Die Herrschaft der Orks
Dieser Ort ist so faulig und verkommen wie der Unrat, den es hier durch die Straßen spült. Er ist krank, verdorben bis ins Mark – und wenn du mich fragst, geschieht es euch Milchgesichtern ganz recht. Ihr habt doch immer geglaubt, etwas Besseres zu sein. Stets wart ihr überzeugt davon, den anderen Völkern von sochgal überlegen zu sein, und die verdammten Schmalaugen haben euch in dieser Dummheit noch bestärkt, indem sie euch zu ihren Nachfolgern ernannt haben. Aber kaum sind ein paar Jahre verstrichen, kommt euer wahres Gesicht zum Vorschein – und die Wahrheit ist, dass ihr keinen pochga besser seid als alle anderen. Ihr seid unvernünftig wie die Trolle, dämlich wie die Oger und ihr stinkt wie die verdammten Gnome.«
»Korr«, stimmte Balbok zu. »Mir ist schlecht.«
»Und mir erst«, gab Rammar grinsend zu. »Die gute Nachricht ist, dass die Menschen das Opfer ihrer eigenen Überheblichkeit geworden sind.« Er lachte schadenfroh, auch Balbok schnorchelte fröhlich mit.
»Ihr freut euch darüber, dass wir selbst schuld sind an unserem Schicksal?«, fragte Dag.
»Na und ob.«
»Wie Borsh der Stinkfisch, stimmte Rammar zu, worauf der junge Mensch ein ziemlich betretenes Gesicht machte.
»Verstehe«, sagte er nur. »Ich hatte gehofft, dass ihr Verständnis haben würdet. Oder Mitleid. Immerhin waren die Menschen eure Freunde …«
»Freunde?«, echote Rammar mit ungläubig geweiteten Augen. »Mitleid? Ich glaube, mir steckt ein Kobold in den Ohren! Hast du das gehört, Balbok?«
»Korr.«
»Der will uns offenbar beleidigen. Die Menschen, Faulhirn, sind nie unsere Freunde gewesen! Und die Schmalaugen auch nicht. Was ihr in euren komischen Geschichtsbüchern für Lügen verbreitet, weiß ich nicht, aber offenbar habt ihr euch die Vergangenheit wieder einmal hübsch zurecht gedreht.«
»Aber ihr habt doch für das Reich gekämpft, alle beide …«
»Weil dieses dreiste Elfenweib uns dazu gezwungen hat. Bei euch mag Alannah hoch in der Gunst stehen, mein Bruder und ich haben sie als rechthaberisches und herrisches Miststück in Erinnerung, das uns nach allen Regeln der Kunst ausgetrickst und beschissen hat. War es nicht so, Balbok?«
»Nun …«, drang es zögernd zurück.
»War es nicht so?«, fragte Rammar noch einmal, energischer diesmal.
»Korr« , stimmte Balbok zu, wobei er seinen langen Schädel im Rhythmus seiner Schritte auf und ab pendeln ließ. »Sie war eine besonders miese Vertreterin ihrer Rasse. Und der Kopfgeldjäger war noch schlimmer. Erst recht, nachdem sie ihn zum König gekrönt hatten.«
»Da hörst du’s«, grunzte Rammar zufrieden. »Wir beide haben nicht den geringsten Grund, irgendetwas nachzutrauern oder irgendjemandem. Und wenn eure verdammte Welt den Bach runtergeht, dann doch nur, weil ihr zu feige wart und zu überheblich, um euch eure eigene Unvollkommenheit …«
Er verstummte, als jenseits der grauen Regenschleier plötzlich etwas auftauchte, das ihm bekannt vorkam.
Abrupt blieb Rammar stehen, worauf Balbok, der in seine eigenen Gedanken vertieft war, auf ihn auflief und ihn fast über den Haufen rannte. »He!«, fuhr Rammar ihn an. » Darr malash ! Willst du dich wohl vorsehen?«
»I-ich dachte …«
»Du solltest nicht denken, sondern deine verdammtem Augen offen halten!«, maulte der Fette weiter. »Ist das zu viel verlangt?«
»Douk.« Balbok schüttelte den Kopf. »Aber warum bleibst du plötzlich stehen?«
»Deshalb«, erwiderte Rammar und deutete auf etwas, das sich jenseits zweier windschiefer Hausfassaden im Regen abzeichnete. Es war höher als die umliegenden Gebäude und von Rissen durchzogen, in denen Moos und Farn wucherten. Obendrauf konnte man die Überreste einstmals trutziger Zinnen erkennen.
»Aha«, machte Balbok. »Und was ist das?«
»Faulhirn!« Rammar versetzte seinem Bruder einen Tritt gegen das Schienbein. »Erkennst du es denn nicht wieder? Das ist der Schutzwall, den die Schmalaugen einst gebaut haben! Die Mauer von Tirgaslan!«
»Das stimmt«, bestätigte Dag. »Oder vielmehr das, was noch davon übrig ist. Etwa einhundert Jahre nach König Corwyn wurde eine neue Mauer errichtet, weiter außerhalb, da die Stadt stark gewachsen war. Unter seinen Nachfolgern wurde der alte Elfenwall vernachlässigt und begann schließlich zu verfallen. An einigen Stellen wurde er auch abgetragen, und man hat die Steine verwendet, um andere Gebäude damit zu errichten.«
Die beiden Ork-Brüder tauschten einen langen Blick – und obwohl sie
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