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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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genauso«, pflichtete Rammar schnaubend bei.
    »Vielleicht ja deshalb, weil die Völker Erdwelts einander in den letzten fünf Jahrhuderten ähnlicher geworden sind«, meinte Dag, während sie eine weitere, von rußgeschwärzten Fassaden gesäumte Gasse hinuntergingen, in denen schweigende Gestalten lungerten. Die verklärten Blicke und das wie versteinert wirkende Grinsen der Frauen und Männer ließen erahnen, dass sie sich im Reich des Lotus verloren hatten.
    »Einst hatten wir Menschen Ideale«, fuhr Dag fort. »Wir glaubten an Werte wie Gerechtigkeit und Freiheit und träumten von Frieden und Einheit, doch das ist vorbei. Das Reich ist nicht mehr, dafür herrscht Chaos, wohin man blickt.«
    »Wirklich?«, fragte Balbok von hinten. »Ist doch prima!«
    »Für euch vielleicht – für uns Menschen ist das Chaos ein unerträglicher Zustand, denn wir sind dazu gemacht, nach Ordnung zu streben, nach Recht und Gesetz.«
    »Selbst schuld«, höhnte Rammar. »Jeder Ork weiß, dass Ordnung nur eine Täuschung ist und Gesetze komplett für den asar – es sei denn, man hat sie selbst erlassen.«
    Dag schickte ihm einen Seitenblick, der eine Mischung aus Trauer und Bewunderung zu enthalten schien. »Wie einfach für euch alles ist.«
    »Es könnte auch für euch einfach sein, wenn ihr nicht immer alles komplizierter machen würdet, als es ist. Wenn diese elenden umbal’hai sich unbedingt gegenseitig umbringen wollen, dann lass sie doch!«
    »Aber es ist Unrecht«, beharrte Dag und blieb stehen. »Nicht der Lotus ist schuld am Elend dieser Leute«, stellte er klar, auf die im Rausch gefangenen Menschen deutend, »sondern die Politik der Mächtigen. Unsere Herrscher haben versagt! Statt Erdwelt in eine friedliche Zukunft zu führen, haben sie sich untereinander entzweit und trachten danach, sich gegenseitig zu vernichten. Nur deshalb ist unsere Welt in Krieg versunken! Deshalb hält der Tod dort draußen reiche Ernte, deshalb herrschen Hunger und Pestilenz auf den Dörfern, während man in den Städten Trost und Vergessen in Tanz und Rausch zu finden sucht!«
    »Schau an.« Rammar grinste, war sowohl amüsiert als auch ein wenig beeindruckt. »Ich dachte, du wärst einer von diesen blutarmen Bücherwürmern. Aber es scheint ja doch ein wenig Mumm in deinen dünnen Knochen zu stecken. Warum also tust du nichts dagegen, wenn du das Problem so klar durchschaut hast?«
    »Weil es ein Kampf ist, den ich niemals gewinnen könnte!«
    »Karsok« , fragte Balbok, der hinter ihnen stand und wie ein riesiger dünner Schatten über sie wachte. »Du könntest den Schuldigen ausfindig machen und ihm den Schädel einschlagen.«
    »Korr« , stimmte Rammar zu.
    »Wenn es so einfach wäre«, seufzte Dag. »Wer ist denn schuldig? In gewisser Weise haben alle Bewohner Erdwelts zu dieser Lage beigetragen – willst du sie alle umbringen?«
    »Wenn es sein muss …« Balbok schürzte die Lippen.
    »Also eins steht fest«, konstatierte Rammar, »ein Krieger bist du nicht.«
    »Das habe ich auch nie behauptet«, knurrte Dag und ging weiter. »Ich glaube nicht an das Schwert, sondern an den Geist, an die Kraft des Fortschritts.«
    »Shnorsh« , konterte Rammar und watschelte hinter ihm her. Befriedigt stellte der dicke Ork fest, dass er nun offenbar doch einen Weg gefunden hatte, ihren menschlichen Begleiter zu ärgern und sich auf diese Weise für die bei der Landung ausgestandenen Ängste zu revanchieren. »Sieh dich doch mal hier um, Milchgesicht, und dann sag mir, wohin euch euer angeblicher Fortschritt gebracht hat. Eure Städte mögen groß geworden sein, aber so heruntergekommen wie ein shnorshal , und es stinkt, dass es sogar für einen Ork kaum auszuhalten ist. Draußen auf den Schlachtfeldern werden eure Soldaten von feindlichen Blechkübeln auseinandergenommen, und alles, was euch dazu einfällt, ist, schwarzen Lotus zu fressen? Das ist nicht Fortschritt, Mensch – das ist erbärmlich. Was hätte der alte Corwyn wohl dazu gesagt?«
    Die Antwort folgte auf dem Fuß – aber sie kam nicht von Dag, sondern von außerhalb der Gasse. Und sie drang auch nicht aus dem Mund des jungen Mannes, der ganz offenbar vor sich und der Welt resigniert hatte, sondern war selbstsicher und kraftvoll – und so laut, dass sie von den umliegenden Häuserfassaden widerhallte.
    »Was würdet ihr den Königen der alten Zeit sagen, wenn sie jetzt durch diese Gasse geritten kämen?«, hörte man die Stimme rufen. »Was euren Vorfahren, die einst die Mächte des

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