raum. Kalte Nachtluft wehte in das Zimmer, als eine menschliche Gestalt im Fensterrahmen erschien. Sie befand sich fast vollständig im Schatten, und ein Umhang verhüllte die Konturen ihres Körpers. Eines jedoch war leicht zu erkennen, nämlich der Bogen, mit dem er direkt auf Chapelions Herz zielte.
Der neue Besucher sprach mit einer Stimme, die so kalt war wie der Winterwind. »Ich habe deine Bibliothek in Flammen aufgehen lassen, Drache.«
Chapelion kicherte und sah Jandra an. »Ich kann mir nicht helfen, aber deine Dämonen sehen alle aus wie Menschen. Das ist ein ziemlich schwacher Versuch, mich zu täuschen. Das Ganze unterhält mich mehr, als dass es mir Angst macht. Hmm. ›Unterhalten‹ trifft nicht ganz das, was ich meine. Erheitern, sollte ich sagen.«
Der Mann im Fenster ließ einen Pfeil von der Sehne schnellen, der allerdings nicht Chapelion traf, sondern die Walküre, die neben ihm stand. Sie fiel auf den Rücken; das grünbefiederte Geschoss ragte aus ihrem Ohr.
Bevor einer der anderen Drachen darauf reagieren konnte, waren laute Stimmen unten an der Treppe zum Turm zu hören. »Sucht Chapelion! Er muss es erfahren!« Chapelion drehte den Kopf herum, als er seinen Namen hörte.
»Deine Liebe zu Büchern ist legendär, Chapelion. Ich könnte dir einen Pfeil ins Hirn schießen, aber das würde mir die Befriedigung nehmen mir vorzustellen, wie du in den Resten der Großen Bibliothek stehst. Inmitten deiner Millionen von Büchern, die nur noch Rauch und Asche sind.«
Chapelion zitterte, und seine Augen weiteten sich. Ein Erddrache kam die Stufen hochgerannt, blieb dann stolpernd in der Tür stehen. »Die Große Bibliothek!«, rief er. »Sie brennt!«
Chapelion brachte ihn mit einem Wink seiner Vorderklaue zum Schweigen.
»Nehmt Eure Wachen mit«, sagte der Bogenschütze. »Verlasst diesen Raum. Vielleicht könnt Ihr das eine oder andere Buch noch retten. Jandra und die anderen bleiben hier. Sie gehören jetzt mir.«
»Wer bist du?«, fauchte Chapelion.
»Du weißt, wer ich bin.«
Jandra wusste es auch: Bant Bitterholz, Drachenjäger, Gottestöter,
Psychopath. Sein Gespür für den richtigen Zeitpunkt war wie immer tadellos.
Chapelion sah aus, als würde er unter körperlichen Schmerzen leiden, während er seinen Wachen Zeichen gab. »Wir dürfen hier keine weitere Zeit verschwenden. Verlasst die Menschen. Lauft zur
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