Die Herrschaft der Orks
ungefähr so, als hätten ein Löwe, ein Elefant und eine Schlange zueinandergefunden – wobei sich der König nicht sicher war, welchem der Anwesenden welches Tier zuzurechnen war …
»In der Tat, mein König«, bekräftigte Ruvon. »Wir bedauern, Eure und unsere Kraft durch eitles Geplänkel geschwächt zu haben und werden nun alles daransetzen, Tirgaslans Feinde gemeinsam zu bezwingen.«
»Und – was verlangt Ihr dafür?« Tandelors Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. Selbst in seinem vom Wein benebelten Zustand wollte ihm nicht einleuchten, weshalb drei Männer, die sich bislang nach allen Regeln der Kunst bekämpft und sich ihre Stellung bei Hof gegenseitig geneidet hatten, plötzlich Frieden schließen sollten.
»Ihr beschämt uns, mein König«, sagte Savaric. »Sollten wir durch unser bisheriges Verhalten den Eindruck erweckt haben, nur auf unseren Vorteil bedacht zu sein, so bedauern wir dies zutiefst. Auch wir sind treue Untertanen des Reiches und wissen, dass es in diesen Tagen um alles geht. Gelingt es uns nicht, die Einheit des Reiches wiederherzustellen, wird das womöglich unser aller Ende bedeuten, und daran kann keinem von uns gelegen sein.«
»So ist es«, stimmte Lavan zu. »Wir sind deshalb hier, um unseren Treueschwur zu erneuern, mein König, und Euch unserer uneingeschränkten Unterstützung zu versichern.«
»Wir mögen verlernt haben, wie man eine Rüstung trägt und wie ein Schwert zu führen ist«, fügte Ruvon hinzu, »aber wir werden es wieder lernen. Für Euch, mein König. Für Eure Tochter, die dereinst auf dem Thron von Tirgaslan sitzen wird. Und für das Reich!«
Tandelor wusste nicht, was er erwidern sollte.
Die Einsamkeit, die er verspürt hatte und die sich wie zäher Nebel in seinem Herzen gehalten hatte, war dabei, sich aufzulösen, und er fühlte in seinem Inneren eine Wärme, die er lange nicht empfunden hatte.
»Lehnsherren«, erwiderte er leise, »der Stuhl, auf dem ich sitze, ist ein einsamer Posten, ganz gleich, ob er hier steht oder im Thronsaal von Tirgaslan. Zu ertragen ist dies nur in der Gesellschaft von Getreuen, denen ich vertrauen kann …«
»Gewiss, mein König«, versicherte Lavan. »Daher seid versichert, dass Ihr die Treusten Eurer Getreuen vor Euch habt. Wir mögen in der Vergangenheit nicht immer gefügige Untertanen gewesen sein, doch haben wir stets zum Wohl des Reiches gehandelt. Und das tun wir auch heute.«
Tandelor sah von einem zum anderen und musste unwillkürlich dabei lächeln.
Das erste Lächeln seit Langem.
»Diener!«, rief er laut und klatschte in die Hände. »Bringt Wein für mich und die Lords!«
Der Diener verließ das Zelt und kehrte unmittelbar darauf mit einem Tablett zurück, auf dem eine Karaffe und drei mit Wein gefüllte Becher standen. Nachdem er dem König aus der Karaffe nachgeschenkt hatte, verteilte er die Becher an die drei Grafen.
»Auf den König!«, rief Savaric und hob seinen Becher.
»Auf das Reich!«, fügte Lavan hinzu.
»Auf den Sieg!«, schloss Ruvon sich an.
»Auf Euch!«, erwiderte Tandelor. »Und auf Aryanwens Befreiung.«
Damit tranken sie und besiegelten das neue Bündnis.
Von neuer Hoffnung beseelt bekam Tandelor nicht mit, wie sich seine Lehnsherren über ihre Becher Blicke zuwarfen – und er übersah das Unheil, das sich über ihm und seinem Reich zusammenbraute.
19.
SOCHGASH-BHULL’HAI
Dag hatte nicht zu viel versprochen.
Der Tunnel, durch den er sie führte, war eng und dunkel und von Ungeziefer bevölkert – aber er wies auch den Weg aus der Zwergenfestung. Und als die Gefährten nach endlosen Stunden, in denen sie sich durch die dunkle Röhre geschleppt hatten, endlich wieder Tageslicht erblickten und frei atmeten, fühlten sich nicht nur Aryanwen und Dag wie neugeboren. Auch die Orks, die gerne behaupteten, nichts so sehr zu genießen wie ein dunkles, modriges Loch, waren ziemlich erleichtert – was Rammar seine Begleiter sogleich spüren ließ.
»Das wurde ja auch allmählich Zeit, du Fährtenkenner«, fuhr er Dag an, der in völliger Erschöpfung am Fuß des Felsens niedergesunken war. »Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, uns durch diese enge Röhre zu zwingen? Ich wäre mehrmals um ein Haar darin stecken geblieben!«
»Das ist wohl kam Dags Schuld, sondern die deines Umfangs«, entgegnete Aryanwen, die sich besorgt um ihren Geliebten kümmerte.
»Was willst du damit sagen?«
»Dass du für einen Helden der alten Zeit ziemlich viel Fett angesetzt hast«,
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