Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
das ihm irgendwie ungewöhnlich vorkam. Sie befanden sich jetzt ein gutes Stück hinter dem geschäftigen Richmond und waren kaum noch eine Meile vom Palast entfernt. Die frischen Pferde, die sie von Burkes Schenke mitgenommen hatten, hatten sie in der Stadt in einem Stall zurückgelassen, um sich unauffälliger nähern zu können.
Ihnen blieben immer noch ein paar Stunden bis zur Morgendämmerung; Shays Atem bildete große Wolken vor seinem Gesicht. Die Welt war vollkommen still, so ruhig, dass sogar das Rascheln von Shays Umhang laut wirkte.
Die Funken, die von Jandras magischem Armband aufgestiegen waren, wirbelten um sie herum. Es roch, als wäre gerade ein Sturm durch dieses Gebiet gezogen.
»Wir sind jetzt unsichtbar«, sagte Jandra.
»Nein, das sind wir nicht«, sagte Shay und starrte auf seine Hände.
»Die Spiegel haben einen Radius von fünfzehn Fuß. Jeder, der sich innerhalb dieses Radius befindet, kann alles ganz normal sehen. Steht man aber außerhalb des Kreises, werfen die Spiegel den Anblick zurück und zeigen nur ein Hintergrundbild. «
Shay sah sich um. »Ich sehe keine Spiegel.«
»Das sind auch nicht die Art Spiegel, mit denen du dich rasierst. Magnetisch integrierte schnellrotierende optische Umkehrsysteme sind nicht größer als ein Staubkorn, und sie tanzen die ganze Zeit auf magnetischen Wellen, die von dem Armband ausgeschickt werden.« Sie schob das Armband wieder zurück auf ihren Arm.
Shay nickte; zumindest verstand er einen Teil von dem, was sie gesagt hatte. »Du hast uns mit magischem Staub unsichtbar gemacht?«
Jandra verdrehte die Augen. »Shay, du wirst mir vertrauen müssen. Ich habe jetzt nicht die Zeit, alles zu erklären. Ich …« Ihr Gesicht wurde blass, als sie in die Ferne blickte. Anza zog ihr Schwert und folgte ihrem Blick.
»Was ist?«, flüsterte Shay und löste die Sicherung an seinem Gewehr.
»Entspannt euch und tut die Waffen weg«, sagte Jandra. »Ich wollte euch keine Angst machen.«
»Wieso bist du plötzlich so still geworden? Hast du was gesehen? «, fragte Shay und sah zu Anza hin. Er würde das Gewehr erst dann wieder sichern, wenn sie sich ebenfalls entspannte. Anza starrte in die Dunkelheit; sie hockte in einer Weise auf dem Boden, als wäre sie kurz davor zuzuschlagen. Schließlich erhob sie sich. Die Spannung wich aus ihrem Körper, und sie schob das Schwert wieder in die Scheide zurück.
Jandra fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Es ist … schwer zu erklären.«
»Versuch es«, sagte Shay.
Jandra sah ihn nicht direkt an, als sie sprach. »Also schön. Ich habe aufgehört zu sprechen, weil ich plötzlich den Drang hatte, dein Hirn neu zu verdrahten.«
»Ich verstehe nicht.«
»Als ich sagte, dass ich keine Zeit habe, alles zu erklären, habe ich das Bedürfnis gespürt, dein Hirn physisch neu zu verdrahten. Ich wollte dir einen Teil meines Wissens geben, bis du jemand bist, mit dem ich mich auf weniger ermüdende Weise unterhalten kann.«
Shay runzelte die Stirn. »Ich war mir nicht bewusst, dass ich ein so schwieriger Mensch bin, was das Reden betrifft.«
»Das bist du ja auch nicht«, sagte Jandra. Sie legte ihre Finger an die Lippen und fing an, an den Fingernägeln zu kauen. Echs beobachtete ihre Hände aufmerksam. Sie begriff, was sie tat, und ließ sie an die Seiten sinken. »Der Drang, dein Gehirn zu verändern, kam von der Göttin. Sie hat meine Erinnerungen manipuliert, damit ich eine bessere Kameradin für sie bin. Jetzt denke ich auf die gleiche Weise wie sie. Vielleicht hatte Hex Recht. Vielleicht hat Jazz mich so sehr verdorben, dass man mir keine Macht mehr anvertrauen sollte.«
Während Jandra sprach, ging Anza ein Stück weiter die Straße entlang. Als sie etwa zwanzig Fuß entfernt war, drehte sie sich um und grinste. Dann hielt sie den Daumen in der Geste der Zustimmung hoch.
»Zumindest das verstehe ich«, sagte Shay. »Offenbar sind wir tatsächlich unsichtbar. Was ich aber nicht verstehe, ist, wieso du nicht zugibst, dass du eine Zauberin bist. Du benutzt magischen Staub. Du hast einen Flaschengeist besessen. Wieso diese Zurückhaltung, wo es doch so offensichtlich ist?«
Jandra warf ihm einen ernsten, nachdenklichen Blick zu. »Jazz hatte einmal die gleiche Macht wie ich. Sie ist durch sie
verdorben worden. Sie hat sich von Leuten anbeten lassen und sie in dem Glauben belassen, sie wäre mehr als nur ein Mensch. Ich will nicht, dass irgendjemand mich anbetet. Ich glaube, mit Ehrlichkeit verhindere ich
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